großem Selbstbewußtsein im Gehen rauchte, hingen, wie ich später zählte, vierzehn seidene Quasten herab. Er blieb seitwärts von uns stehen, um meinen Rappen mit wichtiger Kennermiene zu betrachten. Ich hielt an und grüßte ihn.
"Sallam!"
"Aaleikum!" antwortete er mit einem stolzen Neigen seines Hauptes.
"Ich bin hier fremd und mag mit keinem Birkadschi *) reden. Erlaube, daß ich mich bei dir erkundige!" sagte ich wenigstens ebenso stolz.
"Deine Rede sagt mir, daß du ein Effendi bist. Ich werde deine Fragen beantworten."
"Wer bist du?"
"Ich bin Selim Agha, der Befehlshaber der Alba- nesen, welche diese berühmte Festung verteidigen."
"Und ich bin Kara Ben Nemsi, ein Schützling des Padischah und Abgesandter des Mutessarif von Mossul. Ich suche mir ein Haus in Amadijah, in dem ich einige Tage wohnen kann. Kannst du mir eins nennen?"
Er ließ sich zu einer Bewegung militärischer Ehr- erbietung herab und meinte:
"Allah segne deine Hoheit, Effendi! Du bist ein großer Herr, der in dem Palaste des Mutesselim Auf- nahme finden muß."
"Der Aufseher des Palastes hat mich fortgewiesen, und ich -- -- --"
"Alla verderbe diese Kreatur," unterbrach er mich. "Ich werde gehen, um ihn in Stücke zu zerreißen!"
Er rollte die Augen und fuchtelte mit beiden Armen. Dieser Mann war wohl nur ein Bramarbas gewöhnlicher Sorte.
*) Ein gewöhnlicher Mann.
großem Selbſtbewußtſein im Gehen rauchte, hingen, wie ich ſpäter zählte, vierzehn ſeidene Quaſten herab. Er blieb ſeitwärts von uns ſtehen, um meinen Rappen mit wichtiger Kennermiene zu betrachten. Ich hielt an und grüßte ihn.
„Sallam!“
„Aaleïkum!“ antwortete er mit einem ſtolzen Neigen ſeines Hauptes.
„Ich bin hier fremd und mag mit keinem Birkadſchi *) reden. Erlaube, daß ich mich bei dir erkundige!“ ſagte ich wenigſtens ebenſo ſtolz.
„Deine Rede ſagt mir, daß du ein Effendi biſt. Ich werde deine Fragen beantworten.“
„Wer biſt du?“
„Ich bin Selim Agha, der Befehlshaber der Alba- neſen, welche dieſe berühmte Feſtung verteidigen.“
„Und ich bin Kara Ben Nemſi, ein Schützling des Padiſchah und Abgeſandter des Muteſſarif von Moſſul. Ich ſuche mir ein Haus in Amadijah, in dem ich einige Tage wohnen kann. Kannſt du mir eins nennen?“
Er ließ ſich zu einer Bewegung militäriſcher Ehr- erbietung herab und meinte:
„Allah ſegne deine Hoheit, Effendi! Du biſt ein großer Herr, der in dem Palaſte des Muteſſelim Auf- nahme finden muß.“
„Der Aufſeher des Palaſtes hat mich fortgewieſen, und ich — — —“
„Alla verderbe dieſe Kreatur,“ unterbrach er mich. „Ich werde gehen, um ihn in Stücke zu zerreißen!“
Er rollte die Augen und fuchtelte mit beiden Armen. Dieſer Mann war wohl nur ein Bramarbas gewöhnlicher Sorte.
*) Ein gewöhnlicher Mann.
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großem Selbſtbewußtſein im Gehen rauchte, hingen, wie
ich ſpäter zählte, vierzehn ſeidene Quaſten herab. Er
blieb ſeitwärts von uns ſtehen, um meinen Rappen mit
wichtiger Kennermiene zu betrachten. Ich hielt an und
grüßte ihn.
„Sallam!“
„Aaleïkum!“ antwortete er mit einem ſtolzen Neigen
ſeines Hauptes.
„Ich bin hier fremd und mag mit keinem Birkadſchi *)
reden. Erlaube, daß ich mich bei dir erkundige!“ ſagte
ich wenigſtens ebenſo ſtolz.
„Deine Rede ſagt mir, daß du ein Effendi biſt. Ich
werde deine Fragen beantworten.“
„Wer biſt du?“
„Ich bin Selim Agha, der Befehlshaber der Alba-
neſen, welche dieſe berühmte Feſtung verteidigen.“
„Und ich bin Kara Ben Nemſi, ein Schützling des
Padiſchah und Abgeſandter des Muteſſarif von Moſſul.
Ich ſuche mir ein Haus in Amadijah, in dem ich einige
Tage wohnen kann. Kannſt du mir eins nennen?“
Er ließ ſich zu einer Bewegung militäriſcher Ehr-
erbietung herab und meinte:
„Allah ſegne deine Hoheit, Effendi! Du biſt ein
großer Herr, der in dem Palaſte des Muteſſelim Auf-
nahme finden muß.“
„Der Aufſeher des Palaſtes hat mich fortgewieſen,
und ich — — —“
„Alla verderbe dieſe Kreatur,“ unterbrach er mich.
„Ich werde gehen, um ihn in Stücke zu zerreißen!“
Er rollte die Augen und fuchtelte mit beiden Armen.
Dieſer Mann war wohl nur ein Bramarbas gewöhnlicher
Sorte.
*) Ein gewöhnlicher Mann.
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/173>, abgerufen am 27.11.2024.
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