unsern Kaffee geraten, von dem mich zweihundert Drehm *) fünfundzwanzig gute Piaster kosten? Ich werde es dem Sihdi doch beweisen!"
Er kam aus der Küche, in der Rechten die neuge- kaufte Kaffeebüchse und in der Linken eine große, geöffnete Papiertüte.
"Sihdi, du kennst den Kaffee von Harimah?"
"Du weißt es, daß ich ihn kenne."
"Suche einmal, wo er ist!"
Ich unterwarf die Büchse und auch die Tüte einer sehr eingehenden und ernsthaften Okularinspektion.
"Er ist in allen beiden, aber mit schlechteren Bohnen und gedörrten Schalen vermischt."
"Siehst du wohl, Effendi! Ich habe guten Harimah gekauft, und hier diese Mutter und Urgroßmutter eines Räubers und Spitzbuben kocht nur schlechten Kaffee, mit Schalen vermengt. Siehst du nun, daß sie über meine Büchse geraten ist!"
"Sihdi, du bist ein gewaltiger Krieger, ein großer Gelehrter und der weiseste aller Richter," entgegnete die ,Myrte', indem sie dem Hadschi ihren Hader sehr unter- nehmend vor der Nase herumschwenkte. "Du wirst diesen Vater eines Uebelthäters und Sohn eines Verleumders streng bestrafen!"
"Bestrafen?" rief Halef ganz erstaunt. "Auch noch!"
"Ja," entschied sie sehr bestimmt; "denn er ist es, der über meine Tüte geraten ist und mich betrogen hat. Nur er allein hat den Kaffee vermischt, um mir und meinem Hause vor deinen Augen Schande zu bereiten!"
"O, du Ausbund aller neununddreißig Laster!" zürnte Halef ganz ergrimmt; "du willst es wagen, mich, mich
*) 11/2 Pfund.
unſern Kaffee geraten, von dem mich zweihundert Drehm *) fünfundzwanzig gute Piaſter koſten? Ich werde es dem Sihdi doch beweiſen!“
Er kam aus der Küche, in der Rechten die neuge- kaufte Kaffeebüchſe und in der Linken eine große, geöffnete Papiertüte.
„Sihdi, du kennſt den Kaffee von Harimah?“
„Du weißt es, daß ich ihn kenne.“
„Suche einmal, wo er iſt!“
Ich unterwarf die Büchſe und auch die Tüte einer ſehr eingehenden und ernſthaften Okularinſpektion.
„Er iſt in allen beiden, aber mit ſchlechteren Bohnen und gedörrten Schalen vermiſcht.“
„Siehſt du wohl, Effendi! Ich habe guten Harimah gekauft, und hier dieſe Mutter und Urgroßmutter eines Räubers und Spitzbuben kocht nur ſchlechten Kaffee, mit Schalen vermengt. Siehſt du nun, daß ſie über meine Büchſe geraten iſt!“
„Sihdi, du biſt ein gewaltiger Krieger, ein großer Gelehrter und der weiſeſte aller Richter,“ entgegnete die ‚Myrte‘, indem ſie dem Hadſchi ihren Hader ſehr unter- nehmend vor der Naſe herumſchwenkte. „Du wirſt dieſen Vater eines Uebelthäters und Sohn eines Verleumders ſtreng beſtrafen!“
„Beſtrafen?“ rief Halef ganz erſtaunt. „Auch noch!“
„Ja,“ entſchied ſie ſehr beſtimmt; „denn er iſt es, der über meine Tüte geraten iſt und mich betrogen hat. Nur er allein hat den Kaffee vermiſcht, um mir und meinem Hauſe vor deinen Augen Schande zu bereiten!“
„O, du Ausbund aller neununddreißig Laſter!“ zürnte Halef ganz ergrimmt; „du willſt es wagen, mich, mich
*) 1½ Pfund.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0227"n="213"/>
unſern Kaffee geraten, von dem mich zweihundert Drehm <noteplace="foot"n="*)">1½ Pfund.</note><lb/>
fünfundzwanzig gute Piaſter koſten? Ich werde es dem<lb/>
Sihdi doch beweiſen!“</p><lb/><p>Er kam aus der Küche, in der Rechten die neuge-<lb/>
kaufte Kaffeebüchſe und in der Linken eine große, geöffnete<lb/>
Papiertüte.</p><lb/><p>„Sihdi, du kennſt den Kaffee von Harimah?“</p><lb/><p>„Du weißt es, daß ich ihn kenne.“</p><lb/><p>„Suche einmal, wo er iſt!“</p><lb/><p>Ich unterwarf die Büchſe und auch die Tüte einer<lb/>ſehr eingehenden und ernſthaften Okularinſpektion.</p><lb/><p>„Er iſt in allen beiden, aber mit ſchlechteren Bohnen<lb/>
und gedörrten Schalen vermiſcht.“</p><lb/><p>„Siehſt du wohl, Effendi! Ich habe guten Harimah<lb/>
gekauft, und hier dieſe Mutter und Urgroßmutter eines<lb/>
Räubers und Spitzbuben kocht nur ſchlechten Kaffee, mit<lb/>
Schalen vermengt. Siehſt du nun, daß ſie über meine<lb/>
Büchſe geraten iſt!“</p><lb/><p>„Sihdi, du biſt ein gewaltiger Krieger, ein großer<lb/>
Gelehrter und der weiſeſte aller Richter,“ entgegnete die<lb/>‚Myrte‘, indem ſie dem Hadſchi ihren Hader ſehr unter-<lb/>
nehmend vor der Naſe herumſchwenkte. „Du wirſt dieſen<lb/>
Vater eines Uebelthäters und Sohn eines Verleumders<lb/>ſtreng beſtrafen!“</p><lb/><p>„Beſtrafen?“ rief Halef ganz erſtaunt. „Auch noch!“</p><lb/><p>„Ja,“ entſchied ſie ſehr beſtimmt; „denn er iſt es,<lb/>
der über meine Tüte geraten iſt und mich betrogen hat.<lb/>
Nur er allein hat den Kaffee vermiſcht, um mir und<lb/>
meinem Hauſe vor deinen Augen Schande zu bereiten!“</p><lb/><p>„O, du Ausbund aller neununddreißig Laſter!“ zürnte<lb/>
Halef ganz ergrimmt; „du willſt es wagen, mich, mich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[213/0227]
unſern Kaffee geraten, von dem mich zweihundert Drehm *)
fünfundzwanzig gute Piaſter koſten? Ich werde es dem
Sihdi doch beweiſen!“
Er kam aus der Küche, in der Rechten die neuge-
kaufte Kaffeebüchſe und in der Linken eine große, geöffnete
Papiertüte.
„Sihdi, du kennſt den Kaffee von Harimah?“
„Du weißt es, daß ich ihn kenne.“
„Suche einmal, wo er iſt!“
Ich unterwarf die Büchſe und auch die Tüte einer
ſehr eingehenden und ernſthaften Okularinſpektion.
„Er iſt in allen beiden, aber mit ſchlechteren Bohnen
und gedörrten Schalen vermiſcht.“
„Siehſt du wohl, Effendi! Ich habe guten Harimah
gekauft, und hier dieſe Mutter und Urgroßmutter eines
Räubers und Spitzbuben kocht nur ſchlechten Kaffee, mit
Schalen vermengt. Siehſt du nun, daß ſie über meine
Büchſe geraten iſt!“
„Sihdi, du biſt ein gewaltiger Krieger, ein großer
Gelehrter und der weiſeſte aller Richter,“ entgegnete die
‚Myrte‘, indem ſie dem Hadſchi ihren Hader ſehr unter-
nehmend vor der Naſe herumſchwenkte. „Du wirſt dieſen
Vater eines Uebelthäters und Sohn eines Verleumders
ſtreng beſtrafen!“
„Beſtrafen?“ rief Halef ganz erſtaunt. „Auch noch!“
„Ja,“ entſchied ſie ſehr beſtimmt; „denn er iſt es,
der über meine Tüte geraten iſt und mich betrogen hat.
Nur er allein hat den Kaffee vermiſcht, um mir und
meinem Hauſe vor deinen Augen Schande zu bereiten!“
„O, du Ausbund aller neununddreißig Laſter!“ zürnte
Halef ganz ergrimmt; „du willſt es wagen, mich, mich
*) 1½ Pfund.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/227>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.