sagt, daß du den Gefangenen erlauben willst, einiges von mir zu kaufen!"
Der Rose von Amadijah schien sehr viel an dem Ge- winne zu liegen, den dieser kleine Handel ihr jedenfalls einbrachte.
"Ich würde mein Wort halten; aber ich habe leider erst in einer Viertelstunde Zeit."
"So warte ich, Emir! Aber wir können doch nicht mitsammen gehen!"
"Ist Selim Agha dabei?"
"Nein. Er hat jetzt Dienst bei dem Mutesselim."
"So befiehl dem Sergeanten, daß er mir öffnen möge. In diesem Falle kannst du bereits jetzt gehen, und ich werde nachkommen."
Sie verschwand mit heiterem Angesichte. Sie schien es gar nicht der Mühe wert zu halten, daran zu denken, ob der Sergeant mir den Zutritt erlauben werde, da ich doch weder ein Recht dazu hatte, noch die Erlaubnis seines Vorgesetzten nachweisen konnte. Natürlich ging ich sofort zu Mohammed Emin und setzte ihn von meinem bevorstehenden Besuche im Gefängnis in Kenntnis. Ich empfahl ihm, zur Flucht bereit zu sein und zunächst für seinen Sohn durch Halef heimlich einen türkischen Anzug kaufen zu lassen. Dann brannte ich mir einen Tschibuk an und stieg mit gravitätischen Schritten durch die Gassen. Als ich das Gefängnis erblickte, sah ich die Thüre des- selben offen. Der Sergeant stand unter derselben.
"Sallam!" grüßte ich kurz und würdevoll.
"Sallam aaleikum!" antwortete er. "Allah segne dei- nen Eintritt in dieses Haus, Emir! Ich habe dir viel Dank zu sagen."
Ich trat ein, und er verschloß die Thüre wieder.
"Dank?" fragte ich nachlässig. "Wofür?"
ſagt, daß du den Gefangenen erlauben willſt, einiges von mir zu kaufen!“
Der Roſe von Amadijah ſchien ſehr viel an dem Ge- winne zu liegen, den dieſer kleine Handel ihr jedenfalls einbrachte.
„Ich würde mein Wort halten; aber ich habe leider erſt in einer Viertelſtunde Zeit.“
„So warte ich, Emir! Aber wir können doch nicht mitſammen gehen!“
„Iſt Selim Agha dabei?“
„Nein. Er hat jetzt Dienſt bei dem Muteſſelim.“
„So befiehl dem Sergeanten, daß er mir öffnen möge. In dieſem Falle kannſt du bereits jetzt gehen, und ich werde nachkommen.“
Sie verſchwand mit heiterem Angeſichte. Sie ſchien es gar nicht der Mühe wert zu halten, daran zu denken, ob der Sergeant mir den Zutritt erlauben werde, da ich doch weder ein Recht dazu hatte, noch die Erlaubnis ſeines Vorgeſetzten nachweiſen konnte. Natürlich ging ich ſofort zu Mohammed Emin und ſetzte ihn von meinem bevorſtehenden Beſuche im Gefängnis in Kenntnis. Ich empfahl ihm, zur Flucht bereit zu ſein und zunächſt für ſeinen Sohn durch Halef heimlich einen türkiſchen Anzug kaufen zu laſſen. Dann brannte ich mir einen Tſchibuk an und ſtieg mit gravitätiſchen Schritten durch die Gaſſen. Als ich das Gefängnis erblickte, ſah ich die Thüre des- ſelben offen. Der Sergeant ſtand unter derſelben.
„Sallam!“ grüßte ich kurz und würdevoll.
„Sallam aaleïkum!“ antwortete er. „Allah ſegne dei- nen Eintritt in dieſes Haus, Emir! Ich habe dir viel Dank zu ſagen.“
Ich trat ein, und er verſchloß die Thüre wieder.
„Dank?“ fragte ich nachläſſig. „Wofür?“
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ſagt, daß du den Gefangenen erlauben willſt, einiges von
mir zu kaufen!“
Der Roſe von Amadijah ſchien ſehr viel an dem Ge-
winne zu liegen, den dieſer kleine Handel ihr jedenfalls
einbrachte.
„Ich würde mein Wort halten; aber ich habe leider
erſt in einer Viertelſtunde Zeit.“
„So warte ich, Emir! Aber wir können doch nicht
mitſammen gehen!“
„Iſt Selim Agha dabei?“
„Nein. Er hat jetzt Dienſt bei dem Muteſſelim.“
„So befiehl dem Sergeanten, daß er mir öffnen möge.
In dieſem Falle kannſt du bereits jetzt gehen, und ich
werde nachkommen.“
Sie verſchwand mit heiterem Angeſichte. Sie ſchien
es gar nicht der Mühe wert zu halten, daran zu denken,
ob der Sergeant mir den Zutritt erlauben werde, da ich
doch weder ein Recht dazu hatte, noch die Erlaubnis
ſeines Vorgeſetzten nachweiſen konnte. Natürlich ging ich
ſofort zu Mohammed Emin und ſetzte ihn von meinem
bevorſtehenden Beſuche im Gefängnis in Kenntnis. Ich
empfahl ihm, zur Flucht bereit zu ſein und zunächſt für
ſeinen Sohn durch Halef heimlich einen türkiſchen Anzug
kaufen zu laſſen. Dann brannte ich mir einen Tſchibuk
an und ſtieg mit gravitätiſchen Schritten durch die Gaſſen.
Als ich das Gefängnis erblickte, ſah ich die Thüre des-
ſelben offen. Der Sergeant ſtand unter derſelben.
„Sallam!“ grüßte ich kurz und würdevoll.
„Sallam aaleïkum!“ antwortete er. „Allah ſegne dei-
nen Eintritt in dieſes Haus, Emir! Ich habe dir viel
Dank zu ſagen.“
Ich trat ein, und er verſchloß die Thüre wieder.
„Dank?“ fragte ich nachläſſig. „Wofür?“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/272>, abgerufen am 23.12.2024.
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