und wenn man zu ihm emporblickte, vermochte man bereits die einzelnen Aeste der Bäume zu unterscheiden. Droben an der gegenüberliegenden Thalwand verhallten die Huf- schläge von Ali Beys Pferd. Ich war nun, da auch mein Dolmetscher mich verlassen mußte, mit den beiden Dienern ganz allein in jenem viel besprochenen Thale eines geheim- nisvollen und auch jetzt mir immer noch rätselhaften Kul- tus. Allein? Ganz allein? War es wirklich so, oder hörte ich nicht Schritte dort in dem kleinen, El Schems geweihten Hause?
Eine lange, weiße Gestalt trat hervor und blickte sich um. Da sah sie mich und kam auf mich zu. Ein langer, schwarzer Bart hing ihr über die Brust herab, während das Haupthaar schneeweiß über den Rücken wallte. Es war Pir Kamek; ich erkannte ihn jetzt.
"Du noch hier?" fragte er, als er vor mir stand, mit beinahe harter Stimme. "Wann folgest du den andern nach?"
"Ich bleibe hier."
"Du bleibst? Warum?"
"Weil ich euch hier mehr nützen kann, als auf andere Weise."
"Das ist möglich, Emir; aber dennoch solltest du gehen!"
"Ich richte dieselbe Frage an dich: Wann gehest du den andern nach?"
"Ich bleibe!"
"Warum?"
"Hast du dort den Scheiterhaufen nicht gesehen?" antwortete er finster. "Er hält mich zurück."
"Warum er?"
"Weil es nun an der Zeit ist, das Opfer zu bringen, wegen dessen ich ihn errichten ließ."
"Die Türken werden dich ja stören!"
und wenn man zu ihm emporblickte, vermochte man bereits die einzelnen Aeſte der Bäume zu unterſcheiden. Droben an der gegenüberliegenden Thalwand verhallten die Huf- ſchläge von Ali Beys Pferd. Ich war nun, da auch mein Dolmetſcher mich verlaſſen mußte, mit den beiden Dienern ganz allein in jenem viel beſprochenen Thale eines geheim- nisvollen und auch jetzt mir immer noch rätſelhaften Kul- tus. Allein? Ganz allein? War es wirklich ſo, oder hörte ich nicht Schritte dort in dem kleinen, El Schems geweihten Hauſe?
Eine lange, weiße Geſtalt trat hervor und blickte ſich um. Da ſah ſie mich und kam auf mich zu. Ein langer, ſchwarzer Bart hing ihr über die Bruſt herab, während das Haupthaar ſchneeweiß über den Rücken wallte. Es war Pir Kamek; ich erkannte ihn jetzt.
„Du noch hier?“ fragte er, als er vor mir ſtand, mit beinahe harter Stimme. „Wann folgeſt du den andern nach?“
„Ich bleibe hier.“
„Du bleibſt? Warum?“
„Weil ich euch hier mehr nützen kann, als auf andere Weiſe.“
„Das iſt möglich, Emir; aber dennoch ſollteſt du gehen!“
„Ich richte dieſelbe Frage an dich: Wann geheſt du den andern nach?“
„Ich bleibe!“
„Warum?“
„Haſt du dort den Scheiterhaufen nicht geſehen?“ antwortete er finſter. „Er hält mich zurück.“
„Warum er?“
„Weil es nun an der Zeit iſt, das Opfer zu bringen, wegen deſſen ich ihn errichten ließ.“
„Die Türken werden dich ja ſtören!“
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und wenn man zu ihm emporblickte, vermochte man bereits
die einzelnen Aeſte der Bäume zu unterſcheiden. Droben
an der gegenüberliegenden Thalwand verhallten die Huf-
ſchläge von Ali Beys Pferd. Ich war nun, da auch mein
Dolmetſcher mich verlaſſen mußte, mit den beiden Dienern
ganz allein in jenem viel beſprochenen Thale eines geheim-
nisvollen und auch jetzt mir immer noch rätſelhaften Kul-
tus. Allein? Ganz allein? War es wirklich ſo, oder
hörte ich nicht Schritte dort in dem kleinen, El Schems
geweihten Hauſe?
Eine lange, weiße Geſtalt trat hervor und blickte ſich
um. Da ſah ſie mich und kam auf mich zu. Ein langer,
ſchwarzer Bart hing ihr über die Bruſt herab, während
das Haupthaar ſchneeweiß über den Rücken wallte. Es
war Pir Kamek; ich erkannte ihn jetzt.
„Du noch hier?“ fragte er, als er vor mir ſtand, mit
beinahe harter Stimme. „Wann folgeſt du den andern nach?“
„Ich bleibe hier.“
„Du bleibſt? Warum?“
„Weil ich euch hier mehr nützen kann, als auf andere
Weiſe.“
„Das iſt möglich, Emir; aber dennoch ſollteſt du
gehen!“
„Ich richte dieſelbe Frage an dich: Wann geheſt du
den andern nach?“
„Ich bleibe!“
„Warum?“
„Haſt du dort den Scheiterhaufen nicht geſehen?“
antwortete er finſter. „Er hält mich zurück.“
„Warum er?“
„Weil es nun an der Zeit iſt, das Opfer zu bringen,
wegen deſſen ich ihn errichten ließ.“
„Die Türken werden dich ja ſtören!“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/55>, abgerufen am 23.12.2024.
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