zu nehmen. Mir fiel dies nicht schwer; Master Lindsay aber hatte einige Mühe, sich mit gebogenen Beinen in jene Stellung zu bringen, welche die Türken "Ruhen der Glieder" nennen. Wer sie nicht gewöhnt ist, dem schlafen die untern Extremitäten sehr bald ein, so daß man dann gezwungen ist, sich wieder zu erheben. Ich mußte also aus Rücksicht auf den Engländer dafür sorgen, daß die Unterhaltung nicht gar zu lange dauere.
"Chosch geldin demek; ömriniz tschok ola -- seid mir willkommen; euer Leben möge lang sein!" empfing uns der Kommandant.
"Grad so, wie das deinige," antwortete ich ihm. "Wir sind von fern her gekommen, um dir zu sagen, daß wir uns freuen, dein Angesicht zu sehen. Möge Segen in deinem Hause wohnen und jedes Werk gelingen, das du unternimmst!"
"Auch euch wünsche ich Heil und Erfolg in allem, was ihr thut! Wie heißt das Land, das deinen Tag ge- sehen hat, Emir?"
"Germanistan."
"Hat es einen großen Sultan?"
"Es hat sehr viele Padischahs."
"Und viele Krieger?"
"Wenn die Padischahs von Germanistan ihre Krieger versammeln, so sehen sie mehrere Millionen Augen auf sich gerichtet."
"Ich habe dieses Land noch nicht gesehen, aber es muß ein großes und ein berühmtes sein, da du unter dem Schutze des Großherrn stehest."
Dies war natürlich ein Wink, mich zu legitimiren. Ich that es sogleich:
"Dein Wort ist richtig. Hier hast du das Bu-dje- ruldi des Padischah!"
zu nehmen. Mir fiel dies nicht ſchwer; Maſter Lindſay aber hatte einige Mühe, ſich mit gebogenen Beinen in jene Stellung zu bringen, welche die Türken „Ruhen der Glieder“ nennen. Wer ſie nicht gewöhnt iſt, dem ſchlafen die untern Extremitäten ſehr bald ein, ſo daß man dann gezwungen iſt, ſich wieder zu erheben. Ich mußte alſo aus Rückſicht auf den Engländer dafür ſorgen, daß die Unterhaltung nicht gar zu lange dauere.
„Choſch geldin demek; ömriniz tſchok ola — ſeid mir willkommen; euer Leben möge lang ſein!“ empfing uns der Kommandant.
„Grad ſo, wie das deinige,“ antwortete ich ihm. „Wir ſind von fern her gekommen, um dir zu ſagen, daß wir uns freuen, dein Angeſicht zu ſehen. Möge Segen in deinem Hauſe wohnen und jedes Werk gelingen, das du unternimmſt!“
„Auch euch wünſche ich Heil und Erfolg in allem, was ihr thut! Wie heißt das Land, das deinen Tag ge- ſehen hat, Emir?“
„Germaniſtan.“
„Hat es einen großen Sultan?“
„Es hat ſehr viele Padiſchahs.“
„Und viele Krieger?“
„Wenn die Padiſchahs von Germaniſtan ihre Krieger verſammeln, ſo ſehen ſie mehrere Millionen Augen auf ſich gerichtet.“
„Ich habe dieſes Land noch nicht geſehen, aber es muß ein großes und ein berühmtes ſein, da du unter dem Schutze des Großherrn ſteheſt.“
Dies war natürlich ein Wink, mich zu legitimiren. Ich that es ſogleich:
„Dein Wort iſt richtig. Hier haſt du das Bu-dje- ruldi des Padiſchah!“
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zu nehmen. Mir fiel dies nicht ſchwer; Maſter Lindſay
aber hatte einige Mühe, ſich mit gebogenen Beinen in
jene Stellung zu bringen, welche die Türken „Ruhen der
Glieder“ nennen. Wer ſie nicht gewöhnt iſt, dem ſchlafen
die untern Extremitäten ſehr bald ein, ſo daß man dann
gezwungen iſt, ſich wieder zu erheben. Ich mußte alſo
aus Rückſicht auf den Engländer dafür ſorgen, daß die
Unterhaltung nicht gar zu lange dauere.
„Choſch geldin demek; ömriniz tſchok ola — ſeid mir
willkommen; euer Leben möge lang ſein!“ empfing uns
der Kommandant.
„Grad ſo, wie das deinige,“ antwortete ich ihm.
„Wir ſind von fern her gekommen, um dir zu ſagen, daß
wir uns freuen, dein Angeſicht zu ſehen. Möge Segen
in deinem Hauſe wohnen und jedes Werk gelingen, das
du unternimmſt!“
„Auch euch wünſche ich Heil und Erfolg in allem,
was ihr thut! Wie heißt das Land, das deinen Tag ge-
ſehen hat, Emir?“
„Germaniſtan.“
„Hat es einen großen Sultan?“
„Es hat ſehr viele Padiſchahs.“
„Und viele Krieger?“
„Wenn die Padiſchahs von Germaniſtan ihre Krieger
verſammeln, ſo ſehen ſie mehrere Millionen Augen auf
ſich gerichtet.“
„Ich habe dieſes Land noch nicht geſehen, aber es
muß ein großes und ein berühmtes ſein, da du unter
dem Schutze des Großherrn ſteheſt.“
Dies war natürlich ein Wink, mich zu legitimiren.
Ich that es ſogleich:
„Dein Wort iſt richtig. Hier haſt du das Bu-dje-
ruldi des Padiſchah!“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/199>, abgerufen am 30.11.2024.
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