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Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.

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Das Düngerkapital.
müßte denn läugnen, daß die landwirthschaftliche Produktion den
allgemeinen Produktionsgesetzen unterworfen sei.

Wir können keinenfalls an dem ausgesprochenen Satze zweifeln,
daß der Wiederersatz unter den bezeichneten Umständen bis zu
der Zeit, wo der bestehende Grad der Sättigung des
Bodens mit Düngerkapital der wirthschaftlich richtige
ist,
ein jährliches Opfer von einer gewissen allerdings stetig ab-
nehmenden Menge von Kapital sein würde.

Es ist also nicht schwer einzusehen, daß die Erhaltung des
Düngerkapitals für einen Acker oder ein ganzes Land, für das
die natürliche Tendenz der Fortwanderung dieses Kapitals besteht,
nicht kostenlos geschehen kann, daß Vorkehrungen, die jene Erhal-
tung bezwecken, nothwendig zur Folge haben, daß mit verhältniß-
mäßig größerem Aufwand verhältnißmäßig weniger producirt
wird, d. h. also theuerer producirt wird, daß sie also mit Ver-
theuerung der Lebensmittel, mit ähnlichen Uebelständen für die
Gegenwart verbunden sein würde, wie man sie für die Zukunft
eben durch diese Maßregeln verhüten wollte. Offenbar kann also
nur die gewisse Voraussicht, daß die für die Zukunft zu vermei-
denden Kalamitäten schlimmerer Natur sein würden, als die frei-
willig von der gerade lebenden Generation zu übernehmenden, diese
dazu überreden, das geforderte Opfer zu tragen.

Wir unterdrücken hier gänzlich die naheliegenden Betrachtungen,
ob eine Nation selbst in diesem Falle zu derartigen Opfern sich
entschließen würde, da die Concurrenz jeden Einzelnen zwingt, mög-
lichst billig zu produciren, und Vorschriften von Seiten des Staats
doch geradezu unerträglich wären.21) Wir wollen hierauf nicht näher

21) Es müßte sich in einem solchen Falle eben ein ähnliches Verhält-
niß ergeben, wie bei der Staatsfürsorge für die Erhaltung der Wälder,
die in vielen Fällen als ein Opfer der Gegenwart für die Zukunft auf-

Das Düngerkapital.
müßte denn läugnen, daß die landwirthſchaftliche Produktion den
allgemeinen Produktionsgeſetzen unterworfen ſei.

Wir können keinenfalls an dem ausgeſprochenen Satze zweifeln,
daß der Wiedererſatz unter den bezeichneten Umſtänden bis zu
der Zeit, wo der beſtehende Grad der Sättigung des
Bodens mit Düngerkapital der wirthſchaftlich richtige
iſt,
ein jährliches Opfer von einer gewiſſen allerdings ſtetig ab-
nehmenden Menge von Kapital ſein würde.

Es iſt alſo nicht ſchwer einzuſehen, daß die Erhaltung des
Düngerkapitals für einen Acker oder ein ganzes Land, für das
die natürliche Tendenz der Fortwanderung dieſes Kapitals beſteht,
nicht koſtenlos geſchehen kann, daß Vorkehrungen, die jene Erhal-
tung bezwecken, nothwendig zur Folge haben, daß mit verhältniß-
mäßig größerem Aufwand verhältnißmäßig weniger producirt
wird, d. h. alſo theuerer producirt wird, daß ſie alſo mit Ver-
theuerung der Lebensmittel, mit ähnlichen Uebelſtänden für die
Gegenwart verbunden ſein würde, wie man ſie für die Zukunft
eben durch dieſe Maßregeln verhüten wollte. Offenbar kann alſo
nur die gewiſſe Vorausſicht, daß die für die Zukunft zu vermei-
denden Kalamitäten ſchlimmerer Natur ſein würden, als die frei-
willig von der gerade lebenden Generation zu übernehmenden, dieſe
dazu überreden, das geforderte Opfer zu tragen.

Wir unterdrücken hier gänzlich die naheliegenden Betrachtungen,
ob eine Nation ſelbſt in dieſem Falle zu derartigen Opfern ſich
entſchließen würde, da die Concurrenz jeden Einzelnen zwingt, mög-
lichſt billig zu produciren, und Vorſchriften von Seiten des Staats
doch geradezu unerträglich wären.21) Wir wollen hierauf nicht näher

21) Es müßte ſich in einem ſolchen Falle eben ein ähnliches Verhält-
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[53/0063] Das Düngerkapital. müßte denn läugnen, daß die landwirthſchaftliche Produktion den allgemeinen Produktionsgeſetzen unterworfen ſei. Wir können keinenfalls an dem ausgeſprochenen Satze zweifeln, daß der Wiedererſatz unter den bezeichneten Umſtänden bis zu der Zeit, wo der beſtehende Grad der Sättigung des Bodens mit Düngerkapital der wirthſchaftlich richtige iſt, ein jährliches Opfer von einer gewiſſen allerdings ſtetig ab- nehmenden Menge von Kapital ſein würde. Es iſt alſo nicht ſchwer einzuſehen, daß die Erhaltung des Düngerkapitals für einen Acker oder ein ganzes Land, für das die natürliche Tendenz der Fortwanderung dieſes Kapitals beſteht, nicht koſtenlos geſchehen kann, daß Vorkehrungen, die jene Erhal- tung bezwecken, nothwendig zur Folge haben, daß mit verhältniß- mäßig größerem Aufwand verhältnißmäßig weniger producirt wird, d. h. alſo theuerer producirt wird, daß ſie alſo mit Ver- theuerung der Lebensmittel, mit ähnlichen Uebelſtänden für die Gegenwart verbunden ſein würde, wie man ſie für die Zukunft eben durch dieſe Maßregeln verhüten wollte. Offenbar kann alſo nur die gewiſſe Vorausſicht, daß die für die Zukunft zu vermei- denden Kalamitäten ſchlimmerer Natur ſein würden, als die frei- willig von der gerade lebenden Generation zu übernehmenden, dieſe dazu überreden, das geforderte Opfer zu tragen. Wir unterdrücken hier gänzlich die naheliegenden Betrachtungen, ob eine Nation ſelbſt in dieſem Falle zu derartigen Opfern ſich entſchließen würde, da die Concurrenz jeden Einzelnen zwingt, mög- lichſt billig zu produciren, und Vorſchriften von Seiten des Staats doch geradezu unerträglich wären. 21) Wir wollen hierauf nicht näher 21) Es müßte ſich in einem ſolchen Falle eben ein ähnliches Verhält- niß ergeben, wie bei der Staatsfürſorge für die Erhaltung der Wälder, die in vielen Fällen als ein Opfer der Gegenwart für die Zukunft auf-

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_duengerkapital_1869/63>, abgerufen am 21.11.2024.