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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
einen oder anderen Seite noch irgend eine besondere rechtliche Be-
stimmtheit gegeben, welche wieder als Unterscheidungsmerkmal dient.

Die öffentliche Last kann die persönliche Thätigkeit des
Unterthanen in Anspruch nehmen zu Arbeitsleistung, Auskunfts-
erteilung u. dergl. Sie berührt sich dann mit der öffentlichen
Dienstpflicht
. Was sie von dieser scheidet, das ist das Fehlen
des sittlichen Elementes der besonderen Treue und Hingabe, die dort
gefordert wird; ihr kommt es einzig auf das äußerliche Ergebnis der
Leistung an1.

Die öffentliche Last kann darauf gehen, daß der öffentlichen Ver-
waltung Macht gegeben werden soll über körperliche Sachen
des Unterthanen. Die Enteignung, die auferlegte Grund-
dienstbarkeit
thun desgleichen. Aber diese wirken in Form der
unmittelbaren Begründung dinglicher Rechte. Die öffentliche Last
geht immer aus von einer persönlichen Pflicht zur Gewährung der
Sachen zu Gebrauch, Verbrauch oder beliebiger Verfügung; durch Er-
füllung oder Erzwingung der Pflicht mag dann Eigentum übergehen,
aber das Rechtsinstitut ist deshalb doch von Anfang an ein ganz
anderes2.

1 So bezeichnet Laband, St.R. II S. 762 (3. Aufl. S. 726), den Gegensatz
von Heerdienstpflicht und Militärlasten dahin: "Die letzteren involvieren keine
Verpflichtung zur Treue, zum Gehorsam, zum persönlichen Dienste, sondern sie
betreffen lediglich das Vermögen". Daher bei der Lastpflicht keine Staats-
angehörigkeit vorausgesetzt, kein Eid geleistet wird und die Erfüllung auch persön-
licher Leistungen geschehen kann durch Stellvertreter oder geradezu abgelöst
werden kann in Geld. -- In gleichem Sinne nennt Neumann, Die Steuer S. 55,
die Hand- und Spanndienste "Vermögenswerte im Gegensatze zu den idealeren
Leistungen des Beamten, des Soldaten." Das "Ideale" an jenen letzteren ist nichts
anderes als jene rechtlich nicht völlig greifbare besondere Treuepflicht (oben
§ 42, I).
2 Ein mehr äußerlicher, aber auch nicht zufälliger Unterschied ist der, daß
die Enteignung nur auf unbewegliches, die Last vorzugsweise auf bewegliches Gut
geht. In der Lehre von der Enteignung pflegt demgemäß, gewissermaßen zur Er-
gänzung, auf Militär- und sonstige Lasten verwiesen zu werden, bei welchen für
Fahrnis ähnliches stattfinde: Eger, Enteignungsges. I S. 10; Loebell, Ent-
eignungsges. S. 25. Diese Ergänzung für das Gebiet der Fahrnis wird aber eben
durch ein anderes Rechtsinstitut geliefert. Umgekehrt pflegt man bei einigen last-
mäßigen Sachleistungspflichten sich gern auf die Enteignung zu beziehen, bei den-
jenigen wenigstens, welche auf bestimmte Stücke, nicht auf ein zu lieferndes genus
gehen. So wird namentlich die Pferdeaushebung unter den Begriff der Enteignung
gestellt: G. Meyer, V.R. II S. 165, Laband, St.R. II S. 816 (3. Aufl. S. 779).
Der Zweck ist der, die Anwendbarkeit des civilrechtlichen Kaufvertrags abzuweisen
und die öffentlichrechtliche Natur des Vorgangs zu sichern. In dieser Hinsicht
haben wir aber ohnehin nichts zu befürchten; unsere Sorge muß nur sein, die

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
einen oder anderen Seite noch irgend eine besondere rechtliche Be-
stimmtheit gegeben, welche wieder als Unterscheidungsmerkmal dient.

Die öffentliche Last kann die persönliche Thätigkeit des
Unterthanen in Anspruch nehmen zu Arbeitsleistung, Auskunfts-
erteilung u. dergl. Sie berührt sich dann mit der öffentlichen
Dienstpflicht
. Was sie von dieser scheidet, das ist das Fehlen
des sittlichen Elementes der besonderen Treue und Hingabe, die dort
gefordert wird; ihr kommt es einzig auf das äußerliche Ergebnis der
Leistung an1.

Die öffentliche Last kann darauf gehen, daß der öffentlichen Ver-
waltung Macht gegeben werden soll über körperliche Sachen
des Unterthanen. Die Enteignung, die auferlegte Grund-
dienstbarkeit
thun desgleichen. Aber diese wirken in Form der
unmittelbaren Begründung dinglicher Rechte. Die öffentliche Last
geht immer aus von einer persönlichen Pflicht zur Gewährung der
Sachen zu Gebrauch, Verbrauch oder beliebiger Verfügung; durch Er-
füllung oder Erzwingung der Pflicht mag dann Eigentum übergehen,
aber das Rechtsinstitut ist deshalb doch von Anfang an ein ganz
anderes2.

1 So bezeichnet Laband, St.R. II S. 762 (3. Aufl. S. 726), den Gegensatz
von Heerdienstpflicht und Militärlasten dahin: „Die letzteren involvieren keine
Verpflichtung zur Treue, zum Gehorsam, zum persönlichen Dienste, sondern sie
betreffen lediglich das Vermögen“. Daher bei der Lastpflicht keine Staats-
angehörigkeit vorausgesetzt, kein Eid geleistet wird und die Erfüllung auch persön-
licher Leistungen geschehen kann durch Stellvertreter oder geradezu abgelöst
werden kann in Geld. — In gleichem Sinne nennt Neumann, Die Steuer S. 55,
die Hand- und Spanndienste „Vermögenswerte im Gegensatze zu den idealeren
Leistungen des Beamten, des Soldaten.“ Das „Ideale“ an jenen letzteren ist nichts
anderes als jene rechtlich nicht völlig greifbare besondere Treuepflicht (oben
§ 42, I).
2 Ein mehr äußerlicher, aber auch nicht zufälliger Unterschied ist der, daß
die Enteignung nur auf unbewegliches, die Last vorzugsweise auf bewegliches Gut
geht. In der Lehre von der Enteignung pflegt demgemäß, gewissermaßen zur Er-
gänzung, auf Militär- und sonstige Lasten verwiesen zu werden, bei welchen für
Fahrnis ähnliches stattfinde: Eger, Enteignungsges. I S. 10; Loebell, Ent-
eignungsges. S. 25. Diese Ergänzung für das Gebiet der Fahrnis wird aber eben
durch ein anderes Rechtsinstitut geliefert. Umgekehrt pflegt man bei einigen last-
mäßigen Sachleistungspflichten sich gern auf die Enteignung zu beziehen, bei den-
jenigen wenigstens, welche auf bestimmte Stücke, nicht auf ein zu lieferndes genus
gehen. So wird namentlich die Pferdeaushebung unter den Begriff der Enteignung
gestellt: G. Meyer, V.R. II S. 165, Laband, St.R. II S. 816 (3. Aufl. S. 779).
Der Zweck ist der, die Anwendbarkeit des civilrechtlichen Kaufvertrags abzuweisen
und die öffentlichrechtliche Natur des Vorgangs zu sichern. In dieser Hinsicht
haben wir aber ohnehin nichts zu befürchten; unsere Sorge muß nur sein, die
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[264/0276] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. einen oder anderen Seite noch irgend eine besondere rechtliche Be- stimmtheit gegeben, welche wieder als Unterscheidungsmerkmal dient. Die öffentliche Last kann die persönliche Thätigkeit des Unterthanen in Anspruch nehmen zu Arbeitsleistung, Auskunfts- erteilung u. dergl. Sie berührt sich dann mit der öffentlichen Dienstpflicht. Was sie von dieser scheidet, das ist das Fehlen des sittlichen Elementes der besonderen Treue und Hingabe, die dort gefordert wird; ihr kommt es einzig auf das äußerliche Ergebnis der Leistung an 1. Die öffentliche Last kann darauf gehen, daß der öffentlichen Ver- waltung Macht gegeben werden soll über körperliche Sachen des Unterthanen. Die Enteignung, die auferlegte Grund- dienstbarkeit thun desgleichen. Aber diese wirken in Form der unmittelbaren Begründung dinglicher Rechte. Die öffentliche Last geht immer aus von einer persönlichen Pflicht zur Gewährung der Sachen zu Gebrauch, Verbrauch oder beliebiger Verfügung; durch Er- füllung oder Erzwingung der Pflicht mag dann Eigentum übergehen, aber das Rechtsinstitut ist deshalb doch von Anfang an ein ganz anderes 2. 1 So bezeichnet Laband, St.R. II S. 762 (3. Aufl. S. 726), den Gegensatz von Heerdienstpflicht und Militärlasten dahin: „Die letzteren involvieren keine Verpflichtung zur Treue, zum Gehorsam, zum persönlichen Dienste, sondern sie betreffen lediglich das Vermögen“. Daher bei der Lastpflicht keine Staats- angehörigkeit vorausgesetzt, kein Eid geleistet wird und die Erfüllung auch persön- licher Leistungen geschehen kann durch Stellvertreter oder geradezu abgelöst werden kann in Geld. — In gleichem Sinne nennt Neumann, Die Steuer S. 55, die Hand- und Spanndienste „Vermögenswerte im Gegensatze zu den idealeren Leistungen des Beamten, des Soldaten.“ Das „Ideale“ an jenen letzteren ist nichts anderes als jene rechtlich nicht völlig greifbare besondere Treuepflicht (oben § 42, I). 2 Ein mehr äußerlicher, aber auch nicht zufälliger Unterschied ist der, daß die Enteignung nur auf unbewegliches, die Last vorzugsweise auf bewegliches Gut geht. In der Lehre von der Enteignung pflegt demgemäß, gewissermaßen zur Er- gänzung, auf Militär- und sonstige Lasten verwiesen zu werden, bei welchen für Fahrnis ähnliches stattfinde: Eger, Enteignungsges. I S. 10; Loebell, Ent- eignungsges. S. 25. Diese Ergänzung für das Gebiet der Fahrnis wird aber eben durch ein anderes Rechtsinstitut geliefert. Umgekehrt pflegt man bei einigen last- mäßigen Sachleistungspflichten sich gern auf die Enteignung zu beziehen, bei den- jenigen wenigstens, welche auf bestimmte Stücke, nicht auf ein zu lieferndes genus gehen. So wird namentlich die Pferdeaushebung unter den Begriff der Enteignung gestellt: G. Meyer, V.R. II S. 165, Laband, St.R. II S. 816 (3. Aufl. S. 779). Der Zweck ist der, die Anwendbarkeit des civilrechtlichen Kaufvertrags abzuweisen und die öffentlichrechtliche Natur des Vorgangs zu sichern. In dieser Hinsicht haben wir aber ohnehin nichts zu befürchten; unsere Sorge muß nur sein, die

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/276>, abgerufen am 24.11.2024.