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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 19. Grenzen der Polizeigewalt.

3. Als gesellschaftliche Schädlichkeit, und zwar in Gestalt des
lucrum cessans, würde anzusehen sein die Beeinträchtigung
jedes Unternehmens,
welches geeignet ist, nützlich zu wirken,
wirtschaftliche, geistige Werte zu schaffen. Allein regelmässig kommt
das um anderer Grundsätze willen polizeilich nicht zur Geltung.
Überall nämlich, wo es sich um ein bestimmtes einzelnes Unternehmen
handelt, das angegriffen wäre, tritt wegen des Verfügungsrechts des
Eigentümers die Abwehrthätigkeit der Polizei zurück: Civil- und
Strafrecht geben in erster Linie die Formen des Schutzes. Die Polizei
greift zum Schutze dieses Interesses, wie wir soeben gesehen haben,
nur aushülfsweise ein. Davon machen aber gewisse Unternehmungen
eine bedeutsame Ausnahme: diejenigen, welche dafür bestimmt und
anerkannt sind, dem öffentlichen Interesse zu dienen.
Dass sie in Stand und Gang gehalten werden, gehört unbedingt zur
guten Ordnung des Gemeinwesens, und sie gegen Störung zu schützen,
ist eine selbständige Aufgabe der Polizei.

Gegenstand dieses Schutzes ist die eigene Thätigkeit des Staates
und der ihm gleichstehenden juristischen Personen oder beliehenen
Unternehmer, sowie des dafür dienenden Besitzes. Wenn solche
Thätigkeit in umfassender Weise mit dem Publikum in Berührung
kommt, wie das bei den sog. öffentlichen Anstalten der Fall ist,
bildet sich dafür ein eigener Zweig der Polizei, die Anstalts-
polizei:
Strassen, Kanäle, Ströme, Eisenbahnen, Kirchhöfe, Gerichts
sitzungen haben je ihre besondere Polizei, um ihren guten Betrieb
zu sichern5.

Nicht alle staatlichen Unternehmungen werden durch Polizei ver-
teidigt: fiskalische Unternehmungen sind auch in dieser Beziehung wie
Privatunternehmungen angesehen (oben § 11, III n. 1).

Andererseits können auch Unternehmungen und Privateigentum
der Einzelnen als öffentliche Nützlichkeiten anerkannt sein der Art,
dass sie um der guten Ordnung des Gemeinwesens willen unbedingten
Polizeischutz geniessen, auch gegen den Eigentümer selbst; das ist
namentlich der Fall bei Heilquellen und Forsten6.

5 Darüber das Nähere in der Lehre vom öffentlichen Eigentum und von der
Benutzung öffentlicher Anstalten; vgl. auch unten § 24, I.
6 Foerstemann, Pol.R. S. 7: "Man muss darin eigentlich eine Übertragung
des Rechts des Staates auf starken polizeilichen Schutz seiner Forsten an Kommunen
und Private erblicken". Dass aber der polizeiliche Schutz des Forstes auch gegen
diese Eigentümer selbst geht, erklärt sich nur aus dem allgemeinen Gesichtspunkt,
dass eben der Forst als ein Wertstück der gesellschaftlichen Ordnung, als gemein-
nütziges Gut anerkannt ist, nach Art der öffentlichen Anstalten.
§ 19. Grenzen der Polizeigewalt.

3. Als gesellschaftliche Schädlichkeit, und zwar in Gestalt des
lucrum cessans, würde anzusehen sein die Beeinträchtigung
jedes Unternehmens,
welches geeignet ist, nützlich zu wirken,
wirtschaftliche, geistige Werte zu schaffen. Allein regelmäſsig kommt
das um anderer Grundsätze willen polizeilich nicht zur Geltung.
Überall nämlich, wo es sich um ein bestimmtes einzelnes Unternehmen
handelt, das angegriffen wäre, tritt wegen des Verfügungsrechts des
Eigentümers die Abwehrthätigkeit der Polizei zurück: Civil- und
Strafrecht geben in erster Linie die Formen des Schutzes. Die Polizei
greift zum Schutze dieses Interesses, wie wir soeben gesehen haben,
nur aushülfsweise ein. Davon machen aber gewisse Unternehmungen
eine bedeutsame Ausnahme: diejenigen, welche dafür bestimmt und
anerkannt sind, dem öffentlichen Interesse zu dienen.
Daſs sie in Stand und Gang gehalten werden, gehört unbedingt zur
guten Ordnung des Gemeinwesens, und sie gegen Störung zu schützen,
ist eine selbständige Aufgabe der Polizei.

Gegenstand dieses Schutzes ist die eigene Thätigkeit des Staates
und der ihm gleichstehenden juristischen Personen oder beliehenen
Unternehmer, sowie des dafür dienenden Besitzes. Wenn solche
Thätigkeit in umfassender Weise mit dem Publikum in Berührung
kommt, wie das bei den sog. öffentlichen Anstalten der Fall ist,
bildet sich dafür ein eigener Zweig der Polizei, die Anstalts-
polizei:
Straſsen, Kanäle, Ströme, Eisenbahnen, Kirchhöfe, Gerichts
sitzungen haben je ihre besondere Polizei, um ihren guten Betrieb
zu sichern5.

Nicht alle staatlichen Unternehmungen werden durch Polizei ver-
teidigt: fiskalische Unternehmungen sind auch in dieser Beziehung wie
Privatunternehmungen angesehen (oben § 11, III n. 1).

Andererseits können auch Unternehmungen und Privateigentum
der Einzelnen als öffentliche Nützlichkeiten anerkannt sein der Art,
daſs sie um der guten Ordnung des Gemeinwesens willen unbedingten
Polizeischutz genieſsen, auch gegen den Eigentümer selbst; das ist
namentlich der Fall bei Heilquellen und Forsten6.

5 Darüber das Nähere in der Lehre vom öffentlichen Eigentum und von der
Benutzung öffentlicher Anstalten; vgl. auch unten § 24, I.
6 Foerstemann, Pol.R. S. 7: „Man muſs darin eigentlich eine Übertragung
des Rechts des Staates auf starken polizeilichen Schutz seiner Forsten an Kommunen
und Private erblicken“. Daſs aber der polizeiliche Schutz des Forstes auch gegen
diese Eigentümer selbst geht, erklärt sich nur aus dem allgemeinen Gesichtspunkt,
daſs eben der Forst als ein Wertstück der gesellschaftlichen Ordnung, als gemein-
nütziges Gut anerkannt ist, nach Art der öffentlichen Anstalten.
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[263/0283] § 19. Grenzen der Polizeigewalt. 3. Als gesellschaftliche Schädlichkeit, und zwar in Gestalt des lucrum cessans, würde anzusehen sein die Beeinträchtigung jedes Unternehmens, welches geeignet ist, nützlich zu wirken, wirtschaftliche, geistige Werte zu schaffen. Allein regelmäſsig kommt das um anderer Grundsätze willen polizeilich nicht zur Geltung. Überall nämlich, wo es sich um ein bestimmtes einzelnes Unternehmen handelt, das angegriffen wäre, tritt wegen des Verfügungsrechts des Eigentümers die Abwehrthätigkeit der Polizei zurück: Civil- und Strafrecht geben in erster Linie die Formen des Schutzes. Die Polizei greift zum Schutze dieses Interesses, wie wir soeben gesehen haben, nur aushülfsweise ein. Davon machen aber gewisse Unternehmungen eine bedeutsame Ausnahme: diejenigen, welche dafür bestimmt und anerkannt sind, dem öffentlichen Interesse zu dienen. Daſs sie in Stand und Gang gehalten werden, gehört unbedingt zur guten Ordnung des Gemeinwesens, und sie gegen Störung zu schützen, ist eine selbständige Aufgabe der Polizei. Gegenstand dieses Schutzes ist die eigene Thätigkeit des Staates und der ihm gleichstehenden juristischen Personen oder beliehenen Unternehmer, sowie des dafür dienenden Besitzes. Wenn solche Thätigkeit in umfassender Weise mit dem Publikum in Berührung kommt, wie das bei den sog. öffentlichen Anstalten der Fall ist, bildet sich dafür ein eigener Zweig der Polizei, die Anstalts- polizei: Straſsen, Kanäle, Ströme, Eisenbahnen, Kirchhöfe, Gerichts sitzungen haben je ihre besondere Polizei, um ihren guten Betrieb zu sichern 5. Nicht alle staatlichen Unternehmungen werden durch Polizei ver- teidigt: fiskalische Unternehmungen sind auch in dieser Beziehung wie Privatunternehmungen angesehen (oben § 11, III n. 1). Andererseits können auch Unternehmungen und Privateigentum der Einzelnen als öffentliche Nützlichkeiten anerkannt sein der Art, daſs sie um der guten Ordnung des Gemeinwesens willen unbedingten Polizeischutz genieſsen, auch gegen den Eigentümer selbst; das ist namentlich der Fall bei Heilquellen und Forsten 6. 5 Darüber das Nähere in der Lehre vom öffentlichen Eigentum und von der Benutzung öffentlicher Anstalten; vgl. auch unten § 24, I. 6 Foerstemann, Pol.R. S. 7: „Man muſs darin eigentlich eine Übertragung des Rechts des Staates auf starken polizeilichen Schutz seiner Forsten an Kommunen und Private erblicken“. Daſs aber der polizeiliche Schutz des Forstes auch gegen diese Eigentümer selbst geht, erklärt sich nur aus dem allgemeinen Gesichtspunkt, daſs eben der Forst als ein Wertstück der gesellschaftlichen Ordnung, als gemein- nütziges Gut anerkannt ist, nach Art der öffentlichen Anstalten.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/283>, abgerufen am 28.11.2024.