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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Andres Buch. Kriege der Teutschen
einen andern Vorwand. Es hatte die Reuterey der Tenchterer und Usipeter, so
dem Treffen nicht beygewohnet, nachdem sie von der Niederlage der Jhrigen ge-
höret, einen Weg über den Rhein gefunden, zu den Sigambren zu flüchten. Cae-
sar
schickte Gesandten an die Sigambren, und forderte, man sollte ihm seine Feinde
auslieffern. Die Sigambren dachten nicht, daß er so nahe wäre, sie selbst auf-
zusuchen, und gaben zur Antwort: Er möchte seiner Herrschafft zum wenigsten den
Rhein zur Gräntze setzen: da er es für Unrecht, und für eine Ursache zum Kriege
halte, wenn Teutsche über den Rhein giengen, was für Recht er denn habe, sie an
der andern Seite zu verfolgen? Auf dergleichen Antwort hatte Caesar nur ge-
wartet, um eine Ursache zum Kriege zu finden. Die Ubier bothen ihm ihre Schiffe,
und Fahrzeuge zum übersetzen an, aber Caesar meynte, es würde dem Römischen
Volck mehr Ehre machen, wenn er eine Brücke über den Fluß schlagen liesse, 1
welchem dergleichen Joch wohl noch niemahls war aufgeleget worden. Mit was
für Verwunderung müssen nicht die Teutschen, die bisher nur mit Schwimmen,
oder auf Flössen, und in ausgehohlten Bäumen, oder doch sonst in schlechten Fahr-
zeugen, über den Rhein zusetzen gewohnt waren, dieses Unternehmen angesehen,
und was müssen sie nicht von der Macht und Geschicklichkeit der Römer für Ge-
dancken gefasset haben, als selbige in zehen Tagen damit fertig worden? Caesar
ließ von beyden Seiten gute Besatzung, und zog gerade wider die Sigambren.
Dieses ist das erstemahl, daß die Römer den Fuß auf Teutschen Boden gesetzet,
den sie hernach so offt mit der Einwohner, und vielmahl auch mit ihrem eigenen Blut
gedünget. Die Sigambren, so bald sie sahen, daß an einer Brücke gebauet wur-
de, flüchteten mit ihrer gantzen Haabseeligkeit in die Wälder, wozu sie insonderheit
die überbliebenen Tenchterer und Usipeter aufmunterten. Caesar ließ alle ihre
Häuser anzünden, ihr Geträide vom Felde abschneiden, und zog sich damit zu den
Ubiern zurücke. Daselbst erfuhr er, daß die Sveven, so bald sie Nachricht von
der Brücke erhalten, ihre Weiber und Kinder in die dickesten Wälder verstecket, die
Mannschafft aber aufgebothen, und ihn damit mitten in ihrem Lande zu erwarten
beschlossen hätten. Caesaris Absicht war nicht gewesen, sich in einen weitläufftigen
Krieg in Teutschland einzulassen, seinen Endzweck aber hatte er nunmehro völlig
erreichet. Er hatte nehmlich den Teutschen gezeiget, daß er sich getraue sie in ih-
ren eigenen Ländern aufzusuchen: und insonderheit an den Ubiern gewiesen, wie zu-
träglich einem Volck der Römer Freundschafft sey, da hingegen die Sigambren
erfahren hatten, wie gefährlich ihnen etwas abzuschlagen. Er führte also die Ar-
mee, nachdem sie 18 Tage in Teutschland gestanden, wieder über den Rhein, und
warff die Brücke hinter sich ab. 2 Zu Ende des Jahres fiel er in Britannien ein,
unter dem Vorwand, die Einwohner hätten den Galliern in ihren Unternehmun-
gen wider die Römer allemahl Vorschub gethan, und sich dadurch ihrer Feindsee-
ligkeit theilhafftig gemachet; in der That aber, um so wohl die Hochachtung des
3
*
1
2

Römi-
1 [Beginn Spaltensatz] §. XIV. 1. caesar beschreibet den Bau L. IV. c. 17.
2 idem c. 19. 20.
3 Siehe den XIII. §. n. 2.
* [Spaltenumbruch] caesar L. IV. c. 16. bis zum Ende.
1 §. XV. 1. Siehe den VII. §. Nota 1.
2 caesar L. V. c. 2. Neque ad concilia ueni-
[Ende Spaltensatz]
ebant,

Andres Buch. Kriege der Teutſchen
einen andern Vorwand. Es hatte die Reuterey der Tenchterer und Uſipeter, ſo
dem Treffen nicht beygewohnet, nachdem ſie von der Niederlage der Jhrigen ge-
hoͤret, einen Weg uͤber den Rhein gefunden, zu den Sigambren zu fluͤchten. Cae-
ſar
ſchickte Geſandten an die Sigambren, und forderte, man ſollte ihm ſeine Feinde
auslieffern. Die Sigambren dachten nicht, daß er ſo nahe waͤre, ſie ſelbſt auf-
zuſuchen, und gaben zur Antwort: Er moͤchte ſeiner Herrſchafft zum wenigſten den
Rhein zur Graͤntze ſetzen: da er es fuͤr Unrecht, und fuͤr eine Urſache zum Kriege
halte, wenn Teutſche uͤber den Rhein giengen, was fuͤr Recht er denn habe, ſie an
der andern Seite zu verfolgen? Auf dergleichen Antwort hatte Caeſar nur ge-
wartet, um eine Urſache zum Kriege zu finden. Die Ubier bothen ihm ihre Schiffe,
und Fahrzeuge zum uͤberſetzen an, aber Caeſar meynte, es wuͤrde dem Roͤmiſchen
Volck mehr Ehre machen, wenn er eine Bruͤcke uͤber den Fluß ſchlagen lieſſe, 1
welchem dergleichen Joch wohl noch niemahls war aufgeleget worden. Mit was
fuͤr Verwunderung muͤſſen nicht die Teutſchen, die bisher nur mit Schwimmen,
oder auf Floͤſſen, und in ausgehohlten Baͤumen, oder doch ſonſt in ſchlechten Fahr-
zeugen, uͤber den Rhein zuſetzen gewohnt waren, dieſes Unternehmen angeſehen,
und was muͤſſen ſie nicht von der Macht und Geſchicklichkeit der Roͤmer fuͤr Ge-
dancken gefaſſet haben, als ſelbige in zehen Tagen damit fertig worden? Caeſar
ließ von beyden Seiten gute Beſatzung, und zog gerade wider die Sigambren.
Dieſes iſt das erſtemahl, daß die Roͤmer den Fuß auf Teutſchen Boden geſetzet,
den ſie hernach ſo offt mit der Einwohner, und vielmahl auch mit ihrem eigenen Blut
geduͤnget. Die Sigambren, ſo bald ſie ſahen, daß an einer Bruͤcke gebauet wur-
de, fluͤchteten mit ihrer gantzen Haabſeeligkeit in die Waͤlder, wozu ſie inſonderheit
die uͤberbliebenen Tenchterer und Uſipeter aufmunterten. Caeſar ließ alle ihre
Haͤuſer anzuͤnden, ihr Getraͤide vom Felde abſchneiden, und zog ſich damit zu den
Ubiern zuruͤcke. Daſelbſt erfuhr er, daß die Sveven, ſo bald ſie Nachricht von
der Bruͤcke erhalten, ihre Weiber und Kinder in die dickeſten Waͤlder verſtecket, die
Mannſchafft aber aufgebothen, und ihn damit mitten in ihrem Lande zu erwarten
beſchloſſen haͤtten. Caeſaris Abſicht war nicht geweſen, ſich in einen weitlaͤufftigen
Krieg in Teutſchland einzulaſſen, ſeinen Endzweck aber hatte er nunmehro voͤllig
erreichet. Er hatte nehmlich den Teutſchen gezeiget, daß er ſich getraue ſie in ih-
ren eigenen Laͤndern aufzuſuchen: und inſonderheit an den Ubiern gewieſen, wie zu-
traͤglich einem Volck der Roͤmer Freundſchafft ſey, da hingegen die Sigambren
erfahren hatten, wie gefaͤhrlich ihnen etwas abzuſchlagen. Er fuͤhrte alſo die Ar-
mee, nachdem ſie 18 Tage in Teutſchland geſtanden, wieder uͤber den Rhein, und
warff die Bruͤcke hinter ſich ab. 2 Zu Ende des Jahres fiel er in Britannien ein,
unter dem Vorwand, die Einwohner haͤtten den Galliern in ihren Unternehmun-
gen wider die Roͤmer allemahl Vorſchub gethan, und ſich dadurch ihrer Feindſee-
ligkeit theilhafftig gemachet; in der That aber, um ſo wohl die Hochachtung des
3
*
1
2

Roͤmi-
1 [Beginn Spaltensatz] §. XIV. 1. caesar beſchreibet den Bau L. IV. c. 17.
2 idem c. 19. 20.
3 Siehe den XIII. §. n. 2.
* [Spaltenumbruch] caesar L. IV. c. 16. bis zum Ende.
1 §. XV. 1. Siehe den VII. §. Nota 1.
2 caesar L. V. c. 2. Neque ad concilia ueni-
[Ende Spaltensatz]
ebant,
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[32/0066] Andres Buch. Kriege der Teutſchen einen andern Vorwand. Es hatte die Reuterey der Tenchterer und Uſipeter, ſo dem Treffen nicht beygewohnet, nachdem ſie von der Niederlage der Jhrigen ge- hoͤret, einen Weg uͤber den Rhein gefunden, zu den Sigambren zu fluͤchten. Cae- ſar ſchickte Geſandten an die Sigambren, und forderte, man ſollte ihm ſeine Feinde auslieffern. Die Sigambren dachten nicht, daß er ſo nahe waͤre, ſie ſelbſt auf- zuſuchen, und gaben zur Antwort: Er moͤchte ſeiner Herrſchafft zum wenigſten den Rhein zur Graͤntze ſetzen: da er es fuͤr Unrecht, und fuͤr eine Urſache zum Kriege halte, wenn Teutſche uͤber den Rhein giengen, was fuͤr Recht er denn habe, ſie an der andern Seite zu verfolgen? Auf dergleichen Antwort hatte Caeſar nur ge- wartet, um eine Urſache zum Kriege zu finden. Die Ubier bothen ihm ihre Schiffe, und Fahrzeuge zum uͤberſetzen an, aber Caeſar meynte, es wuͤrde dem Roͤmiſchen Volck mehr Ehre machen, wenn er eine Bruͤcke uͤber den Fluß ſchlagen lieſſe, 1 welchem dergleichen Joch wohl noch niemahls war aufgeleget worden. Mit was fuͤr Verwunderung muͤſſen nicht die Teutſchen, die bisher nur mit Schwimmen, oder auf Floͤſſen, und in ausgehohlten Baͤumen, oder doch ſonſt in ſchlechten Fahr- zeugen, uͤber den Rhein zuſetzen gewohnt waren, dieſes Unternehmen angeſehen, und was muͤſſen ſie nicht von der Macht und Geſchicklichkeit der Roͤmer fuͤr Ge- dancken gefaſſet haben, als ſelbige in zehen Tagen damit fertig worden? Caeſar ließ von beyden Seiten gute Beſatzung, und zog gerade wider die Sigambren. Dieſes iſt das erſtemahl, daß die Roͤmer den Fuß auf Teutſchen Boden geſetzet, den ſie hernach ſo offt mit der Einwohner, und vielmahl auch mit ihrem eigenen Blut geduͤnget. Die Sigambren, ſo bald ſie ſahen, daß an einer Bruͤcke gebauet wur- de, fluͤchteten mit ihrer gantzen Haabſeeligkeit in die Waͤlder, wozu ſie inſonderheit die uͤberbliebenen Tenchterer und Uſipeter aufmunterten. Caeſar ließ alle ihre Haͤuſer anzuͤnden, ihr Getraͤide vom Felde abſchneiden, und zog ſich damit zu den Ubiern zuruͤcke. Daſelbſt erfuhr er, daß die Sveven, ſo bald ſie Nachricht von der Bruͤcke erhalten, ihre Weiber und Kinder in die dickeſten Waͤlder verſtecket, die Mannſchafft aber aufgebothen, und ihn damit mitten in ihrem Lande zu erwarten beſchloſſen haͤtten. Caeſaris Abſicht war nicht geweſen, ſich in einen weitlaͤufftigen Krieg in Teutſchland einzulaſſen, ſeinen Endzweck aber hatte er nunmehro voͤllig erreichet. Er hatte nehmlich den Teutſchen gezeiget, daß er ſich getraue ſie in ih- ren eigenen Laͤndern aufzuſuchen: und inſonderheit an den Ubiern gewieſen, wie zu- traͤglich einem Volck der Roͤmer Freundſchafft ſey, da hingegen die Sigambren erfahren hatten, wie gefaͤhrlich ihnen etwas abzuſchlagen. Er fuͤhrte alſo die Ar- mee, nachdem ſie 18 Tage in Teutſchland geſtanden, wieder uͤber den Rhein, und warff die Bruͤcke hinter ſich ab. 2 Zu Ende des Jahres fiel er in Britannien ein, unter dem Vorwand, die Einwohner haͤtten den Galliern in ihren Unternehmun- gen wider die Roͤmer allemahl Vorſchub gethan, und ſich dadurch ihrer Feindſee- ligkeit theilhafftig gemachet; in der That aber, um ſo wohl die Hochachtung des Roͤmi- 3 * 1 2 1 §. XIV. 1. caesar beſchreibet den Bau L. IV. c. 17. 2 idem c. 19. 20. 3 Siehe den XIII. §. n. 2. * caesar L. IV. c. 16. bis zum Ende. 1 §. XV. 1. Siehe den VII. §. Nota 1. 2 caesar L. V. c. 2. Neque ad concilia ueni- ebant,

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/66>, abgerufen am 24.11.2024.