Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.Das Düngerkapital und der Raubbau. Form von Phosphoriten, Guanolagern, Kalisalzen etc. angehäuft vor-finden, bestritten werden können, und selbst wenn wir uns alle jene Stoffe verbraucht denken, wird jedenfalls ein Theil des Wiederersatzes durch Fischguano und ähnliche dem Meere abgewonnenen Stoffe, deren Menge wir in Folge der Verschleppung unserer Düngestoffe in's Meer als unerschöpflich ansehen müssen, geleistet werden können. Gleichzeitig werden aber auch die menschlichen Excremente eine Preis- steigerung erfahren und in Folge davon werden sich Methoden, die- selben in appetitlicher Weise aufzufangen und dennoch der Landwirth- schaft zukommen zu lassen, mehr und mehr als rentabel erweisen. Kurz es wird eine Entwickelung eintreten, wie sie häufig für die Anwen- dung von Betriebskapitalien und Rohmaterialien bei einer jeden wirth- schaftlichen Produktion einzutreten pflegt, wenn die äußern Verhält- nisse des Zuflusses jener Produktionsfaktoren Abänderungen erleiden. Jene Träumereien aber über die entsetzlichen Folgen12) des 12) Es ist bekanntlich (Dr. J. Conrad, Liebigs Ansicht von der Bo-
denerschöpfung etc. 1864) gänzlich unerwiesen und vielfach thatsächlich un- wahr, daß Länder, in denen Jahrhunderte lang eine hohe Kultur geherrscht hat und in denen Betriebsmethoden mit sehr mangelhaftem Wiederersatz angewandt wurden, hierdurch in einem Grade unfruchtbar geworden sind, daß sich der Untergang der jene Länder bewohnenden Völker auch nur entfernt auf diese Ursachen zurückführen ließe, obgleich dies mit eben so viel Genialität und Umsicht, als Unbekanntschaft mit historischen That- sachen behauptet worden ist. Man braucht, um dieser Anschauung ent- gegenzutreten, durchaus nicht zu verkennen, daß sogenannte materielle Ur- sachen mittelbarer oder unmittelbarer die gesammte Entwickelung der Nationen beherrschen, daß jedes Volk und jedes Jndividuum das Produkt der auf dasselbe wirkenden physischen Faktoren ist. Aber ein vergebliches Streben wird es bleiben, die ganze Kulturgeschichte mit so gar wenig Fak- toren aufzubauen. Das Düngerkapital und der Raubbau. Form von Phosphoriten, Guanolagern, Kaliſalzen ꝛc. angehäuft vor-finden, beſtritten werden können, und ſelbſt wenn wir uns alle jene Stoffe verbraucht denken, wird jedenfalls ein Theil des Wiedererſatzes durch Fiſchguano und ähnliche dem Meere abgewonnenen Stoffe, deren Menge wir in Folge der Verſchleppung unſerer Düngeſtoffe in’s Meer als unerſchöpflich anſehen müſſen, geleiſtet werden können. Gleichzeitig werden aber auch die menſchlichen Excremente eine Preis- ſteigerung erfahren und in Folge davon werden ſich Methoden, die- ſelben in appetitlicher Weiſe aufzufangen und dennoch der Landwirth- ſchaft zukommen zu laſſen, mehr und mehr als rentabel erweiſen. Kurz es wird eine Entwickelung eintreten, wie ſie häufig für die Anwen- dung von Betriebskapitalien und Rohmaterialien bei einer jeden wirth- ſchaftlichen Produktion einzutreten pflegt, wenn die äußern Verhält- niſſe des Zufluſſes jener Produktionsfaktoren Abänderungen erleiden. Jene Träumereien aber über die entſetzlichen Folgen12) des 12) Es iſt bekanntlich (Dr. J. Conrad, Liebigs Anſicht von der Bo-
denerſchöpfung ꝛc. 1864) gänzlich unerwieſen und vielfach thatſächlich un- wahr, daß Länder, in denen Jahrhunderte lang eine hohe Kultur geherrſcht hat und in denen Betriebsmethoden mit ſehr mangelhaftem Wiedererſatz angewandt wurden, hierdurch in einem Grade unfruchtbar geworden ſind, daß ſich der Untergang der jene Länder bewohnenden Völker auch nur entfernt auf dieſe Urſachen zurückführen ließe, obgleich dies mit eben ſo viel Genialität und Umſicht, als Unbekanntſchaft mit hiſtoriſchen That- ſachen behauptet worden iſt. Man braucht, um dieſer Anſchauung ent- gegenzutreten, durchaus nicht zu verkennen, daß ſogenannte materielle Ur- ſachen mittelbarer oder unmittelbarer die geſammte Entwickelung der Nationen beherrſchen, daß jedes Volk und jedes Jndividuum das Produkt der auf dasſelbe wirkenden phyſiſchen Faktoren iſt. Aber ein vergebliches Streben wird es bleiben, die ganze Kulturgeſchichte mit ſo gar wenig Fak- toren aufzubauen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0082" n="72"/><fw place="top" type="header">Das Düngerkapital und der Raubbau.</fw><lb/> Form von Phosphoriten, Guanolagern, Kaliſalzen ꝛc. angehäuft vor-<lb/> finden, beſtritten werden können, und ſelbſt wenn wir uns alle jene<lb/> Stoffe verbraucht denken, wird jedenfalls ein Theil des Wiedererſatzes<lb/> durch Fiſchguano und ähnliche dem Meere abgewonnenen Stoffe,<lb/> deren Menge wir in Folge der Verſchleppung unſerer Düngeſtoffe<lb/> in’s Meer als unerſchöpflich anſehen müſſen, geleiſtet werden können.<lb/> Gleichzeitig werden aber auch die menſchlichen Excremente eine Preis-<lb/> ſteigerung erfahren und in Folge davon werden ſich Methoden, die-<lb/> ſelben in appetitlicher Weiſe aufzufangen und dennoch der Landwirth-<lb/> ſchaft zukommen zu laſſen, mehr und mehr als rentabel erweiſen. Kurz<lb/> es wird eine Entwickelung eintreten, wie ſie häufig für die Anwen-<lb/> dung von Betriebskapitalien und Rohmaterialien bei einer jeden wirth-<lb/> ſchaftlichen Produktion einzutreten pflegt, wenn die äußern Verhält-<lb/> niſſe des Zufluſſes jener Produktionsfaktoren Abänderungen erleiden.</p><lb/> <p>Jene Träumereien aber über die entſetzlichen Folgen<note place="foot" n="12)">Es iſt bekanntlich (<hi rendition="#aq">Dr.</hi> J. Conrad, Liebigs Anſicht von der Bo-<lb/> denerſchöpfung ꝛc. 1864) gänzlich unerwieſen und vielfach thatſächlich un-<lb/> wahr, daß Länder, in denen Jahrhunderte lang eine hohe Kultur geherrſcht<lb/> hat und in denen Betriebsmethoden mit ſehr mangelhaftem Wiedererſatz<lb/> angewandt wurden, hierdurch in einem Grade unfruchtbar geworden ſind,<lb/> daß ſich der Untergang der jene Länder bewohnenden Völker auch nur<lb/> entfernt auf dieſe Urſachen zurückführen ließe, obgleich dies mit eben ſo<lb/> viel Genialität und Umſicht, als Unbekanntſchaft mit hiſtoriſchen That-<lb/> ſachen behauptet worden iſt. Man braucht, um dieſer Anſchauung ent-<lb/> gegenzutreten, durchaus nicht zu verkennen, daß ſogenannte materielle Ur-<lb/> ſachen mittelbarer oder unmittelbarer die geſammte Entwickelung der<lb/> Nationen beherrſchen, daß jedes Volk und jedes Jndividuum das Produkt<lb/> der auf dasſelbe wirkenden phyſiſchen Faktoren iſt. Aber ein vergebliches<lb/> Streben wird es bleiben, die ganze Kulturgeſchichte mit ſo gar wenig Fak-<lb/> toren aufzubauen.</note> des<lb/> Raubbaus werden ohne dauernden Einfluß auf unſere Methoden<lb/> der Düngung bleiben.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [72/0082]
Das Düngerkapital und der Raubbau.
Form von Phosphoriten, Guanolagern, Kaliſalzen ꝛc. angehäuft vor-
finden, beſtritten werden können, und ſelbſt wenn wir uns alle jene
Stoffe verbraucht denken, wird jedenfalls ein Theil des Wiedererſatzes
durch Fiſchguano und ähnliche dem Meere abgewonnenen Stoffe,
deren Menge wir in Folge der Verſchleppung unſerer Düngeſtoffe
in’s Meer als unerſchöpflich anſehen müſſen, geleiſtet werden können.
Gleichzeitig werden aber auch die menſchlichen Excremente eine Preis-
ſteigerung erfahren und in Folge davon werden ſich Methoden, die-
ſelben in appetitlicher Weiſe aufzufangen und dennoch der Landwirth-
ſchaft zukommen zu laſſen, mehr und mehr als rentabel erweiſen. Kurz
es wird eine Entwickelung eintreten, wie ſie häufig für die Anwen-
dung von Betriebskapitalien und Rohmaterialien bei einer jeden wirth-
ſchaftlichen Produktion einzutreten pflegt, wenn die äußern Verhält-
niſſe des Zufluſſes jener Produktionsfaktoren Abänderungen erleiden.
Jene Träumereien aber über die entſetzlichen Folgen 12) des
Raubbaus werden ohne dauernden Einfluß auf unſere Methoden
der Düngung bleiben.
12) Es iſt bekanntlich (Dr. J. Conrad, Liebigs Anſicht von der Bo-
denerſchöpfung ꝛc. 1864) gänzlich unerwieſen und vielfach thatſächlich un-
wahr, daß Länder, in denen Jahrhunderte lang eine hohe Kultur geherrſcht
hat und in denen Betriebsmethoden mit ſehr mangelhaftem Wiedererſatz
angewandt wurden, hierdurch in einem Grade unfruchtbar geworden ſind,
daß ſich der Untergang der jene Länder bewohnenden Völker auch nur
entfernt auf dieſe Urſachen zurückführen ließe, obgleich dies mit eben ſo
viel Genialität und Umſicht, als Unbekanntſchaft mit hiſtoriſchen That-
ſachen behauptet worden iſt. Man braucht, um dieſer Anſchauung ent-
gegenzutreten, durchaus nicht zu verkennen, daß ſogenannte materielle Ur-
ſachen mittelbarer oder unmittelbarer die geſammte Entwickelung der
Nationen beherrſchen, daß jedes Volk und jedes Jndividuum das Produkt
der auf dasſelbe wirkenden phyſiſchen Faktoren iſt. Aber ein vergebliches
Streben wird es bleiben, die ganze Kulturgeſchichte mit ſo gar wenig Fak-
toren aufzubauen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |