Diese Türken kamen, um uns die Freiheit, das Eigentum und das Leben zu rauben; ich habe sie dennoch geschont. Jetzt spinnt man neuen Verrat. Soll ich mich nicht wehren?"
"Du sollst dich wehren, aber nicht mit dem Säbel!"
"Womit sonst?"
"Mit diesem Briefe. Tritt mit demselben vor den Mutessarif, und er wird besiegt und geschlagen sein."
"Er wird mir einen Hinterhalt legen und mich ge- fangen nehmen, wenn ich morgen nach Dscherraijah gehe!"
"Wer hindert dich, dasselbe auch mit ihm zu thun? Er ist dir sicherer als du ihm, denn er hat keine Ahnung, daß du seine Absichten kennst."
Ali Bey sah eine ganze Weile nachdenklich vor sich nieder; dann antwortete er:
"Ich werde mich mit Mir Scheik Khan besprechen. Willst du mit mir nach dem Thale Idiz reiten?"
"Ich reite mit."
"Vorher aber will ich diese Menschen da unten un- schädlich machen. Tritt nicht mit ein, sondern erwarte mich hier!"
Warum sollte ich ihn nicht in das Zelt begleiten? Seine Hand lag am Dolche, und sein Auge blickte ent- schlossen. Wollte er mich verhindern, eine rasche That zu verhüten? Ich stand wohl eine halbe Stunde allein, und während dieser Zeit hörte ich die zornigen Töne einer sehr erregten Unterhaltung. Endlich kam er wieder. Er hatte ein Papier in der Hand und gab es mir.
"Lies! Ich will hören, ob es ohne Falschheit ist."
Es enthielt die kurze, gemessene Weisung an die be- fehligenden Offiziere, alle Waffen und auch die Munition sofort an diejenigen Dschesidi zu übergeben, deren An- führer diesen Befehl vorzeige.
Dieſe Türken kamen, um uns die Freiheit, das Eigentum und das Leben zu rauben; ich habe ſie dennoch geſchont. Jetzt ſpinnt man neuen Verrat. Soll ich mich nicht wehren?“
„Du ſollſt dich wehren, aber nicht mit dem Säbel!“
„Womit ſonſt?“
„Mit dieſem Briefe. Tritt mit demſelben vor den Muteſſarif, und er wird beſiegt und geſchlagen ſein.“
„Er wird mir einen Hinterhalt legen und mich ge- fangen nehmen, wenn ich morgen nach Dſcherraijah gehe!“
„Wer hindert dich, dasſelbe auch mit ihm zu thun? Er iſt dir ſicherer als du ihm, denn er hat keine Ahnung, daß du ſeine Abſichten kennſt.“
Ali Bey ſah eine ganze Weile nachdenklich vor ſich nieder; dann antwortete er:
„Ich werde mich mit Mir Scheik Khan beſprechen. Willſt du mit mir nach dem Thale Idiz reiten?“
„Ich reite mit.“
„Vorher aber will ich dieſe Menſchen da unten un- ſchädlich machen. Tritt nicht mit ein, ſondern erwarte mich hier!“
Warum ſollte ich ihn nicht in das Zelt begleiten? Seine Hand lag am Dolche, und ſein Auge blickte ent- ſchloſſen. Wollte er mich verhindern, eine raſche That zu verhüten? Ich ſtand wohl eine halbe Stunde allein, und während dieſer Zeit hörte ich die zornigen Töne einer ſehr erregten Unterhaltung. Endlich kam er wieder. Er hatte ein Papier in der Hand und gab es mir.
„Lies! Ich will hören, ob es ohne Falſchheit iſt.“
Es enthielt die kurze, gemeſſene Weiſung an die be- fehligenden Offiziere, alle Waffen und auch die Munition ſofort an diejenigen Dſcheſidi zu übergeben, deren An- führer dieſen Befehl vorzeige.
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[96/0110]
Dieſe Türken kamen, um uns die Freiheit, das Eigentum
und das Leben zu rauben; ich habe ſie dennoch geſchont.
Jetzt ſpinnt man neuen Verrat. Soll ich mich nicht
wehren?“
„Du ſollſt dich wehren, aber nicht mit dem Säbel!“
„Womit ſonſt?“
„Mit dieſem Briefe. Tritt mit demſelben vor den
Muteſſarif, und er wird beſiegt und geſchlagen ſein.“
„Er wird mir einen Hinterhalt legen und mich ge-
fangen nehmen, wenn ich morgen nach Dſcherraijah gehe!“
„Wer hindert dich, dasſelbe auch mit ihm zu thun?
Er iſt dir ſicherer als du ihm, denn er hat keine Ahnung,
daß du ſeine Abſichten kennſt.“
Ali Bey ſah eine ganze Weile nachdenklich vor ſich
nieder; dann antwortete er:
„Ich werde mich mit Mir Scheik Khan beſprechen.
Willſt du mit mir nach dem Thale Idiz reiten?“
„Ich reite mit.“
„Vorher aber will ich dieſe Menſchen da unten un-
ſchädlich machen. Tritt nicht mit ein, ſondern erwarte
mich hier!“
Warum ſollte ich ihn nicht in das Zelt begleiten?
Seine Hand lag am Dolche, und ſein Auge blickte ent-
ſchloſſen. Wollte er mich verhindern, eine raſche That
zu verhüten? Ich ſtand wohl eine halbe Stunde allein,
und während dieſer Zeit hörte ich die zornigen Töne einer
ſehr erregten Unterhaltung. Endlich kam er wieder. Er
hatte ein Papier in der Hand und gab es mir.
„Lies! Ich will hören, ob es ohne Falſchheit iſt.“
Es enthielt die kurze, gemeſſene Weiſung an die be-
fehligenden Offiziere, alle Waffen und auch die Munition
ſofort an diejenigen Dſcheſidi zu übergeben, deren An-
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/110>, abgerufen am 25.11.2024.
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