Freiwerden civilrechtlichen Eigentums, das bisher nur durch den öffent- lichen Zweck verdeckt war: civilrechtliches Eigentum hatte bisher niemand an der Sache29.
Richtiger, aber ganz einseitig ist die Auffassung des Vorganges als eines Eigentumserwerbsaktes. Vom Standpunkte des Civilrechts aus ist ja wirklich bisher nichts dagewesen und aus dem Nichts entsteht durch die Auflassung ein Eigentum, welches es anerkennt und ordnet. Wenn das öffentliche Recht die nämliche fesselnde Kraft der Ein- seitigkeit auf seine Wissenschaft übte, so würde diese den um- gekehrten Satz aufstellen müssen: Eigentum geht unter durch die Auflassung.
In Wahrheit bleibt das Wesen des Eigentums, die umfassende rechtliche Macht über die Sache, hier unverändert bestehen. Die Regeln für die weitere Ordnung der daran sich knüpfenden rechtlichen Beziehungen allein werden gewechselt.
§ 37. Gebrauchsrechte an öffentlichen Sachen; der Gemeingebrauch.
Die öffentlichen Sachen dienen der Verwaltung für gemeinnützige Zwecke. Je nachdem wird dieser Zweck möglicherweise dadurch er- füllt, daß die Sache den einzelnen Unterthanen Dienste leistet. Wo das nicht der Fall ist, kann die Sache wenigstens neben dem Haupt- zweck den Einzelnen dienstbar gemacht werden.
Die Form, in welcher diese Vorteile den Einzelnen rechtlich ver- mittelt werden, hängt selbstverständlich auf das innigste zusammen mit der Art, wie die rechtliche Zugehörigkeit der öffentlichen Sache selbst gedacht und geordnet ist.
Auf der heutigen Stufe des Verwaltungsrechts beruht das Wesen der öffentlichen Sache in der öffentlichrechtlichen Herrschaft des Staates oder eines ihm gleichartigen Rechtssubjektes.
Was den Einzelnen davon rechtlich zukommen soll, ist diesen Rechtssubjekten gegenüber zu begründen und kann nur begründet werden in den Formen des öffentlichen Rechts. Soweit haben uns schon die bisherigen Untersuchungen geführt; vgl. oben § 35, II; § 36, II n. 2.
29 In diesem Sinne spricht Rüttimann, Gutachten betreffend die Rechte an den Baseler Festungswerken, S. 17, von dem "latenten gewissermaßen schlummern- den Eigentum an den Festungswerken", welches durch die Auflassung derselben verfügbar werde.
Das öffentliche Sachenrecht.
Freiwerden civilrechtlichen Eigentums, das bisher nur durch den öffent- lichen Zweck verdeckt war: civilrechtliches Eigentum hatte bisher niemand an der Sache29.
Richtiger, aber ganz einseitig ist die Auffassung des Vorganges als eines Eigentumserwerbsaktes. Vom Standpunkte des Civilrechts aus ist ja wirklich bisher nichts dagewesen und aus dem Nichts entsteht durch die Auflassung ein Eigentum, welches es anerkennt und ordnet. Wenn das öffentliche Recht die nämliche fesselnde Kraft der Ein- seitigkeit auf seine Wissenschaft übte, so würde diese den um- gekehrten Satz aufstellen müssen: Eigentum geht unter durch die Auflassung.
In Wahrheit bleibt das Wesen des Eigentums, die umfassende rechtliche Macht über die Sache, hier unverändert bestehen. Die Regeln für die weitere Ordnung der daran sich knüpfenden rechtlichen Beziehungen allein werden gewechselt.
§ 37. Gebrauchsrechte an öffentlichen Sachen; der Gemeingebrauch.
Die öffentlichen Sachen dienen der Verwaltung für gemeinnützige Zwecke. Je nachdem wird dieser Zweck möglicherweise dadurch er- füllt, daß die Sache den einzelnen Unterthanen Dienste leistet. Wo das nicht der Fall ist, kann die Sache wenigstens neben dem Haupt- zweck den Einzelnen dienstbar gemacht werden.
Die Form, in welcher diese Vorteile den Einzelnen rechtlich ver- mittelt werden, hängt selbstverständlich auf das innigste zusammen mit der Art, wie die rechtliche Zugehörigkeit der öffentlichen Sache selbst gedacht und geordnet ist.
Auf der heutigen Stufe des Verwaltungsrechts beruht das Wesen der öffentlichen Sache in der öffentlichrechtlichen Herrschaft des Staates oder eines ihm gleichartigen Rechtssubjektes.
Was den Einzelnen davon rechtlich zukommen soll, ist diesen Rechtssubjekten gegenüber zu begründen und kann nur begründet werden in den Formen des öffentlichen Rechts. Soweit haben uns schon die bisherigen Untersuchungen geführt; vgl. oben § 35, II; § 36, II n. 2.
29 In diesem Sinne spricht Rüttimann, Gutachten betreffend die Rechte an den Baseler Festungswerken, S. 17, von dem „latenten gewissermaßen schlummern- den Eigentum an den Festungswerken“, welches durch die Auflassung derselben verfügbar werde.
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Das öffentliche Sachenrecht.
Freiwerden civilrechtlichen Eigentums, das bisher nur durch den öffent-
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niemand an der Sache 29.
Richtiger, aber ganz einseitig ist die Auffassung des Vorganges als
eines Eigentumserwerbsaktes. Vom Standpunkte des Civilrechts aus
ist ja wirklich bisher nichts dagewesen und aus dem Nichts entsteht
durch die Auflassung ein Eigentum, welches es anerkennt und ordnet.
Wenn das öffentliche Recht die nämliche fesselnde Kraft der Ein-
seitigkeit auf seine Wissenschaft übte, so würde diese den um-
gekehrten Satz aufstellen müssen: Eigentum geht unter durch die
Auflassung.
In Wahrheit bleibt das Wesen des Eigentums, die umfassende
rechtliche Macht über die Sache, hier unverändert bestehen. Die
Regeln für die weitere Ordnung der daran sich knüpfenden rechtlichen
Beziehungen allein werden gewechselt.
§ 37.
Gebrauchsrechte an öffentlichen Sachen; der Gemeingebrauch.
Die öffentlichen Sachen dienen der Verwaltung für gemeinnützige
Zwecke. Je nachdem wird dieser Zweck möglicherweise dadurch er-
füllt, daß die Sache den einzelnen Unterthanen Dienste leistet. Wo
das nicht der Fall ist, kann die Sache wenigstens neben dem Haupt-
zweck den Einzelnen dienstbar gemacht werden.
Die Form, in welcher diese Vorteile den Einzelnen rechtlich ver-
mittelt werden, hängt selbstverständlich auf das innigste zusammen
mit der Art, wie die rechtliche Zugehörigkeit der öffentlichen Sache
selbst gedacht und geordnet ist.
Auf der heutigen Stufe des Verwaltungsrechts beruht das Wesen
der öffentlichen Sache in der öffentlichrechtlichen Herrschaft des Staates
oder eines ihm gleichartigen Rechtssubjektes.
Was den Einzelnen davon rechtlich zukommen soll, ist diesen
Rechtssubjekten gegenüber zu begründen und kann nur begründet
werden in den Formen des öffentlichen Rechts. Soweit haben uns
schon die bisherigen Untersuchungen geführt; vgl. oben § 35, II;
§ 36, II n. 2.
29 In diesem Sinne spricht Rüttimann, Gutachten betreffend die Rechte an
den Baseler Festungswerken, S. 17, von dem „latenten gewissermaßen schlummern-
den Eigentum an den Festungswerken“, welches durch die Auflassung derselben
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/122>, abgerufen am 23.02.2025.
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