Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung. gehörigen Autonomie obliegt, können zugleich staatliche Geschäftezur Besorgung übertragen sein, insbesondere auch ein dazu gehöriges Polizeiverordnungsrecht. Dann schaffen sie dem entsprechend neben einander Rechtssätze von zweierlei Art, die durch ihre rechtliche Natur und die Bedingungen ihrer Erzeugung getrennt sind14. -- Wie in der Staatsverwaltung neben den Verordnungen noch all- Ausserdem giebt es aber hier auch noch eine zweite Art von Diese Ordnungen sind nun trotz des gleichen Namens, den sie Sie gehen aus von einer ganz entgegengesetzten Grundlage, die Der Verein, die Körperschaft gehören zunächst dem Civilrecht Wenn der Verein juristische Persönlichkeit erhält, zur Körper- 14 Der Gegensatz wird im Bayr. R. bezeichnet mit "Gemeindestatuten" einer- seits und "ortspolizeilichen Vorschriften" andererseits; Seydel, Bayr. St.R. III S. 41 ff.; Bl. f. adm. Pr. 1871 S. 306. In Sachsen spricht man von "Ortsstatuten" und "polizeilichen Regulativen"; Leuthold, Sächs. V.R. S. 78 Anm. 7. 15 F. F. Mayer, Grunds. des V.R. S. 295 zählt das irrtümlicherweise alles
noch unter die "Selbstgesetzgebung" der Gemeinde. Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung. gehörigen Autonomie obliegt, können zugleich staatliche Geschäftezur Besorgung übertragen sein, insbesondere auch ein dazu gehöriges Polizeiverordnungsrecht. Dann schaffen sie dem entsprechend neben einander Rechtssätze von zweierlei Art, die durch ihre rechtliche Natur und die Bedingungen ihrer Erzeugung getrennt sind14. — Wie in der Staatsverwaltung neben den Verordnungen noch all- Auſserdem giebt es aber hier auch noch eine zweite Art von Diese Ordnungen sind nun trotz des gleichen Namens, den sie Sie gehen aus von einer ganz entgegengesetzten Grundlage, die Der Verein, die Körperschaft gehören zunächst dem Civilrecht Wenn der Verein juristische Persönlichkeit erhält, zur Körper- 14 Der Gegensatz wird im Bayr. R. bezeichnet mit „Gemeindestatuten“ einer- seits und „ortspolizeilichen Vorschriften“ andererseits; Seydel, Bayr. St.R. III S. 41 ff.; Bl. f. adm. Pr. 1871 S. 306. In Sachsen spricht man von „Ortsstatuten“ und „polizeilichen Regulativen“; Leuthold, Sächs. V.R. S. 78 Anm. 7. 15 F. F. Mayer, Grunds. des V.R. S. 295 zählt das irrtümlicherweise alles
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Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
gehörigen Autonomie obliegt, können zugleich staatliche Geschäfte
zur Besorgung übertragen sein, insbesondere auch ein dazu gehöriges
Polizeiverordnungsrecht. Dann schaffen sie dem entsprechend neben
einander Rechtssätze von zweierlei Art, die durch ihre rechtliche
Natur und die Bedingungen ihrer Erzeugung getrennt sind 14. —
Wie in der Staatsverwaltung neben den Verordnungen noch all-
gemeine Anordnungen stehen, die davon zu scheiden waren, so auch
in der Selbstverwaltung neben diesen Akten der Selbstgesetzgebung.
Wir finden da zunächst wieder Verwaltungsvorschriften der nämlichen
Art wie dort: Dienstvorschriften für die Gemeindebeamten, Ordnungen
für die Benutzung gemeindlicher Anstalten u. s. w. Das hat keine
Schwierigkeiten 15.
Auſserdem giebt es aber hier auch noch eine zweite Art von
Statuten, die Vereins- oder Körperschaftsstatuten, ge-
gründet auf die genossenschaftliche Autonomie und ihrerseits gleich-
falls bindende Regeln enthaltend, die als Satzungen bezeichnet
werden.
Diese Ordnungen sind nun trotz des gleichen Namens, den sie
führen, von unserer Rechtsquelle wohl zu scheiden.
Sie gehen aus von einer ganz entgegengesetzten Grundlage, die
zum Teil noch auſserhalb des Gebietes des öffentlichen Rechtes liegt.
Der Verein, die Körperschaft gehören zunächst dem Civilrecht
an. Der Verein entsteht durch vertragsmäſsige Vereinigung
mehrerer Personen für einen gemeinsamen Zweck. Er hat seine
Statuten, welche die Verfassung, die Rechte und Pflichten seiner
Mitglieder bestimmen. Die Gesamtheit oder für sie die Vorstand-
schaft verfährt danach gegenüber den Einzelnen, wendet die
Vereinssatzungen auf sie an und entfaltet sie weiter durch neue
Satzungen. Darin besteht die Vereinsgewalt über die Mitglieder,
entsprechend einer durch die Mitgliedschaft begründeten rechtlichen
Bestimmbarkeit derselben innerhalb des Vertrags und des Vereinszweckes.
Wenn der Verein juristische Persönlichkeit erhält, zur Körper-
schaft wird, so ändert sich dadurch auch das innere Verhältnis in-
soweit, als die Mitgliedschaftsrechte und -Pflichten fortan der juri-
stischen Person gegenüber bestehen und jene Vereinsgewalt in ihrem
Namen gehandhabt wird.
14 Der Gegensatz wird im Bayr. R. bezeichnet mit „Gemeindestatuten“ einer-
seits und „ortspolizeilichen Vorschriften“ andererseits; Seydel, Bayr. St.R. III
S. 41 ff.; Bl. f. adm. Pr. 1871 S. 306. In Sachsen spricht man von „Ortsstatuten“
und „polizeilichen Regulativen“; Leuthold, Sächs. V.R. S. 78 Anm. 7.
15 F. F. Mayer, Grunds. des V.R. S. 295 zählt das irrtümlicherweise alles
noch unter die „Selbstgesetzgebung“ der Gemeinde.
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