Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

von dem Lagerplatze aus bis nach Scheik Adi gebracht
werden können."

"Was thun wir, Emir?"

"Gieb mir sofort sechzig Reiter mit und einige La-
ternen, so siehst du binnen zwei Stunden die Geschütze
mit ihrer Bedienung hier in Scheik Adi!"

"Gefangen?"

"Gefangen!"

"Herr, ich gebe dir hundert Reiter!"

"Nun wohl, gieb mir sofort achtzig und sage ihnen,
daß ich sie unten am Wasser erwarte."

Ich ging und traf Halef und Selek noch bei den
Pferden.

"Was wird Ali Bey thun?" fragte Halef.

"Nichts. Wir selbst werden thun, was gethan
werden soll."

"Was ist das, Sihdi? Du lachst! Herr, ich kenne
dein Gesicht; wir holen die Kanonen?"

"Allerdings! Ich möchte aber die Kanonen haben,
ohne daß Blut vergossen wird, und darum nehmen wir
achtzig Reiter mit."

Wir ritten dem Ausgange des Thales zu, wo wir
nicht lange warten durften, bis die achtzig kamen.

Ich sandte Selek mit zehn Mann voran und folgte
mit den andern eine Strecke hinter ihnen. Wir erreichten,
ohne einen Feind zu sehen, die Anhöhe, auf der Selek
vorhin auf uns gewartet hatte, und stiegen ab. Zunächst
sandte ich einige Leute aus, welche für unsere eigene Sicher-
heit zu wachen hatten; dann ließ ich zehn Mann bei den
Pferden zurück und gebot ihnen, den Platz ohne meinen
Befehl nicht zu verlassen, und nun schlichen wir andern
auf das Wäldchen zu. In passender Entfernung vor
demselben angekommen, wurde Halt gemacht, und ich ging

von dem Lagerplatze aus bis nach Scheik Adi gebracht
werden können.“

„Was thun wir, Emir?“

„Gieb mir ſofort ſechzig Reiter mit und einige La-
ternen, ſo ſiehſt du binnen zwei Stunden die Geſchütze
mit ihrer Bedienung hier in Scheik Adi!“

„Gefangen?“

„Gefangen!“

„Herr, ich gebe dir hundert Reiter!“

„Nun wohl, gieb mir ſofort achtzig und ſage ihnen,
daß ich ſie unten am Waſſer erwarte.“

Ich ging und traf Halef und Selek noch bei den
Pferden.

„Was wird Ali Bey thun?“ fragte Halef.

„Nichts. Wir ſelbſt werden thun, was gethan
werden ſoll.“

„Was iſt das, Sihdi? Du lachſt! Herr, ich kenne
dein Geſicht; wir holen die Kanonen?“

„Allerdings! Ich möchte aber die Kanonen haben,
ohne daß Blut vergoſſen wird, und darum nehmen wir
achtzig Reiter mit.“

Wir ritten dem Ausgange des Thales zu, wo wir
nicht lange warten durften, bis die achtzig kamen.

Ich ſandte Selek mit zehn Mann voran und folgte
mit den andern eine Strecke hinter ihnen. Wir erreichten,
ohne einen Feind zu ſehen, die Anhöhe, auf der Selek
vorhin auf uns gewartet hatte, und ſtiegen ab. Zunächſt
ſandte ich einige Leute aus, welche für unſere eigene Sicher-
heit zu wachen hatten; dann ließ ich zehn Mann bei den
Pferden zurück und gebot ihnen, den Platz ohne meinen
Befehl nicht zu verlaſſen, und nun ſchlichen wir andern
auf das Wäldchen zu. In paſſender Entfernung vor
demſelben angekommen, wurde Halt gemacht, und ich ging

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="26"/>
von dem Lagerplatze aus bis nach Scheik Adi gebracht<lb/>
werden können.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was thun wir, Emir?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gieb mir &#x017F;ofort &#x017F;echzig Reiter mit und einige La-<lb/>
ternen, &#x017F;o &#x017F;ieh&#x017F;t du binnen zwei Stunden die Ge&#x017F;chütze<lb/>
mit ihrer Bedienung hier in Scheik Adi!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gefangen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gefangen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr, ich gebe dir hundert Reiter!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun wohl, gieb mir &#x017F;ofort achtzig und &#x017F;age ihnen,<lb/>
daß ich &#x017F;ie unten am Wa&#x017F;&#x017F;er erwarte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ich ging und traf Halef und Selek noch bei den<lb/>
Pferden.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was wird Ali Bey thun?&#x201C; fragte Halef.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nichts. Wir &#x017F;elb&#x017F;t werden thun, was gethan<lb/>
werden &#x017F;oll.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was i&#x017F;t das, Sihdi? Du lach&#x017F;t! Herr, ich kenne<lb/>
dein Ge&#x017F;icht; wir holen die Kanonen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Allerdings! Ich möchte aber die Kanonen haben,<lb/>
ohne daß Blut vergo&#x017F;&#x017F;en wird, und darum nehmen wir<lb/>
achtzig Reiter mit.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Wir ritten dem Ausgange des Thales zu, wo wir<lb/>
nicht lange warten durften, bis die achtzig kamen.</p><lb/>
        <p>Ich &#x017F;andte Selek mit zehn Mann voran und folgte<lb/>
mit den andern eine Strecke hinter ihnen. Wir erreichten,<lb/>
ohne einen Feind zu &#x017F;ehen, die Anhöhe, auf der Selek<lb/>
vorhin auf uns gewartet hatte, und &#x017F;tiegen ab. Zunäch&#x017F;t<lb/>
&#x017F;andte ich einige Leute aus, welche für un&#x017F;ere eigene Sicher-<lb/>
heit zu wachen hatten; dann ließ ich zehn Mann bei den<lb/>
Pferden zurück und gebot ihnen, den Platz ohne meinen<lb/>
Befehl nicht zu verla&#x017F;&#x017F;en, und nun &#x017F;chlichen wir andern<lb/>
auf das Wäldchen zu. In pa&#x017F;&#x017F;ender Entfernung vor<lb/>
dem&#x017F;elben angekommen, wurde Halt gemacht, und ich ging<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0040] von dem Lagerplatze aus bis nach Scheik Adi gebracht werden können.“ „Was thun wir, Emir?“ „Gieb mir ſofort ſechzig Reiter mit und einige La- ternen, ſo ſiehſt du binnen zwei Stunden die Geſchütze mit ihrer Bedienung hier in Scheik Adi!“ „Gefangen?“ „Gefangen!“ „Herr, ich gebe dir hundert Reiter!“ „Nun wohl, gieb mir ſofort achtzig und ſage ihnen, daß ich ſie unten am Waſſer erwarte.“ Ich ging und traf Halef und Selek noch bei den Pferden. „Was wird Ali Bey thun?“ fragte Halef. „Nichts. Wir ſelbſt werden thun, was gethan werden ſoll.“ „Was iſt das, Sihdi? Du lachſt! Herr, ich kenne dein Geſicht; wir holen die Kanonen?“ „Allerdings! Ich möchte aber die Kanonen haben, ohne daß Blut vergoſſen wird, und darum nehmen wir achtzig Reiter mit.“ Wir ritten dem Ausgange des Thales zu, wo wir nicht lange warten durften, bis die achtzig kamen. Ich ſandte Selek mit zehn Mann voran und folgte mit den andern eine Strecke hinter ihnen. Wir erreichten, ohne einen Feind zu ſehen, die Anhöhe, auf der Selek vorhin auf uns gewartet hatte, und ſtiegen ab. Zunächſt ſandte ich einige Leute aus, welche für unſere eigene Sicher- heit zu wachen hatten; dann ließ ich zehn Mann bei den Pferden zurück und gebot ihnen, den Platz ohne meinen Befehl nicht zu verlaſſen, und nun ſchlichen wir andern auf das Wäldchen zu. In paſſender Entfernung vor demſelben angekommen, wurde Halt gemacht, und ich ging

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/40
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/40>, abgerufen am 22.12.2024.