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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 17. Civilrechtliche Haftung aus Amtshandlungen.
dem Staate keinen Anspruch darauf hatte, dass das geschehe, was Inhalt
der Amtspflicht ist.

Die Grundidee, welche in dieser Erscheinung zum Ausdruck
kommt, wird die sein: die öffentliche Gewalt, die sich des Beamten
bedient, besorgt durch ihn die Geschäfte Aller, auch jedes Einzelnen;
der Beamte steht deshalb zu jedem Unterthanen in einem anderen
Verhältnisse als der Beauftragte eines beliebigen Privatmanns; wie
sein Dienstherr den Dienst eingerichtet hat, das ist für den Einzelnen
keine fremde Angelegenheit, sondern muss zwischen ihnen bei der
Abrechnung über den zugefügten Schaden rechtlich berücksichtigt
werden2.

Daraus ergiebt sich zunächst der äussere Umfang, in welchem
dieses besondere Recht der Beamtenhaftpflicht zur Anwendung kommt:
das schädigende Verhalten muss aus dem Zusammenhang der Ge-
schäfte der öffentlichen Gewalt
sich ergeben haben d. h. aus
solchen Geschäften, in welchen der Staat nicht wie ein gewöhnlicher
Privatmann dem Unterthanen gegenübersteht. Ist das letztere der
Fall, so fehlt jener vermittelnde Grundgedanke: der Beamte haftet
dem Dritten. den er schädigt, wie jeder Vertreter eines fremden
Rechtssubjektes nach den gewöhnlichen Regeln3. Andererseits ist es
nicht genau, wenn wir hier bloss von Besonderheiten der Beamten-
haftpflicht sprechen: diese Besonderheiten finden statt bei jedem, der
in dienstlicher Abhängigkeit für den Staat thätig ist, also bei den in
öffentlicher Dienstpflicht Stehenden, die kein Amt bekleiden oder
wenigstens nicht die Eigenschaft von Beamten haben4, und ebenso
bei den sogenannten privatrechtlichen Dienern, welche der Staat in
seiner öffentlichrechtlich gearteten Thätigkeit verwendet. Diese ist
es, welche die inneren Ordnungen der Dienstpflicht, welcher recht-

2 Dass in dieser Berücksichtigung der Amtspflicht auch im Verhältnis zum
geschädigten Unterthanen etwas ganz besonderes liegt, hat Krais in Bl. f. adm. Pr.
33 S. 54 ff. richtig bemerkt: "Wenn der Beamte ... einen Dritten benachteiligt,
so liegt zwar auch hier eine Pflichtverletzung nur gegenüber dem Staate vor, ...
nicht gegenüber dem Privaten, zu welchem der Beamte überhaupt nicht in einem
Rechtsverhältnisse steht" (S. 56). Er haftet gleichwohl auch diesem. Der Grund
aber, den Krais angiebt, reicht zur Erklärung nicht aus; er meint, sein Thun liege
dann "dem Dritten gegenüber auch ausserhalb der Sphäre der öffentlichen Gewalt".
Da käme es dann doch nur auf die der Behörde den Unterthanen gegenüber zu-
stehenden Befugnisse an, nicht auf die Amtspflicht.
3 Pfizer in Arch. f. civ. Pr. 72 S. 77 unterscheidet hier richtig, ob der
Beamte den Staat als res publica oder als fiscus vertritt; im letzteren Falle gilt
das besondere Recht der Beamtenhaftung nicht.
4 Laband, St.R. II S. 448.
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§ 17. Civilrechtliche Haftung aus Amtshandlungen.
dem Staate keinen Anspruch darauf hatte, daſs das geschehe, was Inhalt
der Amtspflicht ist.

Die Grundidee, welche in dieser Erscheinung zum Ausdruck
kommt, wird die sein: die öffentliche Gewalt, die sich des Beamten
bedient, besorgt durch ihn die Geschäfte Aller, auch jedes Einzelnen;
der Beamte steht deshalb zu jedem Unterthanen in einem anderen
Verhältnisse als der Beauftragte eines beliebigen Privatmanns; wie
sein Dienstherr den Dienst eingerichtet hat, das ist für den Einzelnen
keine fremde Angelegenheit, sondern muſs zwischen ihnen bei der
Abrechnung über den zugefügten Schaden rechtlich berücksichtigt
werden2.

Daraus ergiebt sich zunächst der äuſsere Umfang, in welchem
dieses besondere Recht der Beamtenhaftpflicht zur Anwendung kommt:
das schädigende Verhalten muſs aus dem Zusammenhang der Ge-
schäfte der öffentlichen Gewalt
sich ergeben haben d. h. aus
solchen Geschäften, in welchen der Staat nicht wie ein gewöhnlicher
Privatmann dem Unterthanen gegenübersteht. Ist das letztere der
Fall, so fehlt jener vermittelnde Grundgedanke: der Beamte haftet
dem Dritten. den er schädigt, wie jeder Vertreter eines fremden
Rechtssubjektes nach den gewöhnlichen Regeln3. Andererseits ist es
nicht genau, wenn wir hier bloſs von Besonderheiten der Beamten-
haftpflicht sprechen: diese Besonderheiten finden statt bei jedem, der
in dienstlicher Abhängigkeit für den Staat thätig ist, also bei den in
öffentlicher Dienstpflicht Stehenden, die kein Amt bekleiden oder
wenigstens nicht die Eigenschaft von Beamten haben4, und ebenso
bei den sogenannten privatrechtlichen Dienern, welche der Staat in
seiner öffentlichrechtlich gearteten Thätigkeit verwendet. Diese ist
es, welche die inneren Ordnungen der Dienstpflicht, welcher recht-

2 Daſs in dieser Berücksichtigung der Amtspflicht auch im Verhältnis zum
geschädigten Unterthanen etwas ganz besonderes liegt, hat Krais in Bl. f. adm. Pr.
33 S. 54 ff. richtig bemerkt: „Wenn der Beamte … einen Dritten benachteiligt,
so liegt zwar auch hier eine Pflichtverletzung nur gegenüber dem Staate vor, …
nicht gegenüber dem Privaten, zu welchem der Beamte überhaupt nicht in einem
Rechtsverhältnisse steht“ (S. 56). Er haftet gleichwohl auch diesem. Der Grund
aber, den Krais angiebt, reicht zur Erklärung nicht aus; er meint, sein Thun liege
dann „dem Dritten gegenüber auch auſserhalb der Sphäre der öffentlichen Gewalt“.
Da käme es dann doch nur auf die der Behörde den Unterthanen gegenüber zu-
stehenden Befugnisse an, nicht auf die Amtspflicht.
3 Pfizer in Arch. f. civ. Pr. 72 S. 77 unterscheidet hier richtig, ob der
Beamte den Staat als res publica oder als fiscus vertritt; im letzteren Falle gilt
das besondere Recht der Beamtenhaftung nicht.
4 Laband, St.R. II S. 448.
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[227/0247] § 17. Civilrechtliche Haftung aus Amtshandlungen. dem Staate keinen Anspruch darauf hatte, daſs das geschehe, was Inhalt der Amtspflicht ist. Die Grundidee, welche in dieser Erscheinung zum Ausdruck kommt, wird die sein: die öffentliche Gewalt, die sich des Beamten bedient, besorgt durch ihn die Geschäfte Aller, auch jedes Einzelnen; der Beamte steht deshalb zu jedem Unterthanen in einem anderen Verhältnisse als der Beauftragte eines beliebigen Privatmanns; wie sein Dienstherr den Dienst eingerichtet hat, das ist für den Einzelnen keine fremde Angelegenheit, sondern muſs zwischen ihnen bei der Abrechnung über den zugefügten Schaden rechtlich berücksichtigt werden 2. Daraus ergiebt sich zunächst der äuſsere Umfang, in welchem dieses besondere Recht der Beamtenhaftpflicht zur Anwendung kommt: das schädigende Verhalten muſs aus dem Zusammenhang der Ge- schäfte der öffentlichen Gewalt sich ergeben haben d. h. aus solchen Geschäften, in welchen der Staat nicht wie ein gewöhnlicher Privatmann dem Unterthanen gegenübersteht. Ist das letztere der Fall, so fehlt jener vermittelnde Grundgedanke: der Beamte haftet dem Dritten. den er schädigt, wie jeder Vertreter eines fremden Rechtssubjektes nach den gewöhnlichen Regeln 3. Andererseits ist es nicht genau, wenn wir hier bloſs von Besonderheiten der Beamten- haftpflicht sprechen: diese Besonderheiten finden statt bei jedem, der in dienstlicher Abhängigkeit für den Staat thätig ist, also bei den in öffentlicher Dienstpflicht Stehenden, die kein Amt bekleiden oder wenigstens nicht die Eigenschaft von Beamten haben 4, und ebenso bei den sogenannten privatrechtlichen Dienern, welche der Staat in seiner öffentlichrechtlich gearteten Thätigkeit verwendet. Diese ist es, welche die inneren Ordnungen der Dienstpflicht, welcher recht- 2 Daſs in dieser Berücksichtigung der Amtspflicht auch im Verhältnis zum geschädigten Unterthanen etwas ganz besonderes liegt, hat Krais in Bl. f. adm. Pr. 33 S. 54 ff. richtig bemerkt: „Wenn der Beamte … einen Dritten benachteiligt, so liegt zwar auch hier eine Pflichtverletzung nur gegenüber dem Staate vor, … nicht gegenüber dem Privaten, zu welchem der Beamte überhaupt nicht in einem Rechtsverhältnisse steht“ (S. 56). Er haftet gleichwohl auch diesem. Der Grund aber, den Krais angiebt, reicht zur Erklärung nicht aus; er meint, sein Thun liege dann „dem Dritten gegenüber auch auſserhalb der Sphäre der öffentlichen Gewalt“. Da käme es dann doch nur auf die der Behörde den Unterthanen gegenüber zu- stehenden Befugnisse an, nicht auf die Amtspflicht. 3 Pfizer in Arch. f. civ. Pr. 72 S. 77 unterscheidet hier richtig, ob der Beamte den Staat als res publica oder als fiscus vertritt; im letzteren Falle gilt das besondere Recht der Beamtenhaftung nicht. 4 Laband, St.R. II S. 448. 15*

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/247>, abgerufen am 22.12.2024.