Um welche Verhältnisse es sich hier handelt, ergiebt der Begriff der Verwaltung. Verwaltung ist Thätigkeit des Staates. Damit ist von den Rechtssubjekten, zwischen welchen das Verwaltungsrecht gelten soll, das eine bestimmt als der Staat.
Dem verwaltenden Staat gegenüber steht die Masse der Einzelnen, der Unterthanen; sie liefert das andere Rechtssubjekt. Ver- waltungsrecht ist nur soweit denkbar, als ein Verhältnis der Unterthanen zu dem Staate in Frage kommt, bestimmter einzelner Unterthanen oder umfassenderer Kreise davon.
Aber nicht alles Recht, das für dieses Verhältnis massgebend wird, ist deshalb schon Verwaltungsrecht. Vielmehr bedarf der Be- griff noch einer genaueren Abgrenzung.
I. Das Verwaltungsrecht ist von vornherein gedacht als Gegen- satz zum Verfassungsrecht. Zwischen beiden liegt aber ein ver- mittelndes Gebiet.
Bevor man an die eigentliche Verwaltungsthätigkeit gelangt handelt es sich darum, durch wen sie namens des Staates geführt werden soll. Das Verfassungsrecht liefert dazu nur die oberste Ge- walt, den Fürsten allein oder im Zusammenwirken mit der Volks- vertretung. Darunter stehen nun erst in aller Mannigfaltigkeit die Träger abgeleiteter Verwaltungsbefugnisse, die Verwaltungsbehörden, unmittelbar namens des Staates handelnd oder namens einer da- zwischen geschobenen juristischen Person, eines Selbstverwaltungs- körpers.
Die Regeln über ihre Zuständigkeiten und Abhängigkeitsverhält- nisse, über die Besetzung der Ämter und die persönliche Stellung der dazu Berufenen bilden zusammen die Verwaltungsorganisa- tion oder Behördenordnung.
Diese ist nicht notwendig Rechtsordnung. Sie ist Einrichtung, Veranstaltung für die Besorgung der Verwaltungsgeschäfte.
Recht kommt aber doch bei ihr in verschiedener Weise zum Vorschein, vor allem auch in der Weise, dass dabei das Verhältnis zwischen Staat und Unterthan bestimmt wird. Das ist dann Ver- waltungsrecht.
Nach zweierlei Richtung ist das der Fall.
Zunächst kommt ein inneres Verhältnis in Betracht: zur Gewinnung der Träger für die Verwaltungsthätigkeit nimmt der Staat Beamte in seinen Dienst, ordnet er Selbstverwaltungskörper, erhalten diese ihre Vertreterschaft und wird über alle diese Personen Dienstgewalt und Aufsicht geführt. Das sind überall bestimmte Verhältnisse zwischen diesen und dem Staate, für deren Ordnung das Verwaltungs-
Einleitung.
Um welche Verhältnisse es sich hier handelt, ergiebt der Begriff der Verwaltung. Verwaltung ist Thätigkeit des Staates. Damit ist von den Rechtssubjekten, zwischen welchen das Verwaltungsrecht gelten soll, das eine bestimmt als der Staat.
Dem verwaltenden Staat gegenüber steht die Masse der Einzelnen, der Unterthanen; sie liefert das andere Rechtssubjekt. Ver- waltungsrecht ist nur soweit denkbar, als ein Verhältnis der Unterthanen zu dem Staate in Frage kommt, bestimmter einzelner Unterthanen oder umfassenderer Kreise davon.
Aber nicht alles Recht, das für dieses Verhältnis maſsgebend wird, ist deshalb schon Verwaltungsrecht. Vielmehr bedarf der Be- griff noch einer genaueren Abgrenzung.
I. Das Verwaltungsrecht ist von vornherein gedacht als Gegen- satz zum Verfassungsrecht. Zwischen beiden liegt aber ein ver- mittelndes Gebiet.
Bevor man an die eigentliche Verwaltungsthätigkeit gelangt handelt es sich darum, durch wen sie namens des Staates geführt werden soll. Das Verfassungsrecht liefert dazu nur die oberste Ge- walt, den Fürsten allein oder im Zusammenwirken mit der Volks- vertretung. Darunter stehen nun erst in aller Mannigfaltigkeit die Träger abgeleiteter Verwaltungsbefugnisse, die Verwaltungsbehörden, unmittelbar namens des Staates handelnd oder namens einer da- zwischen geschobenen juristischen Person, eines Selbstverwaltungs- körpers.
Die Regeln über ihre Zuständigkeiten und Abhängigkeitsverhält- nisse, über die Besetzung der Ämter und die persönliche Stellung der dazu Berufenen bilden zusammen die Verwaltungsorganisa- tion oder Behördenordnung.
Diese ist nicht notwendig Rechtsordnung. Sie ist Einrichtung, Veranstaltung für die Besorgung der Verwaltungsgeschäfte.
Recht kommt aber doch bei ihr in verschiedener Weise zum Vorschein, vor allem auch in der Weise, daſs dabei das Verhältnis zwischen Staat und Unterthan bestimmt wird. Das ist dann Ver- waltungsrecht.
Nach zweierlei Richtung ist das der Fall.
Zunächst kommt ein inneres Verhältnis in Betracht: zur Gewinnung der Träger für die Verwaltungsthätigkeit nimmt der Staat Beamte in seinen Dienst, ordnet er Selbstverwaltungskörper, erhalten diese ihre Vertreterschaft und wird über alle diese Personen Dienstgewalt und Aufsicht geführt. Das sind überall bestimmte Verhältnisse zwischen diesen und dem Staate, für deren Ordnung das Verwaltungs-
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[14/0034]
Einleitung.
Um welche Verhältnisse es sich hier handelt, ergiebt der Begriff
der Verwaltung. Verwaltung ist Thätigkeit des Staates. Damit ist
von den Rechtssubjekten, zwischen welchen das Verwaltungsrecht
gelten soll, das eine bestimmt als der Staat.
Dem verwaltenden Staat gegenüber steht die Masse der Einzelnen,
der Unterthanen; sie liefert das andere Rechtssubjekt. Ver-
waltungsrecht ist nur soweit denkbar, als ein Verhältnis der
Unterthanen zu dem Staate in Frage kommt, bestimmter
einzelner Unterthanen oder umfassenderer Kreise davon.
Aber nicht alles Recht, das für dieses Verhältnis maſsgebend
wird, ist deshalb schon Verwaltungsrecht. Vielmehr bedarf der Be-
griff noch einer genaueren Abgrenzung.
I. Das Verwaltungsrecht ist von vornherein gedacht als Gegen-
satz zum Verfassungsrecht. Zwischen beiden liegt aber ein ver-
mittelndes Gebiet.
Bevor man an die eigentliche Verwaltungsthätigkeit gelangt
handelt es sich darum, durch wen sie namens des Staates geführt
werden soll. Das Verfassungsrecht liefert dazu nur die oberste Ge-
walt, den Fürsten allein oder im Zusammenwirken mit der Volks-
vertretung. Darunter stehen nun erst in aller Mannigfaltigkeit die
Träger abgeleiteter Verwaltungsbefugnisse, die Verwaltungsbehörden,
unmittelbar namens des Staates handelnd oder namens einer da-
zwischen geschobenen juristischen Person, eines Selbstverwaltungs-
körpers.
Die Regeln über ihre Zuständigkeiten und Abhängigkeitsverhält-
nisse, über die Besetzung der Ämter und die persönliche Stellung
der dazu Berufenen bilden zusammen die Verwaltungsorganisa-
tion oder Behördenordnung.
Diese ist nicht notwendig Rechtsordnung. Sie ist Einrichtung,
Veranstaltung für die Besorgung der Verwaltungsgeschäfte.
Recht kommt aber doch bei ihr in verschiedener Weise zum
Vorschein, vor allem auch in der Weise, daſs dabei das Verhältnis
zwischen Staat und Unterthan bestimmt wird. Das ist dann Ver-
waltungsrecht.
Nach zweierlei Richtung ist das der Fall.
Zunächst kommt ein inneres Verhältnis in Betracht: zur
Gewinnung der Träger für die Verwaltungsthätigkeit nimmt der Staat
Beamte in seinen Dienst, ordnet er Selbstverwaltungskörper, erhalten
diese ihre Vertreterschaft und wird über alle diese Personen Dienstgewalt
und Aufsicht geführt. Das sind überall bestimmte Verhältnisse
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/34>, abgerufen am 21.11.2024.
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