Wir zogen uns für kurze Zeit in unsere Räume zurück, in denen der Agha bald mit den Decken, Teppichen und Pfeifen erschien, die er sich bei den betreffenden Händ- lern ausgeliehen hatte. Sie waren neu und darum rein- lich, so daß wir zufrieden sein konnten. Dann erschien Mersinah mit dem Deckel einer alten Holzschachtel, wel- cher als Präsentierteller diente. Auf demselben befanden sich die Eier, welche uns zum Ehrenmahle dienen sollten. Daneben lagen einige halb verbrannte Teigfladen und -- auch der berühmte Butternapf stand dabei, umgeben von einigen Eierschalen, in denen sich schmutziges Salz, grob gestoßener Pfeffer und ein sehr zweifelhafter Kümmel be- fand. Messer oder Eierlöffel gab es natürlich nicht.
Diese lukullische Empfangsgasterei, zu welcher wir die Höflichkeit hatten, auch Mersinah einzuladen, wurde bald und glücklich überwunden. Sie bedankte sich höflichst für die ihr erwiesene, nie geahnte Ehre und ging mit ihrem "Alfenidegeschirr" in die Küche. Auch der Agha erhob sich.
"Weißt du, Herr, wohin ich jetzt gehen werde?" fragte er.
"Ich werde es wohl hören."
"Zum Mutesselim. Er soll erfahren, was du für ein vornehmer Emir bist, und wie dich der Aufseher seines Palastes behandelt hat."
Er vollendete sein dienstliches Aeußere dadurch, daß er sich die Reste der zerlassenen Butter, welche er mit Mersinah allein genossen hatte, aus dem Schnurrbart strich, und brach auf. Jetzt waren wir allein.
"Darf ich reden, Sir?" fragte jetzt Lindsay.
"Ja, Master."
"Kleider kaufen!"
"Jetzt?"
"Ja."
Wir zogen uns für kurze Zeit in unſere Räume zurück, in denen der Agha bald mit den Decken, Teppichen und Pfeifen erſchien, die er ſich bei den betreffenden Händ- lern ausgeliehen hatte. Sie waren neu und darum rein- lich, ſo daß wir zufrieden ſein konnten. Dann erſchien Merſinah mit dem Deckel einer alten Holzſchachtel, wel- cher als Präſentierteller diente. Auf demſelben befanden ſich die Eier, welche uns zum Ehrenmahle dienen ſollten. Daneben lagen einige halb verbrannte Teigfladen und — auch der berühmte Butternapf ſtand dabei, umgeben von einigen Eierſchalen, in denen ſich ſchmutziges Salz, grob geſtoßener Pfeffer und ein ſehr zweifelhafter Kümmel be- fand. Meſſer oder Eierlöffel gab es natürlich nicht.
Dieſe lukulliſche Empfangsgaſterei, zu welcher wir die Höflichkeit hatten, auch Merſinah einzuladen, wurde bald und glücklich überwunden. Sie bedankte ſich höflichſt für die ihr erwieſene, nie geahnte Ehre und ging mit ihrem „Alfenidegeſchirr“ in die Küche. Auch der Agha erhob ſich.
„Weißt du, Herr, wohin ich jetzt gehen werde?“ fragte er.
„Ich werde es wohl hören.“
„Zum Muteſſelim. Er ſoll erfahren, was du für ein vornehmer Emir biſt, und wie dich der Aufſeher ſeines Palaſtes behandelt hat.“
Er vollendete ſein dienſtliches Aeußere dadurch, daß er ſich die Reſte der zerlaſſenen Butter, welche er mit Merſinah allein genoſſen hatte, aus dem Schnurrbart ſtrich, und brach auf. Jetzt waren wir allein.
„Darf ich reden, Sir?“ fragte jetzt Lindſay.
„Ja, Maſter.“
„Kleider kaufen!“
„Jetzt?“
„Ja.“
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Wir zogen uns für kurze Zeit in unſere Räume
zurück, in denen der Agha bald mit den Decken, Teppichen
und Pfeifen erſchien, die er ſich bei den betreffenden Händ-
lern ausgeliehen hatte. Sie waren neu und darum rein-
lich, ſo daß wir zufrieden ſein konnten. Dann erſchien
Merſinah mit dem Deckel einer alten Holzſchachtel, wel-
cher als Präſentierteller diente. Auf demſelben befanden
ſich die Eier, welche uns zum Ehrenmahle dienen ſollten.
Daneben lagen einige halb verbrannte Teigfladen und —
auch der berühmte Butternapf ſtand dabei, umgeben von
einigen Eierſchalen, in denen ſich ſchmutziges Salz, grob
geſtoßener Pfeffer und ein ſehr zweifelhafter Kümmel be-
fand. Meſſer oder Eierlöffel gab es natürlich nicht.
Dieſe lukulliſche Empfangsgaſterei, zu welcher wir die
Höflichkeit hatten, auch Merſinah einzuladen, wurde bald
und glücklich überwunden. Sie bedankte ſich höflichſt für
die ihr erwieſene, nie geahnte Ehre und ging mit ihrem
„Alfenidegeſchirr“ in die Küche. Auch der Agha erhob ſich.
„Weißt du, Herr, wohin ich jetzt gehen werde?“
fragte er.
„Ich werde es wohl hören.“
„Zum Muteſſelim. Er ſoll erfahren, was du für
ein vornehmer Emir biſt, und wie dich der Aufſeher ſeines
Palaſtes behandelt hat.“
Er vollendete ſein dienſtliches Aeußere dadurch, daß
er ſich die Reſte der zerlaſſenen Butter, welche er mit
Merſinah allein genoſſen hatte, aus dem Schnurrbart
ſtrich, und brach auf. Jetzt waren wir allein.
„Darf ich reden, Sir?“ fragte jetzt Lindſay.
„Ja, Maſter.“
„Kleider kaufen!“
„Jetzt?“
„Ja.“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/185>, abgerufen am 28.11.2024.
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