"Ich habe die Sachen nicht, welche ich zur Bereitung derselben brauche."
"Du scherzest wieder, denn du hast sie!"
"Woher wolltest du dies wissen?"
"Dein Diener hat heute solche Dinge bei einem Juden gekauft."
Ah, der Mutesselim ließ uns also beobachten! Er wußte bereits, daß der kleine Hadschi für den Engländer Wein geholt hatte. Wir mußten also vorsichtig sein, wenn unser Vorhaben nicht verraten werden sollte.
"Es gehört mehr dazu, als das ist, was mein Diener kaufte," antwortete ich.
"Das Wenige ist besser als gar nichts. Eben weil ich sehr schwach bin, darfst du nicht viele Dinge zusammen- mischen. Willst du mir eine einfache Stärkung senden?"
"Gut; du sollst sie haben!"
"Wie viel?"
"Eine Arzneiflasche voll."
"Emir, das ist viel zu wenig! Ich bin Komman- dant und ein sehr langer Mann; der Trank wird alle sein, ehe er durch den ganzen Körper gekommen ist. Siehst du dies ein?"
"Ich sehe es ein, darum werde ich dir eine große Flasche senden."
"Eine? Nimmt ein Kranker nur einmal Arznei?"
"Nun wohl, du sollst zwei haben!"
"Laß mich täglich einmal nehmen, und zwar eine Woche lang!"
"Mutesselim, ich denke, du wirst dann zu stark werden!"
"O, Emir, das hast du nicht zu befürchten."
"So wollen wir es denn mit einer Woche versuchen?"
"Aber eine Bitte erfüllst du mir dabei."
"Welche?"
„Ich habe die Sachen nicht, welche ich zur Bereitung derſelben brauche.“
„Du ſcherzeſt wieder, denn du haſt ſie!“
„Woher wollteſt du dies wiſſen?“
„Dein Diener hat heute ſolche Dinge bei einem Juden gekauft.“
Ah, der Muteſſelim ließ uns alſo beobachten! Er wußte bereits, daß der kleine Hadſchi für den Engländer Wein geholt hatte. Wir mußten alſo vorſichtig ſein, wenn unſer Vorhaben nicht verraten werden ſollte.
„Es gehört mehr dazu, als das iſt, was mein Diener kaufte,“ antwortete ich.
„Das Wenige iſt beſſer als gar nichts. Eben weil ich ſehr ſchwach bin, darfſt du nicht viele Dinge zuſammen- miſchen. Willſt du mir eine einfache Stärkung ſenden?“
„Gut; du ſollſt ſie haben!“
„Wie viel?“
„Eine Arzneiflaſche voll.“
„Emir, das iſt viel zu wenig! Ich bin Komman- dant und ein ſehr langer Mann; der Trank wird alle ſein, ehe er durch den ganzen Körper gekommen iſt. Siehſt du dies ein?“
„Ich ſehe es ein, darum werde ich dir eine große Flaſche ſenden.“
„Eine? Nimmt ein Kranker nur einmal Arznei?“
„Nun wohl, du ſollſt zwei haben!“
„Laß mich täglich einmal nehmen, und zwar eine Woche lang!“
„Muteſſelim, ich denke, du wirſt dann zu ſtark werden!“
„O, Emir, das haſt du nicht zu befürchten.“
„So wollen wir es denn mit einer Woche verſuchen?“
„Aber eine Bitte erfüllſt du mir dabei.“
„Welche?“
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0238"n="224"/><p>„Ich habe die Sachen nicht, welche ich zur Bereitung<lb/>
derſelben brauche.“</p><lb/><p>„Du ſcherzeſt wieder, denn du haſt ſie!“</p><lb/><p>„Woher wollteſt du dies wiſſen?“</p><lb/><p>„Dein Diener hat heute ſolche Dinge bei einem Juden<lb/>
gekauft.“</p><lb/><p>Ah, der Muteſſelim ließ uns alſo beobachten! Er<lb/>
wußte bereits, daß der kleine Hadſchi für den Engländer<lb/>
Wein geholt hatte. Wir mußten alſo vorſichtig ſein, wenn<lb/>
unſer Vorhaben nicht verraten werden ſollte.</p><lb/><p>„Es gehört mehr dazu, als das iſt, was mein Diener<lb/>
kaufte,“ antwortete ich.</p><lb/><p>„Das Wenige iſt beſſer als gar nichts. Eben weil ich<lb/>ſehr ſchwach bin, darfſt du nicht viele Dinge zuſammen-<lb/>
miſchen. Willſt du mir eine einfache Stärkung ſenden?“</p><lb/><p>„Gut; du ſollſt ſie haben!“</p><lb/><p>„Wie viel?“</p><lb/><p>„Eine Arzneiflaſche voll.“</p><lb/><p>„Emir, das iſt viel zu wenig! Ich bin Komman-<lb/>
dant und ein ſehr langer Mann; der Trank wird alle ſein,<lb/>
ehe er durch den ganzen Körper gekommen iſt. Siehſt du<lb/>
dies ein?“</p><lb/><p>„Ich ſehe es ein, darum werde ich dir eine große<lb/>
Flaſche ſenden.“</p><lb/><p>„Eine? Nimmt ein Kranker nur einmal Arznei?“</p><lb/><p>„Nun wohl, du ſollſt zwei haben!“</p><lb/><p>„Laß mich täglich einmal nehmen, und zwar eine Woche<lb/>
lang!“</p><lb/><p>„Muteſſelim, ich denke, du wirſt dann zu ſtark werden!“</p><lb/><p>„O, Emir, das haſt du nicht zu befürchten.“</p><lb/><p>„So wollen wir es denn mit einer Woche verſuchen?“</p><lb/><p>„Aber eine Bitte erfüllſt du mir dabei.“</p><lb/><p>„Welche?“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[224/0238]
„Ich habe die Sachen nicht, welche ich zur Bereitung
derſelben brauche.“
„Du ſcherzeſt wieder, denn du haſt ſie!“
„Woher wollteſt du dies wiſſen?“
„Dein Diener hat heute ſolche Dinge bei einem Juden
gekauft.“
Ah, der Muteſſelim ließ uns alſo beobachten! Er
wußte bereits, daß der kleine Hadſchi für den Engländer
Wein geholt hatte. Wir mußten alſo vorſichtig ſein, wenn
unſer Vorhaben nicht verraten werden ſollte.
„Es gehört mehr dazu, als das iſt, was mein Diener
kaufte,“ antwortete ich.
„Das Wenige iſt beſſer als gar nichts. Eben weil ich
ſehr ſchwach bin, darfſt du nicht viele Dinge zuſammen-
miſchen. Willſt du mir eine einfache Stärkung ſenden?“
„Gut; du ſollſt ſie haben!“
„Wie viel?“
„Eine Arzneiflaſche voll.“
„Emir, das iſt viel zu wenig! Ich bin Komman-
dant und ein ſehr langer Mann; der Trank wird alle ſein,
ehe er durch den ganzen Körper gekommen iſt. Siehſt du
dies ein?“
„Ich ſehe es ein, darum werde ich dir eine große
Flaſche ſenden.“
„Eine? Nimmt ein Kranker nur einmal Arznei?“
„Nun wohl, du ſollſt zwei haben!“
„Laß mich täglich einmal nehmen, und zwar eine Woche
lang!“
„Muteſſelim, ich denke, du wirſt dann zu ſtark werden!“
„O, Emir, das haſt du nicht zu befürchten.“
„So wollen wir es denn mit einer Woche verſuchen?“
„Aber eine Bitte erfüllſt du mir dabei.“
„Welche?“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/238>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.