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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Auch das Aufhören der Verpflichtbarkeit wirkt hier nur als Grund
der Entlassung; es hat nicht die Bedeutung, wie bei der Zwangs-
dienstpflicht, daß damit die Dienstpflicht von selbst endigt; denn die
Verpflichtbarkeit selbst ist hier nicht der Keim einer Dienstpflicht,
den die Behörde nur zu entwickeln hätte, sondern eine rechtliche
Möglichkeit, durch eigenen Entschluß verpflichtet zu werden, wenn
auch auf diesen je nachdem ein gewisser Druck ausgeübt werden
mag; der rechtsgeschäftliche Vorgang giebt der Dienstpflicht eine selb-
ständige Grundlage18.

Staatsdienst jederzeit frei steht (unten § 44, II n. 3), so wäre das sicher unrichtig;
der Ehrenbeamte ist immer für gewisse Zeit gebunden. Wo ihm aber nach Ablauf
einer gewissen Zeit das Recht zusteht, das Amt niederzulegen, wie in dem von
Loening angeführten Falle der Preuß. Kr.O. § 8, bedeutet das nicht eine Endigung
des Amtes durch seine Willenserklärung, sondern einen Anspruch auf Entlassung.
18 Als ein Anwendungsfall der oben vorgetragenen Grundsätze des Ehren-
amtes erweist sich insbesondere die Stellung des Reserveoffiziers. Dieser würde
nach der von Laband, St.R. II S. 671 (3. Aufl. S. 643), begründeten Lehre nur
seine gesetzliche Dienstpflicht in modifizierter Form erfüllen gleich dem Ein-
jährig-Freiwilligen. Zwischen beiden besteht der große Unterschied, daß der
Reserveoffizier ein öffentliches Amt übernommen hat (ob er auch "Beamter" ist,
darüber streiten Laband a. a. O. S. 671 Anm. 2 und G. Meyer in Annalen 1876
S. 669 u. 1880 S. 350, hier kommt es darauf nicht an), der Einjährig-Freiwillige
von vorneherein nicht; doch kann auch ihm ein solches schließlich übertragen
werden; um die Vergleichung zu erleichtern, nehmen wir an, er sei zum Unter-
offizier befördert und führe das Amt eines solchen. Dieser einjährig-freiwillige
Unteroffizier erfüllt wirklich nur seine gesetzliche Dienstpflicht mit einer Modifi-
kation. Deshalb wird er auch ernannt ohne weiteres, ohne ihn zu fragen, kraft
Dienstgewalt. Soll derselbe Mann zum Reserveoffizier ernannt werden, so bedarf
es dazu seiner Einwilligung; der Grund ist, daß er nunmehr besondere
Pflichten hat, "denen sie sich aber freiwillig unterwerfen" (Mot. z. Entw. des Kontrol-
Ges., Drucks. d. R.T. II. Sess. 1874 n. 13 S. 6). Es ist geradeso, wie wenn er
zum Berufsoffizier ernannt würde: beide Male wird eine andere Art von Dienst-
pflicht übernommen, welche an Stelle der gesetzlichen tritt. -- Der einjährig-frei-
willige Unteroffizier, der seine aktive Dienstzeit für diesmal beendigt hat, behält
seine Dienstpflicht und seine Qualifikation; wenn er wieder einberufen wird, wird
er wieder als Unteroffizier Dienst thun. Aber in der Zwischenzeit ist er nicht
Unteroffizier; er hat kein Amt, das er mit nach Hause nimmt, sondern hat es nur,
so lange er bei der Fahne steht, gerade wie Geschworener und Schöffe nur im
Gerichtssaal. Der Reserveoffizier bleibt Offizier auch im Beurlaubtenstande,
das Amt hängt ihm an; seine Stellung ist die eines beurlaubten Beamten. Daher
das Recht, die Uniform zu tragen, daher vor allem die Fortdauer der diesem
Beamtentum eigentümlichen Disciplinargewalt (Verord. 2. Mai 1874). Mit der
Unterscheidung, daß es sich nur um Standespflichten handle, ist nichts gethan;
denn der Stand ist eben die Gemeinsamkeit der Dienstpflicht und die Forderung
eines achtungswerten Verhaltens, worüber jene Ehrengerichte wachen, selbst nur
ein Stück von dieser, gerade wie bei anderen Staatsbeamten (Laband, St.R. II
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Auch das Aufhören der Verpflichtbarkeit wirkt hier nur als Grund
der Entlassung; es hat nicht die Bedeutung, wie bei der Zwangs-
dienstpflicht, daß damit die Dienstpflicht von selbst endigt; denn die
Verpflichtbarkeit selbst ist hier nicht der Keim einer Dienstpflicht,
den die Behörde nur zu entwickeln hätte, sondern eine rechtliche
Möglichkeit, durch eigenen Entschluß verpflichtet zu werden, wenn
auch auf diesen je nachdem ein gewisser Druck ausgeübt werden
mag; der rechtsgeschäftliche Vorgang giebt der Dienstpflicht eine selb-
ständige Grundlage18.

Staatsdienst jederzeit frei steht (unten § 44, II n. 3), so wäre das sicher unrichtig;
der Ehrenbeamte ist immer für gewisse Zeit gebunden. Wo ihm aber nach Ablauf
einer gewissen Zeit das Recht zusteht, das Amt niederzulegen, wie in dem von
Loening angeführten Falle der Preuß. Kr.O. § 8, bedeutet das nicht eine Endigung
des Amtes durch seine Willenserklärung, sondern einen Anspruch auf Entlassung.
18 Als ein Anwendungsfall der oben vorgetragenen Grundsätze des Ehren-
amtes erweist sich insbesondere die Stellung des Reserveoffiziers. Dieser würde
nach der von Laband, St.R. II S. 671 (3. Aufl. S. 643), begründeten Lehre nur
seine gesetzliche Dienstpflicht in modifizierter Form erfüllen gleich dem Ein-
jährig-Freiwilligen. Zwischen beiden besteht der große Unterschied, daß der
Reserveoffizier ein öffentliches Amt übernommen hat (ob er auch „Beamter“ ist,
darüber streiten Laband a. a. O. S. 671 Anm. 2 und G. Meyer in Annalen 1876
S. 669 u. 1880 S. 350, hier kommt es darauf nicht an), der Einjährig-Freiwillige
von vorneherein nicht; doch kann auch ihm ein solches schließlich übertragen
werden; um die Vergleichung zu erleichtern, nehmen wir an, er sei zum Unter-
offizier befördert und führe das Amt eines solchen. Dieser einjährig-freiwillige
Unteroffizier erfüllt wirklich nur seine gesetzliche Dienstpflicht mit einer Modifi-
kation. Deshalb wird er auch ernannt ohne weiteres, ohne ihn zu fragen, kraft
Dienstgewalt. Soll derselbe Mann zum Reserveoffizier ernannt werden, so bedarf
es dazu seiner Einwilligung; der Grund ist, daß er nunmehr besondere
Pflichten hat, „denen sie sich aber freiwillig unterwerfen“ (Mot. z. Entw. des Kontrol-
Ges., Drucks. d. R.T. II. Sess. 1874 n. 13 S. 6). Es ist geradeso, wie wenn er
zum Berufsoffizier ernannt würde: beide Male wird eine andere Art von Dienst-
pflicht übernommen, welche an Stelle der gesetzlichen tritt. — Der einjährig-frei-
willige Unteroffizier, der seine aktive Dienstzeit für diesmal beendigt hat, behält
seine Dienstpflicht und seine Qualifikation; wenn er wieder einberufen wird, wird
er wieder als Unteroffizier Dienst thun. Aber in der Zwischenzeit ist er nicht
Unteroffizier; er hat kein Amt, das er mit nach Hause nimmt, sondern hat es nur,
so lange er bei der Fahne steht, gerade wie Geschworener und Schöffe nur im
Gerichtssaal. Der Reserveoffizier bleibt Offizier auch im Beurlaubtenstande,
das Amt hängt ihm an; seine Stellung ist die eines beurlaubten Beamten. Daher
das Recht, die Uniform zu tragen, daher vor allem die Fortdauer der diesem
Beamtentum eigentümlichen Disciplinargewalt (Verord. 2. Mai 1874). Mit der
Unterscheidung, daß es sich nur um Standespflichten handle, ist nichts gethan;
denn der Stand ist eben die Gemeinsamkeit der Dienstpflicht und die Forderung
eines achtungswerten Verhaltens, worüber jene Ehrengerichte wachen, selbst nur
ein Stück von dieser, gerade wie bei anderen Staatsbeamten (Laband, St.R. II
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[214/0226] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Auch das Aufhören der Verpflichtbarkeit wirkt hier nur als Grund der Entlassung; es hat nicht die Bedeutung, wie bei der Zwangs- dienstpflicht, daß damit die Dienstpflicht von selbst endigt; denn die Verpflichtbarkeit selbst ist hier nicht der Keim einer Dienstpflicht, den die Behörde nur zu entwickeln hätte, sondern eine rechtliche Möglichkeit, durch eigenen Entschluß verpflichtet zu werden, wenn auch auf diesen je nachdem ein gewisser Druck ausgeübt werden mag; der rechtsgeschäftliche Vorgang giebt der Dienstpflicht eine selb- ständige Grundlage 18. 17 18 Als ein Anwendungsfall der oben vorgetragenen Grundsätze des Ehren- amtes erweist sich insbesondere die Stellung des Reserveoffiziers. Dieser würde nach der von Laband, St.R. II S. 671 (3. Aufl. S. 643), begründeten Lehre nur seine gesetzliche Dienstpflicht in modifizierter Form erfüllen gleich dem Ein- jährig-Freiwilligen. Zwischen beiden besteht der große Unterschied, daß der Reserveoffizier ein öffentliches Amt übernommen hat (ob er auch „Beamter“ ist, darüber streiten Laband a. a. O. S. 671 Anm. 2 und G. Meyer in Annalen 1876 S. 669 u. 1880 S. 350, hier kommt es darauf nicht an), der Einjährig-Freiwillige von vorneherein nicht; doch kann auch ihm ein solches schließlich übertragen werden; um die Vergleichung zu erleichtern, nehmen wir an, er sei zum Unter- offizier befördert und führe das Amt eines solchen. Dieser einjährig-freiwillige Unteroffizier erfüllt wirklich nur seine gesetzliche Dienstpflicht mit einer Modifi- kation. Deshalb wird er auch ernannt ohne weiteres, ohne ihn zu fragen, kraft Dienstgewalt. Soll derselbe Mann zum Reserveoffizier ernannt werden, so bedarf es dazu seiner Einwilligung; der Grund ist, daß er nunmehr besondere Pflichten hat, „denen sie sich aber freiwillig unterwerfen“ (Mot. z. Entw. des Kontrol- Ges., Drucks. d. R.T. II. Sess. 1874 n. 13 S. 6). Es ist geradeso, wie wenn er zum Berufsoffizier ernannt würde: beide Male wird eine andere Art von Dienst- pflicht übernommen, welche an Stelle der gesetzlichen tritt. — Der einjährig-frei- willige Unteroffizier, der seine aktive Dienstzeit für diesmal beendigt hat, behält seine Dienstpflicht und seine Qualifikation; wenn er wieder einberufen wird, wird er wieder als Unteroffizier Dienst thun. Aber in der Zwischenzeit ist er nicht Unteroffizier; er hat kein Amt, das er mit nach Hause nimmt, sondern hat es nur, so lange er bei der Fahne steht, gerade wie Geschworener und Schöffe nur im Gerichtssaal. Der Reserveoffizier bleibt Offizier auch im Beurlaubtenstande, das Amt hängt ihm an; seine Stellung ist die eines beurlaubten Beamten. Daher das Recht, die Uniform zu tragen, daher vor allem die Fortdauer der diesem Beamtentum eigentümlichen Disciplinargewalt (Verord. 2. Mai 1874). Mit der Unterscheidung, daß es sich nur um Standespflichten handle, ist nichts gethan; denn der Stand ist eben die Gemeinsamkeit der Dienstpflicht und die Forderung eines achtungswerten Verhaltens, worüber jene Ehrengerichte wachen, selbst nur ein Stück von dieser, gerade wie bei anderen Staatsbeamten (Laband, St.R. II 17 Staatsdienst jederzeit frei steht (unten § 44, II n. 3), so wäre das sicher unrichtig; der Ehrenbeamte ist immer für gewisse Zeit gebunden. Wo ihm aber nach Ablauf einer gewissen Zeit das Recht zusteht, das Amt niederzulegen, wie in dem von Loening angeführten Falle der Preuß. Kr.O. § 8, bedeutet das nicht eine Endigung des Amtes durch seine Willenserklärung, sondern einen Anspruch auf Entlassung.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/226>, abgerufen am 25.11.2024.