Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

unmöglich; aber als ich von unserm Hunde sprach, be-
kamen sie Hoffnung. Es wurde nun noch eine letzte Ge-
sandtschaft fortgeschickt, mit der ich gehen sollte. Die
Berwari zeigten sich einverstanden, daß beide Teile bis
morgen mittag auseinander bleiben sollten; bist du dann
noch nicht wieder da, so geht der Kampf los."

"Nun, und du?"

"Wir gingen mit dem Hunde an die Stelle, wo das
Pferd liegt. Dojan fand sofort deine Fährte und zog
mich fort bis an den Fluß. Es war klar, daß du über
das Wasser hinübergeschafft worden warest. Die andern
meinten, ich solle erst nach Lizan zurück, um über die
Brücke an das andere Ufer zu kommen; ich aber hatte
keine Zeit dazu, denn der Abend war schon nahe. Ich
zog mich aus, wickelte meine Kleider um den Kopf, legte
die Waffen darauf und ging mit dem Hunde allein hinüber."

"Fandet ihr die Spur sofort?"

"Ja, Sihdi. Wir folgten ihr, nachdem ich mich wieder
angekleidet hatte -- und da sind wir nun, Effendi!"

"Halef, das werde ich dir nicht vergessen!"

"Schweig, Herr! Du hättest ganz dasselbe und auch
noch mehr für mich gethan!"

"Was sagte der Engländer?"

"Man versteht seine Sprache nicht, aber er ist ganz
wütend herumgelaufen und hat ein Gesicht gemacht, wie
ein Panther, wenn er gefangen ist."

"Weiß Nedschir-Bey, daß du mich suchst und den
Hund bei dir hast?"

"Nein. Er war schon vorher wieder fort."

"Sind dir hier Leute begegnet?"

"Niemand. Der Hund führte mich durch eine Gegend,
wo kein Mensch zu gehen scheint."

"Wo befindet sich mein Rappe?"

unmöglich; aber als ich von unſerm Hunde ſprach, be-
kamen ſie Hoffnung. Es wurde nun noch eine letzte Ge-
ſandtſchaft fortgeſchickt, mit der ich gehen ſollte. Die
Berwari zeigten ſich einverſtanden, daß beide Teile bis
morgen mittag auseinander bleiben ſollten; biſt du dann
noch nicht wieder da, ſo geht der Kampf los.“

„Nun, und du?“

„Wir gingen mit dem Hunde an die Stelle, wo das
Pferd liegt. Dojan fand ſofort deine Fährte und zog
mich fort bis an den Fluß. Es war klar, daß du über
das Waſſer hinübergeſchafft worden wareſt. Die andern
meinten, ich ſolle erſt nach Lizan zurück, um über die
Brücke an das andere Ufer zu kommen; ich aber hatte
keine Zeit dazu, denn der Abend war ſchon nahe. Ich
zog mich aus, wickelte meine Kleider um den Kopf, legte
die Waffen darauf und ging mit dem Hunde allein hinüber.“

„Fandet ihr die Spur ſofort?“

„Ja, Sihdi. Wir folgten ihr, nachdem ich mich wieder
angekleidet hatte — und da ſind wir nun, Effendi!“

„Halef, das werde ich dir nicht vergeſſen!“

„Schweig, Herr! Du hätteſt ganz dasſelbe und auch
noch mehr für mich gethan!“

„Was ſagte der Engländer?“

„Man verſteht ſeine Sprache nicht, aber er iſt ganz
wütend herumgelaufen und hat ein Geſicht gemacht, wie
ein Panther, wenn er gefangen iſt.“

„Weiß Nedſchir-Bey, daß du mich ſuchſt und den
Hund bei dir haſt?“

„Nein. Er war ſchon vorher wieder fort.“

„Sind dir hier Leute begegnet?“

„Niemand. Der Hund führte mich durch eine Gegend,
wo kein Menſch zu gehen ſcheint.“

„Wo befindet ſich mein Rappe?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0595" n="581"/>
unmöglich; aber als ich von un&#x017F;erm Hunde &#x017F;prach, be-<lb/>
kamen &#x017F;ie Hoffnung. Es wurde nun noch eine letzte Ge-<lb/>
&#x017F;andt&#x017F;chaft fortge&#x017F;chickt, mit der ich gehen &#x017F;ollte. Die<lb/>
Berwari zeigten &#x017F;ich einver&#x017F;tanden, daß beide Teile bis<lb/>
morgen mittag auseinander bleiben &#x017F;ollten; bi&#x017F;t du dann<lb/>
noch nicht wieder da, &#x017F;o geht der Kampf los.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, und du?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir gingen mit dem Hunde an die Stelle, wo das<lb/>
Pferd liegt. Dojan fand &#x017F;ofort deine Fährte und zog<lb/>
mich fort bis an den Fluß. Es war klar, daß du über<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er hinüberge&#x017F;chafft worden ware&#x017F;t. Die andern<lb/>
meinten, ich &#x017F;olle er&#x017F;t nach Lizan zurück, um über die<lb/>
Brücke an das andere Ufer zu kommen; ich aber hatte<lb/>
keine Zeit dazu, denn der Abend war &#x017F;chon nahe. Ich<lb/>
zog mich aus, wickelte meine Kleider um den Kopf, legte<lb/>
die Waffen darauf und ging mit dem Hunde allein hinüber.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Fandet ihr die Spur &#x017F;ofort?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, Sihdi. Wir folgten ihr, nachdem ich mich wieder<lb/>
angekleidet hatte &#x2014; und da &#x017F;ind wir nun, Effendi!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Halef, das werde ich dir nicht verge&#x017F;&#x017F;en!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Schweig, Herr! Du hätte&#x017F;t ganz das&#x017F;elbe und auch<lb/>
noch mehr für mich gethan!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was &#x017F;agte der Engländer?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Man ver&#x017F;teht &#x017F;eine Sprache nicht, aber er i&#x017F;t ganz<lb/>
wütend herumgelaufen und hat ein Ge&#x017F;icht gemacht, wie<lb/>
ein Panther, wenn er gefangen i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Weiß Ned&#x017F;chir-Bey, daß du mich &#x017F;uch&#x017F;t und den<lb/>
Hund bei dir ha&#x017F;t?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein. Er war &#x017F;chon vorher wieder fort.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sind dir hier Leute begegnet?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Niemand. Der Hund führte mich durch eine Gegend,<lb/>
wo kein Men&#x017F;ch zu gehen &#x017F;cheint.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo befindet &#x017F;ich mein Rappe?&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[581/0595] unmöglich; aber als ich von unſerm Hunde ſprach, be- kamen ſie Hoffnung. Es wurde nun noch eine letzte Ge- ſandtſchaft fortgeſchickt, mit der ich gehen ſollte. Die Berwari zeigten ſich einverſtanden, daß beide Teile bis morgen mittag auseinander bleiben ſollten; biſt du dann noch nicht wieder da, ſo geht der Kampf los.“ „Nun, und du?“ „Wir gingen mit dem Hunde an die Stelle, wo das Pferd liegt. Dojan fand ſofort deine Fährte und zog mich fort bis an den Fluß. Es war klar, daß du über das Waſſer hinübergeſchafft worden wareſt. Die andern meinten, ich ſolle erſt nach Lizan zurück, um über die Brücke an das andere Ufer zu kommen; ich aber hatte keine Zeit dazu, denn der Abend war ſchon nahe. Ich zog mich aus, wickelte meine Kleider um den Kopf, legte die Waffen darauf und ging mit dem Hunde allein hinüber.“ „Fandet ihr die Spur ſofort?“ „Ja, Sihdi. Wir folgten ihr, nachdem ich mich wieder angekleidet hatte — und da ſind wir nun, Effendi!“ „Halef, das werde ich dir nicht vergeſſen!“ „Schweig, Herr! Du hätteſt ganz dasſelbe und auch noch mehr für mich gethan!“ „Was ſagte der Engländer?“ „Man verſteht ſeine Sprache nicht, aber er iſt ganz wütend herumgelaufen und hat ein Geſicht gemacht, wie ein Panther, wenn er gefangen iſt.“ „Weiß Nedſchir-Bey, daß du mich ſuchſt und den Hund bei dir haſt?“ „Nein. Er war ſchon vorher wieder fort.“ „Sind dir hier Leute begegnet?“ „Niemand. Der Hund führte mich durch eine Gegend, wo kein Menſch zu gehen ſcheint.“ „Wo befindet ſich mein Rappe?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/595
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/595>, abgerufen am 26.11.2024.