"Wir haben einen bei uns, der für uns bezahlt. Du kannst ihn aber nicht sehen."
"Allah beschütze uns! Du meinst den Teufel!"
"Soll er kommen?"
"Nein, nein, niemals! Ich bin kein Dschesidi, ich verstehe nicht, mit ihm zu reden! Ich würde tot sein vor Schreck!"
"Du wirst nicht erschrecken, denn dieser Scheitan kommt in der Gestalt eines Menschen. Da ist er schon!"
Ich hatte mich hinter dem Baume erhoben, und mit zwei schnellen Schritten stand ich vor den beiden Offi- zieren. Sie fuhren entsetzt auseinander, der eine nach rechts und der andere nach links. Da ihnen aber meine Gestalt doch nicht ganz und gar schrecklich vorkommen mochte, so blieben sie stehen und starrten mich wortlos an.
"Jüs Baschi," redete ich sie an, "ich habe alles gehört, was ihr heute abend und heute morgen gesprochen habt. Ihr sagtet, Scheik Adi sei ein böses Nest!"
Ein schwerer Atemzug erscholl als einige Antwort.
"Ihr sagtet, Allah möge dort die Leute zerhacken und zerquetschen."
"Oh, oh!" ertönte es.
"Ihr sagtet ferner, ihr wolltet die Bösewichter, die Buben, die Unreinen, die Unverschämten, die Hunde nieder- schießen und große Beute machen!"
Der Mülasim war halb tot vor Angst, und der Jüs Baschi konnte nichts als stöhnen.
"Ihr wolltet dann befördert werden und Tabak aus Schiras rauchen!"
"Er weiß alles!" brachte der dicke Hauptmann angst- voll hervor.
"Ja, ich weiß alles. Ich werde euch befördern. Weißt du, wohin?"
II. 3
„Wir haben einen bei uns, der für uns bezahlt. Du kannſt ihn aber nicht ſehen.“
„Allah beſchütze uns! Du meinſt den Teufel!“
„Soll er kommen?“
„Nein, nein, niemals! Ich bin kein Dſcheſidi, ich verſtehe nicht, mit ihm zu reden! Ich würde tot ſein vor Schreck!“
„Du wirſt nicht erſchrecken, denn dieſer Scheitan kommt in der Geſtalt eines Menſchen. Da iſt er ſchon!“
Ich hatte mich hinter dem Baume erhoben, und mit zwei ſchnellen Schritten ſtand ich vor den beiden Offi- zieren. Sie fuhren entſetzt auseinander, der eine nach rechts und der andere nach links. Da ihnen aber meine Geſtalt doch nicht ganz und gar ſchrecklich vorkommen mochte, ſo blieben ſie ſtehen und ſtarrten mich wortlos an.
„Jüs Baſchi,“ redete ich ſie an, „ich habe alles gehört, was ihr heute abend und heute morgen geſprochen habt. Ihr ſagtet, Scheik Adi ſei ein böſes Neſt!“
Ein ſchwerer Atemzug erſcholl als einige Antwort.
„Ihr ſagtet, Allah möge dort die Leute zerhacken und zerquetſchen.“
„Oh, oh!“ ertönte es.
„Ihr ſagtet ferner, ihr wolltet die Böſewichter, die Buben, die Unreinen, die Unverſchämten, die Hunde nieder- ſchießen und große Beute machen!“
Der Mülaſim war halb tot vor Angſt, und der Jüs Baſchi konnte nichts als ſtöhnen.
„Ihr wolltet dann befördert werden und Tabak aus Schiras rauchen!“
„Er weiß alles!“ brachte der dicke Hauptmann angſt- voll hervor.
„Ja, ich weiß alles. Ich werde euch befördern. Weißt du, wohin?“
II. 3
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„Wir haben einen bei uns, der für uns bezahlt. Du
kannſt ihn aber nicht ſehen.“
„Allah beſchütze uns! Du meinſt den Teufel!“
„Soll er kommen?“
„Nein, nein, niemals! Ich bin kein Dſcheſidi, ich
verſtehe nicht, mit ihm zu reden! Ich würde tot ſein vor
Schreck!“
„Du wirſt nicht erſchrecken, denn dieſer Scheitan
kommt in der Geſtalt eines Menſchen. Da iſt er ſchon!“
Ich hatte mich hinter dem Baume erhoben, und mit
zwei ſchnellen Schritten ſtand ich vor den beiden Offi-
zieren. Sie fuhren entſetzt auseinander, der eine nach rechts
und der andere nach links. Da ihnen aber meine Geſtalt
doch nicht ganz und gar ſchrecklich vorkommen mochte, ſo
blieben ſie ſtehen und ſtarrten mich wortlos an.
„Jüs Baſchi,“ redete ich ſie an, „ich habe alles gehört,
was ihr heute abend und heute morgen geſprochen habt.
Ihr ſagtet, Scheik Adi ſei ein böſes Neſt!“
Ein ſchwerer Atemzug erſcholl als einige Antwort.
„Ihr ſagtet, Allah möge dort die Leute zerhacken und
zerquetſchen.“
„Oh, oh!“ ertönte es.
„Ihr ſagtet ferner, ihr wolltet die Böſewichter, die
Buben, die Unreinen, die Unverſchämten, die Hunde nieder-
ſchießen und große Beute machen!“
Der Mülaſim war halb tot vor Angſt, und der Jüs
Baſchi konnte nichts als ſtöhnen.
„Ihr wolltet dann befördert werden und Tabak aus
Schiras rauchen!“
„Er weiß alles!“ brachte der dicke Hauptmann angſt-
voll hervor.
„Ja, ich weiß alles. Ich werde euch befördern. Weißt
du, wohin?“
II. 3
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/47>, abgerufen am 22.12.2024.
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