gegenkam. Einige Dutzend Kurden, die sich bei unserm Eintritte erhoben, waren bei ihm. Er war ein Mann am Ende der zwanziger Jahre, hoch und breit gewachsen; sein edles Angesicht zeigte den reinen kaukasischen Typus und wurde von einem starken, schwarzen Vollbart einge- rahmt. Sein Turban hatte wenigstens zwei Ellen im Durchmesser; an seinem Halse hingen an einer silbernen Kette verschiedene Talismane und Amulette; seine Jacke war ebenso wie seine Hose mit reicher Stickerei versehen, und in seinem Gürtel funkelte neben einem Dolche und zwei mit Silber ausgelegten Pistolen ein wunderschön damascierter Schnur *) ohne Scheide. Der Bey machte nicht den Eindruck eines halbwilden Anführers von Räu- bern und Pferdedieben; seine Züge waren bei aller Männ- lichkeit doch weich und sanft, und seine Stimme klang freundlich und angenehm, als er uns begrüßte:
"Sei mir willkommen, Emir! Du bist mein Bruder. und deine Gefährten sind meine Freunde."
Er reichte uns allen die Hand. Auf seinen Wink wurden beinahe sämtliche Kissen, welche sich in dem Raume befanden, zusammengetragen, um uns als Sitz zu dienen. Wir nahmen Platz, während die andern stehen blieben.
"Ich habe gehört, daß ich mit dir in kurdischer Sprache reden kann?" fragte er.
"Diese Sprache ist mir nur sehr wenig verständlich, und meine Freunde verstehen sie gar nicht," antwortete ich.
"So erlaube, daß ich türkisch oder arabisch mit dir spreche!"
"Bediene dich derjenigen Sprache, welche deine Leute hier verstehen," sagte ich zu ihm aus Höflichkeit.
"Oh, Emir, ihr seid meine Gäste, und so wollen wir
*) Säbel, Schwert.
gegenkam. Einige Dutzend Kurden, die ſich bei unſerm Eintritte erhoben, waren bei ihm. Er war ein Mann am Ende der zwanziger Jahre, hoch und breit gewachſen; ſein edles Angeſicht zeigte den reinen kaukaſiſchen Typus und wurde von einem ſtarken, ſchwarzen Vollbart einge- rahmt. Sein Turban hatte wenigſtens zwei Ellen im Durchmeſſer; an ſeinem Halſe hingen an einer ſilbernen Kette verſchiedene Talismane und Amulette; ſeine Jacke war ebenſo wie ſeine Hoſe mit reicher Stickerei verſehen, und in ſeinem Gürtel funkelte neben einem Dolche und zwei mit Silber ausgelegten Piſtolen ein wunderſchön damascierter Schnur *) ohne Scheide. Der Bey machte nicht den Eindruck eines halbwilden Anführers von Räu- bern und Pferdedieben; ſeine Züge waren bei aller Männ- lichkeit doch weich und ſanft, und ſeine Stimme klang freundlich und angenehm, als er uns begrüßte:
„Sei mir willkommen, Emir! Du biſt mein Bruder. und deine Gefährten ſind meine Freunde.“
Er reichte uns allen die Hand. Auf ſeinen Wink wurden beinahe ſämtliche Kiſſen, welche ſich in dem Raume befanden, zuſammengetragen, um uns als Sitz zu dienen. Wir nahmen Platz, während die andern ſtehen blieben.
„Ich habe gehört, daß ich mit dir in kurdiſcher Sprache reden kann?“ fragte er.
„Dieſe Sprache iſt mir nur ſehr wenig verſtändlich, und meine Freunde verſtehen ſie gar nicht,“ antwortete ich.
„So erlaube, daß ich türkiſch oder arabiſch mit dir ſpreche!“
„Bediene dich derjenigen Sprache, welche deine Leute hier verſtehen,“ ſagte ich zu ihm aus Höflichkeit.
„Oh, Emir, ihr ſeid meine Gäſte, und ſo wollen wir
*) Säbel, Schwert.
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gegenkam. Einige Dutzend Kurden, die ſich bei unſerm
Eintritte erhoben, waren bei ihm. Er war ein Mann
am Ende der zwanziger Jahre, hoch und breit gewachſen;
ſein edles Angeſicht zeigte den reinen kaukaſiſchen Typus
und wurde von einem ſtarken, ſchwarzen Vollbart einge-
rahmt. Sein Turban hatte wenigſtens zwei Ellen im
Durchmeſſer; an ſeinem Halſe hingen an einer ſilbernen
Kette verſchiedene Talismane und Amulette; ſeine Jacke
war ebenſo wie ſeine Hoſe mit reicher Stickerei verſehen,
und in ſeinem Gürtel funkelte neben einem Dolche und
zwei mit Silber ausgelegten Piſtolen ein wunderſchön
damascierter Schnur *) ohne Scheide. Der Bey machte
nicht den Eindruck eines halbwilden Anführers von Räu-
bern und Pferdedieben; ſeine Züge waren bei aller Männ-
lichkeit doch weich und ſanft, und ſeine Stimme klang
freundlich und angenehm, als er uns begrüßte:
„Sei mir willkommen, Emir! Du biſt mein Bruder.
und deine Gefährten ſind meine Freunde.“
Er reichte uns allen die Hand. Auf ſeinen Wink
wurden beinahe ſämtliche Kiſſen, welche ſich in dem
Raume befanden, zuſammengetragen, um uns als Sitz zu
dienen. Wir nahmen Platz, während die andern ſtehen
blieben.
„Ich habe gehört, daß ich mit dir in kurdiſcher
Sprache reden kann?“ fragte er.
„Dieſe Sprache iſt mir nur ſehr wenig verſtändlich,
und meine Freunde verſtehen ſie gar nicht,“ antwortete ich.
„So erlaube, daß ich türkiſch oder arabiſch mit dir
ſpreche!“
„Bediene dich derjenigen Sprache, welche deine Leute
hier verſtehen,“ ſagte ich zu ihm aus Höflichkeit.
„Oh, Emir, ihr ſeid meine Gäſte, und ſo wollen wir
*) Säbel, Schwert.
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/440>, abgerufen am 24.11.2024.
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