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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Die Rechnungsführung wird hier zum Gegenstand besonderer
Amtsaufträge20. Über alle in Bewegung befindlichen öffentlichen Kassen
und sonstigen Vorräte von wechselnden Beständen werden Rechnungs-
führer gesetzt. Ihnen sind diese Bestände unmittelbar unterstellt, der
Art, daß ohne ihre Mitwirkung keine Bewegung daran stattfinden
kann, kein Zu- und kein Abgang. Der Rechner darf aber solche Ver-
fügungen nur vollziehen unter Wahrung gewisser Formen, durch welche
sie nach Art, Grund und Umfang beurkundet werden. Über die Er-
füllung dieser Pflicht weist er sich aus durch eine Zusammenstellung
aller dieser Vorgänge nebst Belegen, durch die Rechnungslegung.
Zur Überwachung dient ein eigner Behördenapparat, mit geordnetem
Verfahren, die Rechnungskontrolle. Die Centralbehörde dafür,
Oberrechnungskammer, Rechnungshof, ist die oberste Dienstbehörde
aller Rechnungsführer. Diese sind gehalten, in regelmäßigen Zeit-
abschnitten ihre Rechnungsablegung einzuliefern. Dafür werden ihnen
durch Dienstbefehl Termine gesetzt; dann wird ihnen aufgegeben, Er-
gänzungen beizubringen, weitere Auskunft zu erteilen, Änderungen
vorzunehmen. Als Zwangsmittel steht dahinter die Ungehorsamsstrafe,
welche von der die Rechnung abnehmenden Behörde angedroht und
verhängt wird21. --

Die Ablieferungspflicht ist viel umfassender. Sie liegt
jedem Dienstpflichtigen ob, der aus Anlaß des Dienstes Sachen in
Hände bekommen hat. Die Dienstpflicht bestimmt den Zeitpunkt der
Herausgabe, Einzahlung, Räumung, Vorweisung. Bei Endigung des
Amtes oder des Dienstes überhaupt findet eine umfassende Ablieferung
an Amtsnachfolger oder Dienstbehörde statt, als letzter Akt dieser
Dienstpflicht. Als Zwangsmittel dient die Ungehorsamsstrafe, vor
allem aber die Gewaltanwendung: die Dienstbehörde klagt nicht auf
Ablieferung ihrer Kasse, ihrer Akten und Bücher, auf Räumung der
Amtszimmer oder Zurücklassung militärischer Ausrüstungsgegenstände,
sondern sie befiehlt die Herausgabe und vollstreckt den Befehl durch
das naturgegebene Vollstreckungsmittel der gewaltsamen Wegnahme,
nötigenfalls mit Hülfe der Vollstreckungsbeamten der Polizei (vgl.
Bd. I § 23, III). --

Beide Pflichten endigen mit der Dienstpflicht, von der sie Stücke
sind. Wenn nachträglich mit dem ausgeschiedenen Beamten oder
seinen Hinterbliebenen noch Rechnungsaufstellungen gepflogen werden,

20 Bl. f. adm. Pr. 33 S. 130: "Eine besondere Verbindlichkeit formeller Art".
Preuß. Ges. v. 27. März 1879, §§ 9. 10.
21 Preuß. Ges. v. 27. März 1879 §§ 15. 16. Vgl. oben § 45 Note 15.
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Die Rechnungsführung wird hier zum Gegenstand besonderer
Amtsaufträge20. Über alle in Bewegung befindlichen öffentlichen Kassen
und sonstigen Vorräte von wechselnden Beständen werden Rechnungs-
führer gesetzt. Ihnen sind diese Bestände unmittelbar unterstellt, der
Art, daß ohne ihre Mitwirkung keine Bewegung daran stattfinden
kann, kein Zu- und kein Abgang. Der Rechner darf aber solche Ver-
fügungen nur vollziehen unter Wahrung gewisser Formen, durch welche
sie nach Art, Grund und Umfang beurkundet werden. Über die Er-
füllung dieser Pflicht weist er sich aus durch eine Zusammenstellung
aller dieser Vorgänge nebst Belegen, durch die Rechnungslegung.
Zur Überwachung dient ein eigner Behördenapparat, mit geordnetem
Verfahren, die Rechnungskontrolle. Die Centralbehörde dafür,
Oberrechnungskammer, Rechnungshof, ist die oberste Dienstbehörde
aller Rechnungsführer. Diese sind gehalten, in regelmäßigen Zeit-
abschnitten ihre Rechnungsablegung einzuliefern. Dafür werden ihnen
durch Dienstbefehl Termine gesetzt; dann wird ihnen aufgegeben, Er-
gänzungen beizubringen, weitere Auskunft zu erteilen, Änderungen
vorzunehmen. Als Zwangsmittel steht dahinter die Ungehorsamsstrafe,
welche von der die Rechnung abnehmenden Behörde angedroht und
verhängt wird21. —

Die Ablieferungspflicht ist viel umfassender. Sie liegt
jedem Dienstpflichtigen ob, der aus Anlaß des Dienstes Sachen in
Hände bekommen hat. Die Dienstpflicht bestimmt den Zeitpunkt der
Herausgabe, Einzahlung, Räumung, Vorweisung. Bei Endigung des
Amtes oder des Dienstes überhaupt findet eine umfassende Ablieferung
an Amtsnachfolger oder Dienstbehörde statt, als letzter Akt dieser
Dienstpflicht. Als Zwangsmittel dient die Ungehorsamsstrafe, vor
allem aber die Gewaltanwendung: die Dienstbehörde klagt nicht auf
Ablieferung ihrer Kasse, ihrer Akten und Bücher, auf Räumung der
Amtszimmer oder Zurücklassung militärischer Ausrüstungsgegenstände,
sondern sie befiehlt die Herausgabe und vollstreckt den Befehl durch
das naturgegebene Vollstreckungsmittel der gewaltsamen Wegnahme,
nötigenfalls mit Hülfe der Vollstreckungsbeamten der Polizei (vgl.
Bd. I § 23, III). —

Beide Pflichten endigen mit der Dienstpflicht, von der sie Stücke
sind. Wenn nachträglich mit dem ausgeschiedenen Beamten oder
seinen Hinterbliebenen noch Rechnungsaufstellungen gepflogen werden,

20 Bl. f. adm. Pr. 33 S. 130: „Eine besondere Verbindlichkeit formeller Art“.
Preuß. Ges. v. 27. März 1879, §§ 9. 10.
21 Preuß. Ges. v. 27. März 1879 §§ 15. 16. Vgl. oben § 45 Note 15.
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[258/0270] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Die Rechnungsführung wird hier zum Gegenstand besonderer Amtsaufträge 20. Über alle in Bewegung befindlichen öffentlichen Kassen und sonstigen Vorräte von wechselnden Beständen werden Rechnungs- führer gesetzt. Ihnen sind diese Bestände unmittelbar unterstellt, der Art, daß ohne ihre Mitwirkung keine Bewegung daran stattfinden kann, kein Zu- und kein Abgang. Der Rechner darf aber solche Ver- fügungen nur vollziehen unter Wahrung gewisser Formen, durch welche sie nach Art, Grund und Umfang beurkundet werden. Über die Er- füllung dieser Pflicht weist er sich aus durch eine Zusammenstellung aller dieser Vorgänge nebst Belegen, durch die Rechnungslegung. Zur Überwachung dient ein eigner Behördenapparat, mit geordnetem Verfahren, die Rechnungskontrolle. Die Centralbehörde dafür, Oberrechnungskammer, Rechnungshof, ist die oberste Dienstbehörde aller Rechnungsführer. Diese sind gehalten, in regelmäßigen Zeit- abschnitten ihre Rechnungsablegung einzuliefern. Dafür werden ihnen durch Dienstbefehl Termine gesetzt; dann wird ihnen aufgegeben, Er- gänzungen beizubringen, weitere Auskunft zu erteilen, Änderungen vorzunehmen. Als Zwangsmittel steht dahinter die Ungehorsamsstrafe, welche von der die Rechnung abnehmenden Behörde angedroht und verhängt wird 21. — Die Ablieferungspflicht ist viel umfassender. Sie liegt jedem Dienstpflichtigen ob, der aus Anlaß des Dienstes Sachen in Hände bekommen hat. Die Dienstpflicht bestimmt den Zeitpunkt der Herausgabe, Einzahlung, Räumung, Vorweisung. Bei Endigung des Amtes oder des Dienstes überhaupt findet eine umfassende Ablieferung an Amtsnachfolger oder Dienstbehörde statt, als letzter Akt dieser Dienstpflicht. Als Zwangsmittel dient die Ungehorsamsstrafe, vor allem aber die Gewaltanwendung: die Dienstbehörde klagt nicht auf Ablieferung ihrer Kasse, ihrer Akten und Bücher, auf Räumung der Amtszimmer oder Zurücklassung militärischer Ausrüstungsgegenstände, sondern sie befiehlt die Herausgabe und vollstreckt den Befehl durch das naturgegebene Vollstreckungsmittel der gewaltsamen Wegnahme, nötigenfalls mit Hülfe der Vollstreckungsbeamten der Polizei (vgl. Bd. I § 23, III). — Beide Pflichten endigen mit der Dienstpflicht, von der sie Stücke sind. Wenn nachträglich mit dem ausgeschiedenen Beamten oder seinen Hinterbliebenen noch Rechnungsaufstellungen gepflogen werden, 20 Bl. f. adm. Pr. 33 S. 130: „Eine besondere Verbindlichkeit formeller Art“. Preuß. Ges. v. 27. März 1879, §§ 9. 10. 21 Preuß. Ges. v. 27. März 1879 §§ 15. 16. Vgl. oben § 45 Note 15.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/270>, abgerufen am 24.11.2024.