ich des Bey sicher bin und auch dich zugleich wieder haben wollte. Diese wenigen Männer kamen mit mir; die an- dern aber haben sich geteilt und werden die Flüchtlinge sehr bald in ihre Gewalt bekommen."
"Sie werden sich wehren!" warf ich ein.
"Sie haben keine Waffen."
"Sie werden zu Fuße durch den Wald entkommen!"
"Der Bey ist zu stolz, ein Pferd zu verlassen, welches noch laufen kann! Du hast umsonst dich in Gefahr be- geben und umsonst unsere Tiere getötet und verwundet. Komm!"
Wir machten denselben Weg wieder zurück, den wir gekommen waren. Da, wo ich aus dem Hauptteile in die Seitenschlucht eingelenkt hatte, hielten einige Reiter.
"Wie ging es?" fragte sie der Melek.
"Wir haben nicht alle wieder."
"Wen habt ihr?"
"Den Bey, den Haddedihn, den Diener dieses Chodih und noch zwei Kurden."
"Das ist genug. Haben sie sich gewehrt?"
"Nein. Es hätte ihnen nichts geholfen, denn sie wurden umzingelt; aber einige der Kurden entschlüpften in die Büsche."
"Wir haben den Anführer, und das ist genug!"
Nun kehrten wir nach dem Orte zurück, an welchem ich die Gefangenen zuerst getroffen hatte. Wunderbar war es mir, daß man den Engländer nicht erwischt hatte. Wie war er entkommen, und wohin hatte er sich gewen- det? Er verstand kein Kurdisch. Was mußte da aus ihm werden!
Als wir den Lagerplatz erreichten, saßen die Gefange- nen bereits wieder an ihrem vorigen Platze, waren aber jetzt gebunden.
ich des Bey ſicher bin und auch dich zugleich wieder haben wollte. Dieſe wenigen Männer kamen mit mir; die an- dern aber haben ſich geteilt und werden die Flüchtlinge ſehr bald in ihre Gewalt bekommen.“
„Sie werden ſich wehren!“ warf ich ein.
„Sie haben keine Waffen.“
„Sie werden zu Fuße durch den Wald entkommen!“
„Der Bey iſt zu ſtolz, ein Pferd zu verlaſſen, welches noch laufen kann! Du haſt umſonſt dich in Gefahr be- geben und umſonſt unſere Tiere getötet und verwundet. Komm!“
Wir machten denſelben Weg wieder zurück, den wir gekommen waren. Da, wo ich aus dem Hauptteile in die Seitenſchlucht eingelenkt hatte, hielten einige Reiter.
„Wie ging es?“ fragte ſie der Melek.
„Wir haben nicht alle wieder.“
„Wen habt ihr?“
„Den Bey, den Haddedihn, den Diener dieſes Chodih und noch zwei Kurden.“
„Das iſt genug. Haben ſie ſich gewehrt?“
„Nein. Es hätte ihnen nichts geholfen, denn ſie wurden umzingelt; aber einige der Kurden entſchlüpften in die Büſche.“
„Wir haben den Anführer, und das iſt genug!“
Nun kehrten wir nach dem Orte zurück, an welchem ich die Gefangenen zuerſt getroffen hatte. Wunderbar war es mir, daß man den Engländer nicht erwiſcht hatte. Wie war er entkommen, und wohin hatte er ſich gewen- det? Er verſtand kein Kurdiſch. Was mußte da aus ihm werden!
Als wir den Lagerplatz erreichten, ſaßen die Gefange- nen bereits wieder an ihrem vorigen Platze, waren aber jetzt gebunden.
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ich des Bey ſicher bin und auch dich zugleich wieder haben
wollte. Dieſe wenigen Männer kamen mit mir; die an-
dern aber haben ſich geteilt und werden die Flüchtlinge
ſehr bald in ihre Gewalt bekommen.“
„Sie werden ſich wehren!“ warf ich ein.
„Sie haben keine Waffen.“
„Sie werden zu Fuße durch den Wald entkommen!“
„Der Bey iſt zu ſtolz, ein Pferd zu verlaſſen, welches
noch laufen kann! Du haſt umſonſt dich in Gefahr be-
geben und umſonſt unſere Tiere getötet und verwundet.
Komm!“
Wir machten denſelben Weg wieder zurück, den wir
gekommen waren. Da, wo ich aus dem Hauptteile in die
Seitenſchlucht eingelenkt hatte, hielten einige Reiter.
„Wie ging es?“ fragte ſie der Melek.
„Wir haben nicht alle wieder.“
„Wen habt ihr?“
„Den Bey, den Haddedihn, den Diener dieſes Chodih
und noch zwei Kurden.“
„Das iſt genug. Haben ſie ſich gewehrt?“
„Nein. Es hätte ihnen nichts geholfen, denn ſie
wurden umzingelt; aber einige der Kurden entſchlüpften
in die Büſche.“
„Wir haben den Anführer, und das iſt genug!“
Nun kehrten wir nach dem Orte zurück, an welchem
ich die Gefangenen zuerſt getroffen hatte. Wunderbar war
es mir, daß man den Engländer nicht erwiſcht hatte.
Wie war er entkommen, und wohin hatte er ſich gewen-
det? Er verſtand kein Kurdiſch. Was mußte da aus ihm
werden!
Als wir den Lagerplatz erreichten, ſaßen die Gefange-
nen bereits wieder an ihrem vorigen Platze, waren aber
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/504>, abgerufen am 23.12.2024.
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