mich von dem Ritte auszuruhen, denn Selim Agha empfing mich an der Thüre:
"Hamdulillah, Allah sei Dank, daß du endlich kommst!" meinte er. "Ich habe auf dich mit Schmerzen gewartet."
"Warum?"
"Der Mutesselim sendet mich, um dich zu ihm zu bringen."
"Was soll ich dort?"
"Ich weiß es nicht."
"Du vermutest es auch nicht?"
"Du sollst mit einem Effendi reden, der vorhin ankam."
"Wer ist es?"
"Der Mutesselim hat mir verboten, es dir zu sagen."
"Pah! Der Mutesselim kann mir nichts verheim- lichen! Ich wußte längst, daß dieser Effendi kommen werde!"
"Du wußtest es? Aber es ist ja ein Geheimnis!"
"Ich werde dir beweisen, daß ich dieses große Ge- heimnis kenne. Es ist der Makredsch von Mossul, der gekommen ist."
"Wahrhaftig, du weißt es!" rief er erstaunt. "Aber er ist nicht allein bei dem Mutesselim."
"Wer ist noch da?"
"Ein Arnaute."
Ah, ich ahnte, welcher es war, und sagte daher:
"Auch das weiß ich. Kennst du den Mann?"
"Nein."
"Er hat keine Waffen bei sich."
"Allah akbar; das ist richtig! Effendi, du weißt alles."
"Wenigstens siehst du, daß der Mutesselim nicht der Mann ist, mir etwas zu verbergen."
"Aber, Herr, sie müssen bös von dir gesprochen haben!"
mich von dem Ritte auszuruhen, denn Selim Agha empfing mich an der Thüre:
„Hamdulillah, Allah ſei Dank, daß du endlich kommſt!“ meinte er. „Ich habe auf dich mit Schmerzen gewartet.“
„Warum?“
„Der Muteſſelim ſendet mich, um dich zu ihm zu bringen.“
„Was ſoll ich dort?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du vermuteſt es auch nicht?“
„Du ſollſt mit einem Effendi reden, der vorhin ankam.“
„Wer iſt es?“
„Der Muteſſelim hat mir verboten, es dir zu ſagen.“
„Pah! Der Muteſſelim kann mir nichts verheim- lichen! Ich wußte längſt, daß dieſer Effendi kommen werde!“
„Du wußteſt es? Aber es iſt ja ein Geheimnis!“
„Ich werde dir beweiſen, daß ich dieſes große Ge- heimnis kenne. Es iſt der Makredſch von Moſſul, der gekommen iſt.“
„Wahrhaftig, du weißt es!“ rief er erſtaunt. „Aber er iſt nicht allein bei dem Muteſſelim.“
„Wer iſt noch da?“
„Ein Arnaute.“
Ah, ich ahnte, welcher es war, und ſagte daher:
„Auch das weiß ich. Kennſt du den Mann?“
„Nein.“
„Er hat keine Waffen bei ſich.“
„Allah akbar; das iſt richtig! Effendi, du weißt alles.“
„Wenigſtens ſiehſt du, daß der Muteſſelim nicht der Mann iſt, mir etwas zu verbergen.“
„Aber, Herr, ſie müſſen bös von dir geſprochen haben!“
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mich von dem Ritte auszuruhen, denn Selim Agha
empfing mich an der Thüre:
„Hamdulillah, Allah ſei Dank, daß du endlich
kommſt!“ meinte er. „Ich habe auf dich mit Schmerzen
gewartet.“
„Warum?“
„Der Muteſſelim ſendet mich, um dich zu ihm zu
bringen.“
„Was ſoll ich dort?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du vermuteſt es auch nicht?“
„Du ſollſt mit einem Effendi reden, der vorhin ankam.“
„Wer iſt es?“
„Der Muteſſelim hat mir verboten, es dir zu ſagen.“
„Pah! Der Muteſſelim kann mir nichts verheim-
lichen! Ich wußte längſt, daß dieſer Effendi kommen
werde!“
„Du wußteſt es? Aber es iſt ja ein Geheimnis!“
„Ich werde dir beweiſen, daß ich dieſes große Ge-
heimnis kenne. Es iſt der Makredſch von Moſſul, der
gekommen iſt.“
„Wahrhaftig, du weißt es!“ rief er erſtaunt. „Aber
er iſt nicht allein bei dem Muteſſelim.“
„Wer iſt noch da?“
„Ein Arnaute.“
Ah, ich ahnte, welcher es war, und ſagte daher:
„Auch das weiß ich. Kennſt du den Mann?“
„Nein.“
„Er hat keine Waffen bei ſich.“
„Allah akbar; das iſt richtig! Effendi, du weißt alles.“
„Wenigſtens ſiehſt du, daß der Muteſſelim nicht der
Mann iſt, mir etwas zu verbergen.“
„Aber, Herr, ſie müſſen bös von dir geſprochen haben!“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/286>, abgerufen am 25.11.2024.
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