meinen Diener holen, der sich überzeugen kann, daß ich selbst die Erlaubnis gebe, die Wohnung zu durchsuchen."
"Du wirst nur in meiner Gegenwart mit ihm sprechen?"
"Ja."
"So werde ich ihn holen lassen."
Er rief einen der Arnauten und gab ihm den be- treffenden Befehl; dann mußte Selim Agha den Kerker öffnen, in welchem der frühere Khawaß des Engländers eingeschlossen war.
"Stehe auf," gebot ihm der Mutesselim, "und gieb mir Rede und Antwort! Behauptest du das, was du mir heute sagtest, auch jetzt noch?"
"Ja."
"Wiederhole es!"
"Der Mann, den du Hadschi Lindsay-Bey nanntest, ist ein Inglis. Er nahm mich und einen Dolmetscher von Mossul mit, und diesem hat er erzählt, daß er einen Mann suche, der ausgezogen ist, einen Gefangenen zu befreien."
Also hatte Master Fowling-bull dennoch geplaudert!
"Hat er diesen Mann genannt?" fragte ich den Ar- nauten.
"Nein."
"Hat er dem Dolmetscher den Namen des Gefangenen gesagt, welcher befreit werden soll?"
"Nein."
"Auch nicht den Ort, wo dieser Gefangene ist?"
"Nein."
"Mutesselim, hat dieser Arnaute noch mehr zu sagen?"
"Das ist alles."
"Nein; das ist gar nichts! Selim Agha, schließe wieder zu! Oh, Mutesselim, du bist wirklich ein so großer
meinen Diener holen, der ſich überzeugen kann, daß ich ſelbſt die Erlaubnis gebe, die Wohnung zu durchſuchen.“
„Du wirſt nur in meiner Gegenwart mit ihm ſprechen?“
„Ja.“
„So werde ich ihn holen laſſen.“
Er rief einen der Arnauten und gab ihm den be- treffenden Befehl; dann mußte Selim Agha den Kerker öffnen, in welchem der frühere Khawaß des Engländers eingeſchloſſen war.
„Stehe auf,“ gebot ihm der Muteſſelim, „und gieb mir Rede und Antwort! Behaupteſt du das, was du mir heute ſagteſt, auch jetzt noch?“
„Ja.“
„Wiederhole es!“
„Der Mann, den du Hadſchi Lindſay-Bey nannteſt, iſt ein Inglis. Er nahm mich und einen Dolmetſcher von Moſſul mit, und dieſem hat er erzählt, daß er einen Mann ſuche, der ausgezogen iſt, einen Gefangenen zu befreien.“
Alſo hatte Maſter Fowling-bull dennoch geplaudert!
„Hat er dieſen Mann genannt?“ fragte ich den Ar- nauten.
„Nein.“
„Hat er dem Dolmetſcher den Namen des Gefangenen geſagt, welcher befreit werden ſoll?“
„Nein.“
„Auch nicht den Ort, wo dieſer Gefangene iſt?“
„Nein.“
„Muteſſelim, hat dieſer Arnaute noch mehr zu ſagen?“
„Das iſt alles.“
„Nein; das iſt gar nichts! Selim Agha, ſchließe wieder zu! Oh, Muteſſelim, du biſt wirklich ein ſo großer
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meinen Diener holen, der ſich überzeugen kann, daß ich
ſelbſt die Erlaubnis gebe, die Wohnung zu durchſuchen.“
„Du wirſt nur in meiner Gegenwart mit ihm
ſprechen?“
„Ja.“
„So werde ich ihn holen laſſen.“
Er rief einen der Arnauten und gab ihm den be-
treffenden Befehl; dann mußte Selim Agha den Kerker
öffnen, in welchem der frühere Khawaß des Engländers
eingeſchloſſen war.
„Stehe auf,“ gebot ihm der Muteſſelim, „und gieb
mir Rede und Antwort! Behaupteſt du das, was du mir
heute ſagteſt, auch jetzt noch?“
„Ja.“
„Wiederhole es!“
„Der Mann, den du Hadſchi Lindſay-Bey nannteſt,
iſt ein Inglis. Er nahm mich und einen Dolmetſcher von
Moſſul mit, und dieſem hat er erzählt, daß er einen
Mann ſuche, der ausgezogen iſt, einen Gefangenen zu
befreien.“
Alſo hatte Maſter Fowling-bull dennoch geplaudert!
„Hat er dieſen Mann genannt?“ fragte ich den Ar-
nauten.
„Nein.“
„Hat er dem Dolmetſcher den Namen des Gefangenen
geſagt, welcher befreit werden ſoll?“
„Nein.“
„Auch nicht den Ort, wo dieſer Gefangene iſt?“
„Nein.“
„Muteſſelim, hat dieſer Arnaute noch mehr zu ſagen?“
„Das iſt alles.“
„Nein; das iſt gar nichts! Selim Agha, ſchließe
wieder zu! Oh, Muteſſelim, du biſt wirklich ein ſo großer
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/362>, abgerufen am 25.11.2024.
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