XIII. Nie verlangt man übrigens in der Differenzialrechnung auch etwas anders, als sol- che Annäherungs- oder Gränzverhält- nisse zwischen D y und D x, was auch y für eine Function von x seyn mag. Man beküm- mert sich weder darum, wie groß die Differenzen, oder Differenzialien, an und für sich selbst sind, noch auch wie viel das Gränzverhältniß von dem wahren unterschieden ist, wenn nur beyde Ver- hältnisse einander so nahe kommen, daß sich der Unterschied über jede denkbare Gränze vermin- dern läst.
XIV. Andere haben den Begriff des unend- lich Kleinen in der Differenzialrechnung, so wie überhaupt in der höhern Analysis, ganz zu ver- meiden gesucht, und das Geschäft der Differen- zialrechnung bloß darin gesetzt, in einer vollstän- digen Differenzengleichung, wie z. B. D y = 2 a x . D x + a (D x)2. (III.) oder allgemeiner D y = P . D x + Q (D x)2 + R (D x)3 u. s. w. (wo P, Q, R etc. wiedet oesondere Functionen von x bedeuten), diese Functionen selbst, aus der für y angegebenen primitiven, auf eine leichte Art zu fin- den oder abzuleiten, ohne den directen Weg wie
(III,)
E 2
Differenzialrechnung.
XIII. Nie verlangt man uͤbrigens in der Differenzialrechnung auch etwas anders, als ſol- che Annaͤherungs- oder Graͤnzverhaͤlt- niſſe zwiſchen Δ y und Δ x, was auch y fuͤr eine Function von x ſeyn mag. Man bekuͤm- mert ſich weder darum, wie groß die Differenzen, oder Differenzialien, an und fuͤr ſich ſelbſt ſind, noch auch wie viel das Graͤnzverhaͤltniß von dem wahren unterſchieden iſt, wenn nur beyde Ver- haͤltniſſe einander ſo nahe kommen, daß ſich der Unterſchied uͤber jede denkbare Graͤnze vermin- dern laͤſt.
XIV. Andere haben den Begriff des unend- lich Kleinen in der Differenzialrechnung, ſo wie uͤberhaupt in der hoͤhern Analyſis, ganz zu ver- meiden geſucht, und das Geſchaͤft der Differen- zialrechnung bloß darin geſetzt, in einer vollſtaͤn- digen Differenzengleichung, wie z. B. Δ y = 2 a x . Δ x + a (Δ x)2. (III.) oder allgemeiner Δ y = P . Δ x + Q (Δ x)2 + R (Δ x)3 u. ſ. w. (wo P, Q, R ꝛc. wiedet oeſondere Functionen von x bedeuten), dieſe Functionen ſelbſt, aus der fuͤr y angegebenen primitiven, auf eine leichte Art zu fin- den oder abzuleiten, ohne den directen Weg wie
(III,)
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0085"n="67"/><fwplace="top"type="header">Differenzialrechnung.</fw><lb/><p><hirendition="#aq">XIII.</hi> Nie verlangt man uͤbrigens in der<lb/>
Differenzialrechnung auch etwas anders, als ſol-<lb/>
che <hirendition="#g">Annaͤherungs-</hi> oder <hirendition="#g">Graͤnzverhaͤlt-<lb/>
niſſe</hi> zwiſchen <hirendition="#aq">Δ y</hi> und <hirendition="#aq">Δ x</hi>, was auch <hirendition="#aq">y</hi> fuͤr<lb/>
eine Function von <hirendition="#aq">x</hi>ſeyn mag. Man bekuͤm-<lb/>
mert ſich weder darum, wie groß die Differenzen,<lb/>
oder Differenzialien, an und fuͤr ſich ſelbſt ſind,<lb/>
noch auch wie viel das Graͤnzverhaͤltniß von dem<lb/>
wahren unterſchieden iſt, wenn nur beyde Ver-<lb/>
haͤltniſſe einander ſo nahe kommen, daß ſich der<lb/>
Unterſchied uͤber jede denkbare Graͤnze vermin-<lb/>
dern laͤſt.</p><lb/><p><hirendition="#aq">XIV.</hi> Andere haben den Begriff des unend-<lb/>
lich Kleinen in der Differenzialrechnung, ſo wie<lb/>
uͤberhaupt in der hoͤhern Analyſis, ganz zu ver-<lb/>
meiden geſucht, und das Geſchaͤft der Differen-<lb/>
zialrechnung bloß darin geſetzt, in einer vollſtaͤn-<lb/>
digen Differenzengleichung, wie z. B.<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#aq">Δ y = 2 a x . Δ x + a (Δ x)<hirendition="#sup">2</hi>. (III.)</hi></hi><lb/>
oder allgemeiner<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#aq">Δ y = P . Δ x + Q (Δ x)<hirendition="#sup">2</hi> + R (Δ x)</hi><hirendition="#sup">3</hi> u. ſ. w.</hi><lb/>
(wo <hirendition="#aq">P, Q, R</hi>ꝛc. wiedet oeſondere Functionen von<lb/><hirendition="#aq">x</hi> bedeuten), dieſe Functionen ſelbſt, aus der fuͤr <hirendition="#aq">y</hi><lb/>
angegebenen primitiven, auf eine leichte Art zu fin-<lb/>
den oder abzuleiten, ohne den directen Weg wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">(<hirendition="#aq">III,</hi>)</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[67/0085]
Differenzialrechnung.
XIII. Nie verlangt man uͤbrigens in der
Differenzialrechnung auch etwas anders, als ſol-
che Annaͤherungs- oder Graͤnzverhaͤlt-
niſſe zwiſchen Δ y und Δ x, was auch y fuͤr
eine Function von x ſeyn mag. Man bekuͤm-
mert ſich weder darum, wie groß die Differenzen,
oder Differenzialien, an und fuͤr ſich ſelbſt ſind,
noch auch wie viel das Graͤnzverhaͤltniß von dem
wahren unterſchieden iſt, wenn nur beyde Ver-
haͤltniſſe einander ſo nahe kommen, daß ſich der
Unterſchied uͤber jede denkbare Graͤnze vermin-
dern laͤſt.
XIV. Andere haben den Begriff des unend-
lich Kleinen in der Differenzialrechnung, ſo wie
uͤberhaupt in der hoͤhern Analyſis, ganz zu ver-
meiden geſucht, und das Geſchaͤft der Differen-
zialrechnung bloß darin geſetzt, in einer vollſtaͤn-
digen Differenzengleichung, wie z. B.
Δ y = 2 a x . Δ x + a (Δ x)2. (III.)
oder allgemeiner
Δ y = P . Δ x + Q (Δ x)2 + R (Δ x)3 u. ſ. w.
(wo P, Q, R ꝛc. wiedet oeſondere Functionen von
x bedeuten), dieſe Functionen ſelbſt, aus der fuͤr y
angegebenen primitiven, auf eine leichte Art zu fin-
den oder abzuleiten, ohne den directen Weg wie
(III,)
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/85>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.