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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Die Ernennung wird allgemeiner Regel der Verwaltungsakte
gemäß erst wirksam mit der Kundgabe an den Ernannten. Die
Wirksamkeit des Verwaltungsaktes ist aber hier noch weiter be-
dingt. Das Gesetz giebt keine Ermächtigung, diese Ehrenämter auf-
zulegen gegen den Willen des Betroffenen; eine Zwangsdienstpflicht in
der zuerst besprochenen Art (oben I) besteht hier nicht8. Die Auf-
erlegung der Dienstpflicht kann also rechtsgültig nur geschehen mit
seiner Einwilligung. Diese Einwilligung ist die Übernahme des
Amtes
. Es können ausdrückliche Erklärungen und Fristen für diese
vorgeschrieben sein; die Übernahme kann auch stillschweigend ge-
schehen.

Daß diese Bedingung erfüllt werde, die zustimmende Willens-
erklärung erfolge, dafür sind auf seiten des Berufenen die ver-
schiedensten Beweggründe thätig, auf welche man rechnen kann:
Gemeinsinn, Unterthanentreue, Ehrgeiz. Möglicherweise begnügt sich
das Gesetz mit diesen. In den meisten Fällen jedoch, namentlich bei
der neuerdings so bedeutsam gewordenen Verwendung des Ehren-
amtes zur Bildung von Verwaltungsbehörden, spricht das Gesetz eine
Rechtspflicht zur Annahme aus und gewährt zur Herbei-
führung derselben Zwangsmittel. Es setzt Nachteile auf die
Weigerung, sofern diese nicht auf besondere von ihm anerkannte
Ablehnungsgründe gestützt ist: Geldstrafen können verhängt, Straf-
zuschläge zu den sonst geschuldeten Abgaben auferlegt werden9.

Dadurch wird das Ehrenamt nicht zu einer Zwangsdienstpflicht.
Die Zwangsdienstpflicht entsteht ohne Willenserklärung des Betroffenen;
hier aber wird nicht die Dienstpflicht zwangsweise auferlegt, sondern
ein Druck geübt, um die zur Entstehung der Dienstpflicht nötige
Willenserklärung herbeizuführen. Wirkt auch dieser Druck nicht, so
kommt die Dienstpflicht nicht zur Entstehung10.

8 Eine Ausnahmeerscheinung bildet das Ehrenamt des preußischen Guts-
vorstehers; Kr.O. § 31 ff. Es verbindet sich kraft Gesetzes mit dem Besitze eines
Gutes; die behördliche Bestätigung ist nur Formbedingung für den Eintritt der
Wirkung des Gesetzes. Der Berufene ist mit Amt und Dienstpflicht gebunden,
wenn er sich nicht befreit, indem er einen geeigneten Stellvertreter anbietet.
9 Preuß. Kr.O. § 8; Bad.Ges. v. 5. Okt. 1863 § 3; Krank.Kass.Ges. v. 1892
§ 34 Abs. 2; Unfall-Vers.Ges. § 24 Abs. 2; Inval. u. Alt. Vers.Ges. § 46 Abs. 1.
-- Das Franz. Verwaltungsrecht enthält im allgemeinen keinen Zwang zur Annahme
von Ehrenämtern; Theorie des Franz. V.R. S. 284.
10 So mit Recht Loening, V.R. S. 138. In der Anmerkung hebt er auch
den Gegensatz richtig hervor, der sich daraus ergiebt, zur einseitig auferlegten
Dienstpflicht des Geschworenen und Schöffen. Ähnlich Olshausen, Stf.G.B. II
S. 1378 (zu § 359 n. 2). -- Gewöhnlich werden allerdings diese Ehrenämter mit
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Die Ernennung wird allgemeiner Regel der Verwaltungsakte
gemäß erst wirksam mit der Kundgabe an den Ernannten. Die
Wirksamkeit des Verwaltungsaktes ist aber hier noch weiter be-
dingt. Das Gesetz giebt keine Ermächtigung, diese Ehrenämter auf-
zulegen gegen den Willen des Betroffenen; eine Zwangsdienstpflicht in
der zuerst besprochenen Art (oben I) besteht hier nicht8. Die Auf-
erlegung der Dienstpflicht kann also rechtsgültig nur geschehen mit
seiner Einwilligung. Diese Einwilligung ist die Übernahme des
Amtes
. Es können ausdrückliche Erklärungen und Fristen für diese
vorgeschrieben sein; die Übernahme kann auch stillschweigend ge-
schehen.

Daß diese Bedingung erfüllt werde, die zustimmende Willens-
erklärung erfolge, dafür sind auf seiten des Berufenen die ver-
schiedensten Beweggründe thätig, auf welche man rechnen kann:
Gemeinsinn, Unterthanentreue, Ehrgeiz. Möglicherweise begnügt sich
das Gesetz mit diesen. In den meisten Fällen jedoch, namentlich bei
der neuerdings so bedeutsam gewordenen Verwendung des Ehren-
amtes zur Bildung von Verwaltungsbehörden, spricht das Gesetz eine
Rechtspflicht zur Annahme aus und gewährt zur Herbei-
führung derselben Zwangsmittel. Es setzt Nachteile auf die
Weigerung, sofern diese nicht auf besondere von ihm anerkannte
Ablehnungsgründe gestützt ist: Geldstrafen können verhängt, Straf-
zuschläge zu den sonst geschuldeten Abgaben auferlegt werden9.

Dadurch wird das Ehrenamt nicht zu einer Zwangsdienstpflicht.
Die Zwangsdienstpflicht entsteht ohne Willenserklärung des Betroffenen;
hier aber wird nicht die Dienstpflicht zwangsweise auferlegt, sondern
ein Druck geübt, um die zur Entstehung der Dienstpflicht nötige
Willenserklärung herbeizuführen. Wirkt auch dieser Druck nicht, so
kommt die Dienstpflicht nicht zur Entstehung10.

8 Eine Ausnahmeerscheinung bildet das Ehrenamt des preußischen Guts-
vorstehers; Kr.O. § 31 ff. Es verbindet sich kraft Gesetzes mit dem Besitze eines
Gutes; die behördliche Bestätigung ist nur Formbedingung für den Eintritt der
Wirkung des Gesetzes. Der Berufene ist mit Amt und Dienstpflicht gebunden,
wenn er sich nicht befreit, indem er einen geeigneten Stellvertreter anbietet.
9 Preuß. Kr.O. § 8; Bad.Ges. v. 5. Okt. 1863 § 3; Krank.Kass.Ges. v. 1892
§ 34 Abs. 2; Unfall-Vers.Ges. § 24 Abs. 2; Inval. u. Alt. Vers.Ges. § 46 Abs. 1.
— Das Franz. Verwaltungsrecht enthält im allgemeinen keinen Zwang zur Annahme
von Ehrenämtern; Theorie des Franz. V.R. S. 284.
10 So mit Recht Loening, V.R. S. 138. In der Anmerkung hebt er auch
den Gegensatz richtig hervor, der sich daraus ergiebt, zur einseitig auferlegten
Dienstpflicht des Geschworenen und Schöffen. Ähnlich Olshausen, Stf.G.B. II
S. 1378 (zu § 359 n. 2). — Gewöhnlich werden allerdings diese Ehrenämter mit
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[210/0222] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Die Ernennung wird allgemeiner Regel der Verwaltungsakte gemäß erst wirksam mit der Kundgabe an den Ernannten. Die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes ist aber hier noch weiter be- dingt. Das Gesetz giebt keine Ermächtigung, diese Ehrenämter auf- zulegen gegen den Willen des Betroffenen; eine Zwangsdienstpflicht in der zuerst besprochenen Art (oben I) besteht hier nicht 8. Die Auf- erlegung der Dienstpflicht kann also rechtsgültig nur geschehen mit seiner Einwilligung. Diese Einwilligung ist die Übernahme des Amtes. Es können ausdrückliche Erklärungen und Fristen für diese vorgeschrieben sein; die Übernahme kann auch stillschweigend ge- schehen. Daß diese Bedingung erfüllt werde, die zustimmende Willens- erklärung erfolge, dafür sind auf seiten des Berufenen die ver- schiedensten Beweggründe thätig, auf welche man rechnen kann: Gemeinsinn, Unterthanentreue, Ehrgeiz. Möglicherweise begnügt sich das Gesetz mit diesen. In den meisten Fällen jedoch, namentlich bei der neuerdings so bedeutsam gewordenen Verwendung des Ehren- amtes zur Bildung von Verwaltungsbehörden, spricht das Gesetz eine Rechtspflicht zur Annahme aus und gewährt zur Herbei- führung derselben Zwangsmittel. Es setzt Nachteile auf die Weigerung, sofern diese nicht auf besondere von ihm anerkannte Ablehnungsgründe gestützt ist: Geldstrafen können verhängt, Straf- zuschläge zu den sonst geschuldeten Abgaben auferlegt werden 9. Dadurch wird das Ehrenamt nicht zu einer Zwangsdienstpflicht. Die Zwangsdienstpflicht entsteht ohne Willenserklärung des Betroffenen; hier aber wird nicht die Dienstpflicht zwangsweise auferlegt, sondern ein Druck geübt, um die zur Entstehung der Dienstpflicht nötige Willenserklärung herbeizuführen. Wirkt auch dieser Druck nicht, so kommt die Dienstpflicht nicht zur Entstehung 10. 8 Eine Ausnahmeerscheinung bildet das Ehrenamt des preußischen Guts- vorstehers; Kr.O. § 31 ff. Es verbindet sich kraft Gesetzes mit dem Besitze eines Gutes; die behördliche Bestätigung ist nur Formbedingung für den Eintritt der Wirkung des Gesetzes. Der Berufene ist mit Amt und Dienstpflicht gebunden, wenn er sich nicht befreit, indem er einen geeigneten Stellvertreter anbietet. 9 Preuß. Kr.O. § 8; Bad.Ges. v. 5. Okt. 1863 § 3; Krank.Kass.Ges. v. 1892 § 34 Abs. 2; Unfall-Vers.Ges. § 24 Abs. 2; Inval. u. Alt. Vers.Ges. § 46 Abs. 1. — Das Franz. Verwaltungsrecht enthält im allgemeinen keinen Zwang zur Annahme von Ehrenämtern; Theorie des Franz. V.R. S. 284. 10 So mit Recht Loening, V.R. S. 138. In der Anmerkung hebt er auch den Gegensatz richtig hervor, der sich daraus ergiebt, zur einseitig auferlegten Dienstpflicht des Geschworenen und Schöffen. Ähnlich Olshausen, Stf.G.B. II S. 1378 (zu § 359 n. 2). — Gewöhnlich werden allerdings diese Ehrenämter mit

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/222>, abgerufen am 22.11.2024.