Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.§ 21. Die Polizeierlaubnis. geräumt wird: vom völlig freien Ermessen geht das bis zur einfachenAnwendung der rechtssatzmässigen Bestimmung auf den Einzelfall3. Auch dieses Äusserste, die notwendige Erlaubniserteilung, ist nicht gleichbedeutend mit einer einfachen Anerkennung der Freiheit; vor die Ausübung der Freiheit ist die Erfüllung einer Formalität gesetzt, die Erwirkung der Erlaubnis, zur Feststellung, dass wirklich der Fall der Freiheit hier vorliegt. 1. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt entsteht durch Gesetz Es handelt sich bei dieser Art von Verbot um eine Über- 3 Eine Musterkarte von verschiedenartigen Bestimmungen der Erlaubnis- erteilung, wonach sie geschehen muss, geschehen kann, nicht geschehen darf, giebt Gew.O. § 55 ff. bezüglich des Gewerbebetriebs im Umherziehen. 4 Einen Fall dieser Art hatte O.V.G. 14. Juni 1882 (Samml. IX S. 370) zu beurteilen. Die Errichtung von Bauten kann unter Polizeierlaubnis gestellt werden, um die Wahrung gewisser polizeilicher Interessen zu sichern. Eine Polizeiverord- Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 19
§ 21. Die Polizeierlaubnis. geräumt wird: vom völlig freien Ermessen geht das bis zur einfachenAnwendung der rechtssatzmäſsigen Bestimmung auf den Einzelfall3. Auch dieses Äuſserste, die notwendige Erlaubniserteilung, ist nicht gleichbedeutend mit einer einfachen Anerkennung der Freiheit; vor die Ausübung der Freiheit ist die Erfüllung einer Formalität gesetzt, die Erwirkung der Erlaubnis, zur Feststellung, daſs wirklich der Fall der Freiheit hier vorliegt. 1. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt entsteht durch Gesetz Es handelt sich bei dieser Art von Verbot um eine Über- 3 Eine Musterkarte von verschiedenartigen Bestimmungen der Erlaubnis- erteilung, wonach sie geschehen muſs, geschehen kann, nicht geschehen darf, giebt Gew.O. § 55 ff. bezüglich des Gewerbebetriebs im Umherziehen. 4 Einen Fall dieser Art hatte O.V.G. 14. Juni 1882 (Samml. IX S. 370) zu beurteilen. Die Errichtung von Bauten kann unter Polizeierlaubnis gestellt werden, um die Wahrung gewisser polizeilicher Interessen zu sichern. Eine Polizeiverord- Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 19
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§ 21. Die Polizeierlaubnis.
geräumt wird: vom völlig freien Ermessen geht das bis zur einfachen
Anwendung der rechtssatzmäſsigen Bestimmung auf den Einzelfall 3.
Auch dieses Äuſserste, die notwendige Erlaubniserteilung, ist nicht
gleichbedeutend mit einer einfachen Anerkennung der Freiheit; vor
die Ausübung der Freiheit ist die Erfüllung einer Formalität gesetzt,
die Erwirkung der Erlaubnis, zur Feststellung, daſs wirklich der Fall
der Freiheit hier vorliegt.
1. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt entsteht durch Gesetz
oder Verordnung. Für die letztere allein kommt die Frage in Be-
tracht, inwiefern sie rechtlich zulässigerweise von dieser Form Ge-
brauch machen kann. Die Grenzen sind ihr durch das Gesetz, von
welchem sie ihr Recht ableitet, möglicherweise ausdrücklich gesteckt,
jedenfalls sind sie als stillschweigend darin enthalten anzusehen nach dem
Maſsstab, den die naturrechtliche Grundlage der Polizeigewalt auch
dieser besonderen Art von Maſsregel gegenüber für die Auslegung des
ermächtigenden Gesetzes liefert.
Es handelt sich bei dieser Art von Verbot um eine Über-
wachungsmaſsregel. Also ist Voraussetzung dafür nicht die Polizei-
widrigkeit, sondern die Möglichkeit einer solchen, die Gefahr der
Störung, die in dem betreffenden Unternehmen liegt. Was in dieser
Beziehung verdächtig ist, das läſst sich nicht abgrenzen. Aus welcher
Art von Lebensäuſserung können sich nicht Störungen ergeben? Es
besteht nur eine Gradverschiedenheit. Andererseits ist aber das Ver-
bot mit Erlaubnisvorbehalt die schwerste Art von Eingriff in die
Freiheit, der um der bloſsen Überwachung willen gemacht werden
kann, und um so schwerer, je mehr die Entbindung vom Verbote,
die Erlaubniserteilung in das freie Ermessen gestellt ist. Bei diesen
Gegensätzen muſs die den Äuſserungen der Polizeigewalt innewohnende
Bedingung der Verhältnismäſsigkeit wirksam werden. Ein ge-
wisser Grad von Gefährlichkeit, entsprechend der Schwere der Maſs-
regel, ist von dem ermächtigenden Gesetze stillschweigend voraus-
gesetzt. Die Abwägung ist der verordnenden Behörde überlassen;
aber eine offenbare Überschreitung dieses Maſses überschreitet auch
das Maſs der Ermächtigung, und eine derartige Verordnung müſste
als rechtsungültig angesehen werden 4.
3 Eine Musterkarte von verschiedenartigen Bestimmungen der Erlaubnis-
erteilung, wonach sie geschehen muſs, geschehen kann, nicht geschehen darf, giebt
Gew.O. § 55 ff. bezüglich des Gewerbebetriebs im Umherziehen.
4 Einen Fall dieser Art hatte O.V.G. 14. Juni 1882 (Samml. IX S. 370) zu
beurteilen. Die Errichtung von Bauten kann unter Polizeierlaubnis gestellt werden,
um die Wahrung gewisser polizeilicher Interessen zu sichern. Eine Polizeiverord-
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