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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
faciendum in Betracht, die Pflicht, ein gewisses Ergebnis zu Gunsten
des öffentlichen Unternehmens herzustellen. Dafür ist dann die Er-
satzvornahme die von selbst gegebene Zwangsform10.

Im übrigen gilt das von der gemeinen Last Gesagte.

II. Verbandlasten.

Die Leistungspflicht für das öffentliche Unternehmen kann da-
durch rechtlich ausgezeichnet sein, daß sie einer Mehrheit von Unter-
thanen gemeinsam auferlegt ist. Die Rechtsinstitute der gemeinen
Last und der Vorzugslast hatten immer nur ein einfaches Rechts-
verhältnis zum Gegenstande: das zwischen der öffentlichen Gewalt
und den einzelnen Belasteten. Hier verbindet sich nun damit zu-
gleich ein Rechtsverhältnis der nebeneinanderstehenden Belasteten
unter sich.

1. Im Verhältnisse zum Staat, zur Gemeinde handelt
es sich zunächst um öffentliche Lasten in dem bisher entwickelten
Begriff; es kommt nur noch hinzu, daß sie ausgestattet sind mit einer
Einrichtung, welche geeignet ist, die vollständige Befriedigung des
Bedürfnisses des öffentlichen Unternehmens sicher zu stellen.

Das bezweckte Gesamtergebnis kann ja so erreicht werden, daß
zu den vereinzelten Leistungen der Lastpflichtigen eigener Auf-
wand
des Unternehmers ergänzend hinzutritt.

Die nebeneinanderstehenden Einzelleistungen der Lastpflichtigen
können auch schon darauf berechnet sein, daß sie in ihrer Zu-
sammenrechnung
das Ganze decken. So wird die Pflicht jedes
Besitzers eines bebauten Grundstückes, den Bürgersteig vor seinem
Grundstücke herzustellen oder die Straße längs desselben zu reinigen,
die Pflicht jedes Angrenzers eines Privatflusses oder Grabens, den
Wasserabfluß darin freizuhalten, thatsächlich ein Gesamtergebnis her-
stellen, wonach ein fortlaufender Bürgersteig, eine durchweg rein
gehaltene Straße, ein ununterbrochener freier Abfluß gegeben ist.

Die thatsächlich zusammenwirkenden Pflichtigen bilden aber auf
diese Weise noch keinen Verband; jeder steht für sich. Der Ver-
band kommt erst dadurch zu stande, daß für ein bestimmtes Unter-
nehmen alle Lastpflichtigen derart verbunden sind, daß sie zusammen
das Ganze liefern müssen: jeder Einzelne schuldet nicht einen für

10 So bei den Verpflichtungen der Hausbesitzer zur Straßenreinigung, zum
Sandstreuen bei Glatteis und dergl. C.C.H. 13. Febr. 1864 (J.M.Bl. 1864 S. 129):
Die städtische Streukolonne besorgt ohne weiteres die nötige Streuung für den
säumigen Hausbesitzer, und die Stadt zieht dafür eine feste Entschädigung ein.
Über dieses summarische Zwangsverfahren: Bd. I § 23 Note 2.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
faciendum in Betracht, die Pflicht, ein gewisses Ergebnis zu Gunsten
des öffentlichen Unternehmens herzustellen. Dafür ist dann die Er-
satzvornahme die von selbst gegebene Zwangsform10.

Im übrigen gilt das von der gemeinen Last Gesagte.

II. Verbandlasten.

Die Leistungspflicht für das öffentliche Unternehmen kann da-
durch rechtlich ausgezeichnet sein, daß sie einer Mehrheit von Unter-
thanen gemeinsam auferlegt ist. Die Rechtsinstitute der gemeinen
Last und der Vorzugslast hatten immer nur ein einfaches Rechts-
verhältnis zum Gegenstande: das zwischen der öffentlichen Gewalt
und den einzelnen Belasteten. Hier verbindet sich nun damit zu-
gleich ein Rechtsverhältnis der nebeneinanderstehenden Belasteten
unter sich.

1. Im Verhältnisse zum Staat, zur Gemeinde handelt
es sich zunächst um öffentliche Lasten in dem bisher entwickelten
Begriff; es kommt nur noch hinzu, daß sie ausgestattet sind mit einer
Einrichtung, welche geeignet ist, die vollständige Befriedigung des
Bedürfnisses des öffentlichen Unternehmens sicher zu stellen.

Das bezweckte Gesamtergebnis kann ja so erreicht werden, daß
zu den vereinzelten Leistungen der Lastpflichtigen eigener Auf-
wand
des Unternehmers ergänzend hinzutritt.

Die nebeneinanderstehenden Einzelleistungen der Lastpflichtigen
können auch schon darauf berechnet sein, daß sie in ihrer Zu-
sammenrechnung
das Ganze decken. So wird die Pflicht jedes
Besitzers eines bebauten Grundstückes, den Bürgersteig vor seinem
Grundstücke herzustellen oder die Straße längs desselben zu reinigen,
die Pflicht jedes Angrenzers eines Privatflusses oder Grabens, den
Wasserabfluß darin freizuhalten, thatsächlich ein Gesamtergebnis her-
stellen, wonach ein fortlaufender Bürgersteig, eine durchweg rein
gehaltene Straße, ein ununterbrochener freier Abfluß gegeben ist.

Die thatsächlich zusammenwirkenden Pflichtigen bilden aber auf
diese Weise noch keinen Verband; jeder steht für sich. Der Ver-
band kommt erst dadurch zu stande, daß für ein bestimmtes Unter-
nehmen alle Lastpflichtigen derart verbunden sind, daß sie zusammen
das Ganze liefern müssen: jeder Einzelne schuldet nicht einen für

10 So bei den Verpflichtungen der Hausbesitzer zur Straßenreinigung, zum
Sandstreuen bei Glatteis und dergl. C.C.H. 13. Febr. 1864 (J.M.Bl. 1864 S. 129):
Die städtische Streukolonne besorgt ohne weiteres die nötige Streuung für den
säumigen Hausbesitzer, und die Stadt zieht dafür eine feste Entschädigung ein.
Über dieses summarische Zwangsverfahren: Bd. I § 23 Note 2.
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[284/0296] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. faciendum in Betracht, die Pflicht, ein gewisses Ergebnis zu Gunsten des öffentlichen Unternehmens herzustellen. Dafür ist dann die Er- satzvornahme die von selbst gegebene Zwangsform 10. Im übrigen gilt das von der gemeinen Last Gesagte. II. Verbandlasten. Die Leistungspflicht für das öffentliche Unternehmen kann da- durch rechtlich ausgezeichnet sein, daß sie einer Mehrheit von Unter- thanen gemeinsam auferlegt ist. Die Rechtsinstitute der gemeinen Last und der Vorzugslast hatten immer nur ein einfaches Rechts- verhältnis zum Gegenstande: das zwischen der öffentlichen Gewalt und den einzelnen Belasteten. Hier verbindet sich nun damit zu- gleich ein Rechtsverhältnis der nebeneinanderstehenden Belasteten unter sich. 1. Im Verhältnisse zum Staat, zur Gemeinde handelt es sich zunächst um öffentliche Lasten in dem bisher entwickelten Begriff; es kommt nur noch hinzu, daß sie ausgestattet sind mit einer Einrichtung, welche geeignet ist, die vollständige Befriedigung des Bedürfnisses des öffentlichen Unternehmens sicher zu stellen. Das bezweckte Gesamtergebnis kann ja so erreicht werden, daß zu den vereinzelten Leistungen der Lastpflichtigen eigener Auf- wand des Unternehmers ergänzend hinzutritt. Die nebeneinanderstehenden Einzelleistungen der Lastpflichtigen können auch schon darauf berechnet sein, daß sie in ihrer Zu- sammenrechnung das Ganze decken. So wird die Pflicht jedes Besitzers eines bebauten Grundstückes, den Bürgersteig vor seinem Grundstücke herzustellen oder die Straße längs desselben zu reinigen, die Pflicht jedes Angrenzers eines Privatflusses oder Grabens, den Wasserabfluß darin freizuhalten, thatsächlich ein Gesamtergebnis her- stellen, wonach ein fortlaufender Bürgersteig, eine durchweg rein gehaltene Straße, ein ununterbrochener freier Abfluß gegeben ist. Die thatsächlich zusammenwirkenden Pflichtigen bilden aber auf diese Weise noch keinen Verband; jeder steht für sich. Der Ver- band kommt erst dadurch zu stande, daß für ein bestimmtes Unter- nehmen alle Lastpflichtigen derart verbunden sind, daß sie zusammen das Ganze liefern müssen: jeder Einzelne schuldet nicht einen für 10 So bei den Verpflichtungen der Hausbesitzer zur Straßenreinigung, zum Sandstreuen bei Glatteis und dergl. C.C.H. 13. Febr. 1864 (J.M.Bl. 1864 S. 129): Die städtische Streukolonne besorgt ohne weiteres die nötige Streuung für den säumigen Hausbesitzer, und die Stadt zieht dafür eine feste Entschädigung ein. Über dieses summarische Zwangsverfahren: Bd. I § 23 Note 2.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/296>, abgerufen am 24.11.2024.