"Ah, ist es möglich! Allah gebe dir deine Gesund- heit zurück!"
"Er wird es vielleicht thun, denn ich bin ein guter Moslem und ein treuer, frommer Anhänger des Pro- pheten."
"An welcher Krankheit leidest du?"
"Ich habe bereits sehr viele Aerzte gefragt; sie sagen alle, daß ich leide an gewissen Krankheiten des Blut- und Nervensystemes, sowie auch der Verdauung."
Ich konnte mich kaum beherrschen, ihm nicht geradezu in das Gesicht zu lachen. Darum also diese eigentümliche Einleitung, die sich um den Rand herum bewegt hatte, wie "die Katze um den heißen Brei". Jedenfalls lief die Sache auf eine kleine Bettelei hinaus.
"Haben dir deine Aerzte Mittel gegeben?"
"Ja, aber diese Mittel haben nicht geholfen. Diese Männer waren nicht so klug und unterrichtet wie du. Meinst du nicht, daß ich der Anregung und der Stärkung bedarf?"
"Ich bin davon überzeugt."
"Würdest du mir ein solches Mittel geben?"
"Ich darf nicht."
"Warum nicht?"
"Der Prophet verbietet es mir."
"Der Prophet hat nicht gewollt, daß die wahren Gläubigen an dem Systeme des Blutes und der Nerven untergehen und sterben sollen. Hast du den Kuran auf- merksam gelesen?"
"Sehr aufmerksam."
"So sage mir, ob du eine einzige Arznei gefunden hast, die darin verboten wird!"
"Keine!"
"Siehst du! Also willst du mir eine Anregung geben?"
„Ah, iſt es möglich! Allah gebe dir deine Geſund- heit zurück!“
„Er wird es vielleicht thun, denn ich bin ein guter Moslem und ein treuer, frommer Anhänger des Pro- pheten.“
„An welcher Krankheit leideſt du?“
„Ich habe bereits ſehr viele Aerzte gefragt; ſie ſagen alle, daß ich leide an gewiſſen Krankheiten des Blut- und Nervenſyſtemes, ſowie auch der Verdauung.“
Ich konnte mich kaum beherrſchen, ihm nicht geradezu in das Geſicht zu lachen. Darum alſo dieſe eigentümliche Einleitung, die ſich um den Rand herum bewegt hatte, wie „die Katze um den heißen Brei“. Jedenfalls lief die Sache auf eine kleine Bettelei hinaus.
„Haben dir deine Aerzte Mittel gegeben?“
„Ja, aber dieſe Mittel haben nicht geholfen. Dieſe Männer waren nicht ſo klug und unterrichtet wie du. Meinſt du nicht, daß ich der Anregung und der Stärkung bedarf?“
„Ich bin davon überzeugt.“
„Würdeſt du mir ein ſolches Mittel geben?“
„Ich darf nicht.“
„Warum nicht?“
„Der Prophet verbietet es mir.“
„Der Prophet hat nicht gewollt, daß die wahren Gläubigen an dem Syſteme des Blutes und der Nerven untergehen und ſterben ſollen. Haſt du den Kuran auf- merkſam geleſen?“
„Sehr aufmerkſam.“
„So ſage mir, ob du eine einzige Arznei gefunden haſt, die darin verboten wird!“
„Keine!“
„Siehſt du! Alſo willſt du mir eine Anregung geben?“
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„Ah, iſt es möglich! Allah gebe dir deine Geſund-
heit zurück!“
„Er wird es vielleicht thun, denn ich bin ein guter
Moslem und ein treuer, frommer Anhänger des Pro-
pheten.“
„An welcher Krankheit leideſt du?“
„Ich habe bereits ſehr viele Aerzte gefragt; ſie ſagen
alle, daß ich leide an gewiſſen Krankheiten des Blut- und
Nervenſyſtemes, ſowie auch der Verdauung.“
Ich konnte mich kaum beherrſchen, ihm nicht geradezu
in das Geſicht zu lachen. Darum alſo dieſe eigentümliche
Einleitung, die ſich um den Rand herum bewegt hatte,
wie „die Katze um den heißen Brei“. Jedenfalls lief die
Sache auf eine kleine Bettelei hinaus.
„Haben dir deine Aerzte Mittel gegeben?“
„Ja, aber dieſe Mittel haben nicht geholfen. Dieſe
Männer waren nicht ſo klug und unterrichtet wie du.
Meinſt du nicht, daß ich der Anregung und der Stärkung
bedarf?“
„Ich bin davon überzeugt.“
„Würdeſt du mir ein ſolches Mittel geben?“
„Ich darf nicht.“
„Warum nicht?“
„Der Prophet verbietet es mir.“
„Der Prophet hat nicht gewollt, daß die wahren
Gläubigen an dem Syſteme des Blutes und der Nerven
untergehen und ſterben ſollen. Haſt du den Kuran auf-
merkſam geleſen?“
„Sehr aufmerkſam.“
„So ſage mir, ob du eine einzige Arznei gefunden
haſt, die darin verboten wird!“
„Keine!“
„Siehſt du! Alſo willſt du mir eine Anregung geben?“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/237>, abgerufen am 27.11.2024.
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