Kommandanten, um diesem die Lampe aus der Hand zu werfen.
"Agha, was thust du?" rief dieser.
"Ich war es nicht, Herr!"
"Du stießest mich! Nun ist es finster. Schaffe eine andere Lampe!"
"Ich werde sie von den Arnauten holen," meinte ich und verließ die Zelle. Ich verschloß sie, trat an die Thüre der Nachbarzelle und schob leise die Riegel zurück.
"Amad el Ghandur!"
"Herr, bist du es?"
"Ja. Komme schnell herauf."
Er stieg mit meiner Hilfe empor, und ich schob den Riegel wieder vor.
"Sprich nicht, sondern eile sehr!" flüsterte ich.
Ich faßte ihn, führte ihn rasch an die Außenthüre des Gefängnisses, trat mit ihm hinaus und zog die Thüre wieder heran.
Die frische Luft trieb ihn fast zurück. Er war sehr schwach.
Ich nahm ihn wieder bei der Hand; im Fluge ging es fort, um zwei Ecken hinum, und bei der dritten hielten wir. Seine Lungen atmeten laut.
"Fasse dich! Dort ist meine Wohnung, und dort ist auch dein Vater."
Ich stieß das verabredete Krächzen aus, und sofort erblickte ich einen Lichtschein, an dem ich erkannte, daß die Hausthüre aufgestoßen worden war.
Wir eilten über den Platz hinüber. Unter der Thüre stand Halef.
"Schnell hinein!"
Nun eilte ich zurück. Ich erreichte das Gefängnis in einer Zeit von sicher nicht zwei Minuten, nachdem wir
Kommandanten, um dieſem die Lampe aus der Hand zu werfen.
„Agha, was thuſt du?“ rief dieſer.
„Ich war es nicht, Herr!“
„Du ſtießeſt mich! Nun iſt es finſter. Schaffe eine andere Lampe!“
„Ich werde ſie von den Arnauten holen,“ meinte ich und verließ die Zelle. Ich verſchloß ſie, trat an die Thüre der Nachbarzelle und ſchob leiſe die Riegel zurück.
„Amad el Ghandur!“
„Herr, biſt du es?“
„Ja. Komme ſchnell herauf.“
Er ſtieg mit meiner Hilfe empor, und ich ſchob den Riegel wieder vor.
„Sprich nicht, ſondern eile ſehr!“ flüſterte ich.
Ich faßte ihn, führte ihn raſch an die Außenthüre des Gefängniſſes, trat mit ihm hinaus und zog die Thüre wieder heran.
Die friſche Luft trieb ihn faſt zurück. Er war ſehr ſchwach.
Ich nahm ihn wieder bei der Hand; im Fluge ging es fort, um zwei Ecken hinum, und bei der dritten hielten wir. Seine Lungen atmeten laut.
„Faſſe dich! Dort iſt meine Wohnung, und dort iſt auch dein Vater.“
Ich ſtieß das verabredete Krächzen aus, und ſofort erblickte ich einen Lichtſchein, an dem ich erkannte, daß die Hausthüre aufgeſtoßen worden war.
Wir eilten über den Platz hinüber. Unter der Thüre ſtand Halef.
„Schnell hinein!“
Nun eilte ich zurück. Ich erreichte das Gefängnis in einer Zeit von ſicher nicht zwei Minuten, nachdem wir
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Kommandanten, um dieſem die Lampe aus der Hand zu
werfen.
„Agha, was thuſt du?“ rief dieſer.
„Ich war es nicht, Herr!“
„Du ſtießeſt mich! Nun iſt es finſter. Schaffe eine
andere Lampe!“
„Ich werde ſie von den Arnauten holen,“ meinte ich
und verließ die Zelle. Ich verſchloß ſie, trat an die
Thüre der Nachbarzelle und ſchob leiſe die Riegel zurück.
„Amad el Ghandur!“
„Herr, biſt du es?“
„Ja. Komme ſchnell herauf.“
Er ſtieg mit meiner Hilfe empor, und ich ſchob den
Riegel wieder vor.
„Sprich nicht, ſondern eile ſehr!“ flüſterte ich.
Ich faßte ihn, führte ihn raſch an die Außenthüre
des Gefängniſſes, trat mit ihm hinaus und zog die Thüre
wieder heran.
Die friſche Luft trieb ihn faſt zurück. Er war ſehr
ſchwach.
Ich nahm ihn wieder bei der Hand; im Fluge ging
es fort, um zwei Ecken hinum, und bei der dritten hielten
wir. Seine Lungen atmeten laut.
„Faſſe dich! Dort iſt meine Wohnung, und dort iſt
auch dein Vater.“
Ich ſtieß das verabredete Krächzen aus, und ſofort
erblickte ich einen Lichtſchein, an dem ich erkannte, daß
die Hausthüre aufgeſtoßen worden war.
Wir eilten über den Platz hinüber. Unter der Thüre
ſtand Halef.
„Schnell hinein!“
Nun eilte ich zurück. Ich erreichte das Gefängnis
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/326>, abgerufen am 29.11.2024.
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