Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.§ 11. Das Verwaltungsrechtsinstitut und die Scheidung vom Civilrecht. Die Art dieser Gliederung des Stoffes in Rechtsinstitute ist aber Die Civilrechtswissenschaft untersucht am Civilrecht die Die Verwaltungsrechtswissenschaft hat es zu thun mit Die Verwaltungsrechtswissenschaft ist aber eine junge Wissen- Der Polizeistaat kannte natürlich kein Verwaltungsrechtsinstitut. 1 Dieser "Prozess der Differenzierung" vollzieht sich manchmal sehr rasch.
So heisst es noch bei Laband, St.R. (1. Aufl.) II S. 216: "Soweit der Staat Herr- schaftsrechte über Land und Leute hat .. ist der Befehl die Form, in welcher sich die Thätigkeit der Behörden vollzieht." Ebenso noch in Arch. f. öff. R. II S. 159. In St.R. (2. Aufl.) I S. 690 ist jetzt an Stelle des Befehls die Verfügung getreten als "das einseitige Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts". Davon heisst es (S. 691): "Der Inhalt der Verfügung braucht aber nicht notwendig in dem Befehl .. zu § 11. Das Verwaltungsrechtsinstitut und die Scheidung vom Civilrecht. Die Art dieser Gliederung des Stoffes in Rechtsinstitute ist aber Die Civilrechtswissenschaft untersucht am Civilrecht die Die Verwaltungsrechtswissenschaft hat es zu thun mit Die Verwaltungsrechtswissenschaft ist aber eine junge Wissen- Der Polizeistaat kannte natürlich kein Verwaltungsrechtsinstitut. 1 Dieser „Prozeſs der Differenzierung“ vollzieht sich manchmal sehr rasch.
So heiſst es noch bei Laband, St.R. (1. Aufl.) II S. 216: „Soweit der Staat Herr- schaftsrechte über Land und Leute hat .. ist der Befehl die Form, in welcher sich die Thätigkeit der Behörden vollzieht.“ Ebenso noch in Arch. f. öff. R. II S. 159. In St.R. (2. Aufl.) I S. 690 ist jetzt an Stelle des Befehls die Verfügung getreten als „das einseitige Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts“. Davon heiſst es (S. 691): „Der Inhalt der Verfügung braucht aber nicht notwendig in dem Befehl .. zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0155" n="135"/> <fw place="top" type="header">§ 11. Das Verwaltungsrechtsinstitut und die Scheidung vom Civilrecht.</fw><lb/> <p>Die Art dieser Gliederung des Stoffes in Rechtsinstitute ist aber<lb/> durch die verschiedene Natur desselben bestimmt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Civilrechtswissenschaft</hi> untersucht am Civilrecht die<lb/> Grenzen der rechtlichen Willensmacht der Einzelnen gegen einander.<lb/> Ihre Rechtsinstitute finden ihren natürlichen Kern in den verschiedenen<lb/><hi rendition="#g">Arten subjektiver Rechte,</hi> die da möglich sind. Sie giebt zu<lb/> jedem eine Darstellung seiner Entstehung, Wirkung, Änderung und<lb/> Endigung, ordnet sie nach inneren Verwandtschaften und erhält so<lb/> ihr System.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Verwaltungsrechtswissenschaft</hi> hat es zu thun mit<lb/> den rechtlich bedingten Erscheinungen der öffentlichen Gewalt. Diese<lb/> Bedingtheiten sind nur hier und da ausgedrückt in subjektiven<lb/> Rechten (oben § 9), hängen häufig, aber nicht immer an Verwaltungs-<lb/> rechtssätzen; die verfassungsrechtlichen Grundsätze unmittelbar<lb/> liefern einen groſsen Teil davon. Aus allem zusammen entstehen ge-<lb/> wisse feststehende gleichbleibende <hi rendition="#g">Arten von Erscheinungen<lb/> der öffentlichen Gewalt</hi> und die sind unsere Rechtsinstitute.</p><lb/> <p>Die Verwaltungsrechtswissenschaft ist aber eine junge Wissen-<lb/> schaft ganz im Gegensatze zur Civilrechtswissenschaft, die in sicherem<lb/> Besitze steht. Ihre Rechtsinstitute kann sie nur herausarbeiten in<lb/> beständigem Kampfe mit einem groſsen Gegner: das ist unsere eigene<lb/> Vergangenheit, die Rechtsanschauung des Polizeistaates.</p><lb/> <p>Der Polizeistaat kannte natürlich kein Verwaltungsrechtsinstitut.<lb/> Auſserhalb des Civilrechts herrscht die Allgewalt der Behörden. Der<lb/> Wille der Obrigkeit ist einfach <hi rendition="#g">Befehl;</hi> weiter zu unterscheiden hat<lb/> keinen Zweck. Erst mit der Entwicklung des Rechtsstaates wird es<lb/> bedeutsam, festzusteilen, was gewollt werden konnte, was dadurch<lb/> rechtlich gewirkt ist, was auf Grund davon weiter geschehen kann.<lb/> Das Rechtsbewuſstsein wird empfindlich für alle feineren Unter-<lb/> scheidungen. Der obrigkeitliche Befehl wird ein bestimmt umgrenztes<lb/> Rechtsinstitut, in sich selbst wieder nach Arten zerlegt, und erhält<lb/> an seine Seite gestellt verschiedenartige Formen obrigkeitlicher Ein-<lb/> wirkung, die in ihrer rechtlichen Besonderheit den Reichtum der Er-<lb/> scheinungen der öffentlichen Gewalt entfalten<note xml:id="seg2pn_26_1" next="#seg2pn_26_2" place="foot" n="1">Dieser „Prozeſs der Differenzierung“ vollzieht sich manchmal sehr rasch.<lb/> So heiſst es noch bei <hi rendition="#g">Laband,</hi> St.R. (1. Aufl.) II S. 216: „Soweit der Staat Herr-<lb/> schaftsrechte über Land und Leute hat .. ist der Befehl die Form, in welcher sich<lb/> die Thätigkeit der Behörden vollzieht.“ Ebenso noch in Arch. f. öff. R. II S. 159.<lb/> In St.R. (2. Aufl.) I S. 690 ist jetzt an Stelle des Befehls die Verfügung getreten<lb/> als „das einseitige Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts“. Davon heiſst es<lb/> (S. 691): „Der Inhalt der Verfügung braucht aber nicht notwendig in dem Befehl .. zu</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0155]
§ 11. Das Verwaltungsrechtsinstitut und die Scheidung vom Civilrecht.
Die Art dieser Gliederung des Stoffes in Rechtsinstitute ist aber
durch die verschiedene Natur desselben bestimmt.
Die Civilrechtswissenschaft untersucht am Civilrecht die
Grenzen der rechtlichen Willensmacht der Einzelnen gegen einander.
Ihre Rechtsinstitute finden ihren natürlichen Kern in den verschiedenen
Arten subjektiver Rechte, die da möglich sind. Sie giebt zu
jedem eine Darstellung seiner Entstehung, Wirkung, Änderung und
Endigung, ordnet sie nach inneren Verwandtschaften und erhält so
ihr System.
Die Verwaltungsrechtswissenschaft hat es zu thun mit
den rechtlich bedingten Erscheinungen der öffentlichen Gewalt. Diese
Bedingtheiten sind nur hier und da ausgedrückt in subjektiven
Rechten (oben § 9), hängen häufig, aber nicht immer an Verwaltungs-
rechtssätzen; die verfassungsrechtlichen Grundsätze unmittelbar
liefern einen groſsen Teil davon. Aus allem zusammen entstehen ge-
wisse feststehende gleichbleibende Arten von Erscheinungen
der öffentlichen Gewalt und die sind unsere Rechtsinstitute.
Die Verwaltungsrechtswissenschaft ist aber eine junge Wissen-
schaft ganz im Gegensatze zur Civilrechtswissenschaft, die in sicherem
Besitze steht. Ihre Rechtsinstitute kann sie nur herausarbeiten in
beständigem Kampfe mit einem groſsen Gegner: das ist unsere eigene
Vergangenheit, die Rechtsanschauung des Polizeistaates.
Der Polizeistaat kannte natürlich kein Verwaltungsrechtsinstitut.
Auſserhalb des Civilrechts herrscht die Allgewalt der Behörden. Der
Wille der Obrigkeit ist einfach Befehl; weiter zu unterscheiden hat
keinen Zweck. Erst mit der Entwicklung des Rechtsstaates wird es
bedeutsam, festzusteilen, was gewollt werden konnte, was dadurch
rechtlich gewirkt ist, was auf Grund davon weiter geschehen kann.
Das Rechtsbewuſstsein wird empfindlich für alle feineren Unter-
scheidungen. Der obrigkeitliche Befehl wird ein bestimmt umgrenztes
Rechtsinstitut, in sich selbst wieder nach Arten zerlegt, und erhält
an seine Seite gestellt verschiedenartige Formen obrigkeitlicher Ein-
wirkung, die in ihrer rechtlichen Besonderheit den Reichtum der Er-
scheinungen der öffentlichen Gewalt entfalten 1.
1 Dieser „Prozeſs der Differenzierung“ vollzieht sich manchmal sehr rasch.
So heiſst es noch bei Laband, St.R. (1. Aufl.) II S. 216: „Soweit der Staat Herr-
schaftsrechte über Land und Leute hat .. ist der Befehl die Form, in welcher sich
die Thätigkeit der Behörden vollzieht.“ Ebenso noch in Arch. f. öff. R. II S. 159.
In St.R. (2. Aufl.) I S. 690 ist jetzt an Stelle des Befehls die Verfügung getreten
als „das einseitige Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts“. Davon heiſst es
(S. 691): „Der Inhalt der Verfügung braucht aber nicht notwendig in dem Befehl .. zu
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |