"Du kannst es. Aber vorher werde ich dir beweisen, daß ich den Bey zu ehren weiß: Du sollst vor mir zum Mutesselim eintreten dürfen."
"Ist dies dein Ernst?"
"Mit einem tapfern Kurden scherzt man nie."
"Hört ihr es?" wandte er sich zu den andern. "Dieser fremde Emir hat gelernt, was Höflichkeit und Achtung bedeutet. Aber ein Berwari kennt die Sitte ebenso." Und zu mir gerichtet, fügte er hinzu: "Herr, ich danke dir: du hast mir mein Herz erfreut! Aber ich werde nun gern warten, bis du mit dem Mutesselim gesprochen hast."
Jetzt war er es, der mir die Hand entgegenstreckte. Ich schlug ein.
"Ich nehme es an, denn ich weiß, daß du nicht lange zu warten haben wirst. Aber sage mir, ob du nach deiner Unterredung mit dem Kommandanten so viel Zeit hast, zu mir zu kommen!"
"Ich werde kommen und dann etwas schneller reiten. Wo wohnest du?"
"Ich wohne hier bei Selim-Agha, dem Obersten der Arnauten."
Er trat mit einer zustimmenden Kopfbewegung zu- rück, denn der Diener öffnete die Thüre, um mich und Lindsay eintreten zu lassen.
Das Zimmer, in welches wir gelangten, war mit einer alten, verschossenen Papiertapete bekleidet und hatte an seiner hintern Wand eine kaum fußhohe Erhöhung, die mit einem Teppiche belegt war. Dort saß der Kom- mandant. Er war ein langer, hagerer Mann mit einem scharfen, wohl frühzeitig gealterten Angesichte. Sein Blick war verschleiert und nicht Vertrauen erweckend. Er erhob sich bei unserem Eintritte und bedeutete uns durch eine Bewegung seiner Hände, zu beiden Seiten von ihm Platz
„Du kannſt es. Aber vorher werde ich dir beweiſen, daß ich den Bey zu ehren weiß: Du ſollſt vor mir zum Muteſſelim eintreten dürfen.“
„Iſt dies dein Ernſt?“
„Mit einem tapfern Kurden ſcherzt man nie.“
„Hört ihr es?“ wandte er ſich zu den andern. „Dieſer fremde Emir hat gelernt, was Höflichkeit und Achtung bedeutet. Aber ein Berwari kennt die Sitte ebenſo.“ Und zu mir gerichtet, fügte er hinzu: „Herr, ich danke dir: du haſt mir mein Herz erfreut! Aber ich werde nun gern warten, bis du mit dem Muteſſelim geſprochen haſt.“
Jetzt war er es, der mir die Hand entgegenſtreckte. Ich ſchlug ein.
„Ich nehme es an, denn ich weiß, daß du nicht lange zu warten haben wirſt. Aber ſage mir, ob du nach deiner Unterredung mit dem Kommandanten ſo viel Zeit haſt, zu mir zu kommen!“
„Ich werde kommen und dann etwas ſchneller reiten. Wo wohneſt du?“
„Ich wohne hier bei Selim-Agha, dem Oberſten der Arnauten.“
Er trat mit einer zuſtimmenden Kopfbewegung zu- rück, denn der Diener öffnete die Thüre, um mich und Lindſay eintreten zu laſſen.
Das Zimmer, in welches wir gelangten, war mit einer alten, verſchoſſenen Papiertapete bekleidet und hatte an ſeiner hintern Wand eine kaum fußhohe Erhöhung, die mit einem Teppiche belegt war. Dort ſaß der Kom- mandant. Er war ein langer, hagerer Mann mit einem ſcharfen, wohl frühzeitig gealterten Angeſichte. Sein Blick war verſchleiert und nicht Vertrauen erweckend. Er erhob ſich bei unſerem Eintritte und bedeutete uns durch eine Bewegung ſeiner Hände, zu beiden Seiten von ihm Platz
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„Du kannſt es. Aber vorher werde ich dir beweiſen,
daß ich den Bey zu ehren weiß: Du ſollſt vor mir zum
Muteſſelim eintreten dürfen.“
„Iſt dies dein Ernſt?“
„Mit einem tapfern Kurden ſcherzt man nie.“
„Hört ihr es?“ wandte er ſich zu den andern. „Dieſer
fremde Emir hat gelernt, was Höflichkeit und Achtung
bedeutet. Aber ein Berwari kennt die Sitte ebenſo.“ Und
zu mir gerichtet, fügte er hinzu: „Herr, ich danke dir:
du haſt mir mein Herz erfreut! Aber ich werde nun gern
warten, bis du mit dem Muteſſelim geſprochen haſt.“
Jetzt war er es, der mir die Hand entgegenſtreckte.
Ich ſchlug ein.
„Ich nehme es an, denn ich weiß, daß du nicht lange
zu warten haben wirſt. Aber ſage mir, ob du nach deiner
Unterredung mit dem Kommandanten ſo viel Zeit haſt,
zu mir zu kommen!“
„Ich werde kommen und dann etwas ſchneller reiten.
Wo wohneſt du?“
„Ich wohne hier bei Selim-Agha, dem Oberſten der
Arnauten.“
Er trat mit einer zuſtimmenden Kopfbewegung zu-
rück, denn der Diener öffnete die Thüre, um mich und
Lindſay eintreten zu laſſen.
Das Zimmer, in welches wir gelangten, war mit
einer alten, verſchoſſenen Papiertapete bekleidet und hatte
an ſeiner hintern Wand eine kaum fußhohe Erhöhung,
die mit einem Teppiche belegt war. Dort ſaß der Kom-
mandant. Er war ein langer, hagerer Mann mit einem
ſcharfen, wohl frühzeitig gealterten Angeſichte. Sein Blick
war verſchleiert und nicht Vertrauen erweckend. Er erhob
ſich bei unſerem Eintritte und bedeutete uns durch eine
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/198>, abgerufen am 30.11.2024.
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