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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Neundtes Buch. Geschichte der Teutschen,
erwartete. Aetius und Theodericus hatten einige Ursache, dem König der
Alanen Sangibano, welchem man Schuld gab, daß er Orleans den Hun-
nen hätte liefern wollen, nicht zu trauen. Weßwegen sie die Armee dergestalt
stelleten, daß er mitten unter die andern Truppen, von derer Treue man
genugsam versichert war, zu stehen kam, und demnach tapffer fechten muste,
wenn er auch den Vorsatz Anfangs nicht gehabt hätte. Attila hatte von sei-
ner Seiten die Schlacht-Ordnung so eingerichtet, daß er den Hauptzug selbst
commandirte; die Gothen, Gepiden, und andere in seinen Diensten stehen-
de Völcker aber die beyden Flügel machten. Das Treffen hat nicht so lange
gewehret, als es blutig gewesen seyn muß; wenn anders nur zu begreiffen,
wie in so kurtzer Zeit, so viel tausend Menschen, als man angiebt, sich unter
einander umbringen können2. Theodericus, der König der West-Gothen,
blieb bald zu Anfang des Treffens; aber seine Leute setzten nichts desto weni-
ger mit solcher Wuth in die Hunnen, daß sie selbige in Unordnung brachten.
Die Nacht entschied den Streit, und Attila zog sich in sein Lager zurücke;
der Verlust war von beyden Theilen fast gleich: der folgende Tag versicher-
te aber doch den Römern und Gothen den Preiß des Sieges, weil Attila
sich nicht aus seiner Wagenburg heraus getrauete. Hingegen fiel es den
Bundsgenossen auch unmöglich, ihn aus selbiger mit Gewalt heraus zu trei-
ben3. Der Gothische Printz Thorismond, ward an seines Vaters Stelle

zum
[Beginn Spaltensatz] riacum campum. Es sind verschiedene Meynun-
gen der Gelehrten, wo man diese campos Catalau-
nicos,
oder Mauriacos suchen solle, welche ha-
drianvs valesivs
in notitia gal-
liarvm,
beym Wort Mauriacum, angeführet:
Und iohannes grangierivs hat eine ei-
gene dissertation hierüber geschrieben, welche le
long
in seiner bibliotheque de France n. 52.
anmercket. idativs giebt in seinem chronico
ad A. XXVIII. Valentiniani,
die näheste Nach-
richt. Gens Hunnorum, pace rupta depraedatur
prouincias Galliarum: plurimae ciuitates effra-
ctae: in campis Catalaunicis, haud longe de ci-
uitate quam effregerant Mettis, Aetio duci &
regi Theodori, quibus erat in pace societas, aper-
to Marte confligens, diuino caesa superatur au-
xilio: bellum nox intempesta diremit. Rex illic
Theodores prostratus occubit: CCC ferme millia
hominum, in eo certamine caesa memorantur &c.
Occiso Theodore, Thorismo filius eius succedit in
regno. Hunni cum rege suo Attila relictis Galliis
post certamen Italiam petunt.
pagivs ad h. A.
n.
25. und andere Gelehrte verstehen also durch die-
se campos Catalaunicos die grosse Ebene, so zwey
Frantzösische Meilen von Chalons sur Marne
angehet.
2 iornandes c. 41. In hoc enim famo-
sissimo, & fortissimarum gentium hello ab utrisque
[Spaltenumbruch] partibus CLXII millia caesa referuntur: exceptis
XC. millibus Gepidarum & Francorum, qui an-
te congressionem publicam, noctu sibi occurrentes,
mutuis concidere uulneribus, Francis pro: Roma-
norum, Gepidis pro Hunnorum parte, pugnanti-
tibus.
Jn einigen Exemplarien stehet an statt
XCM nur XVM, und pagivs hat ad h. A. n. 25.
erwiesen, daß die letztere Zahl vorzuziehen sey. Es
ist aber fast vergeblich, die Listen der Todten, so
die Alten angeben, zu untersuchen. Wer an aben-
theuerlichen Umständen Lust hat, kan beym rode-
rico toletano
de rebus Hispan. L. V.
c.
3. nachlesen, wie die Geister noch drey Tage nach
dieser Schlacht gefochten; und wie das Blut der
Todten einen Strom gemacht, der die todten Cör-
per weggeschwemmet. Welches letztere auch ola-
hvs
in Attila c.
7. nachgeschrieben.
3 iornandes c. 40. Postera die luce or-
ta, cum cadaueribus plenos campos aspicerent,
nec audere Hunnos erumpere, suam arbitrantur
autem uictoriam, scientesque, Attilam non nisi
magna clade confusum bello confugisse, cum tamen
nihil ageret, uel prostratus abiectum, sed strepens
armis, tubis canebat, in concussionemque mina-
batur: uelut leo uenabulis pressus, speluncae adi-
tus obambulans, nec audet insurgere, nec definit
fremitibus uicina terrere; sic bellicosissimus rex
nictores suos turbabat inclusus. Conueniuns ita-

[Ende Spaltensatz]
que

Neundtes Buch. Geſchichte der Teutſchen,
erwartete. Aëtius und Theodericus hatten einige Urſache, dem Koͤnig der
Alanen Sangibano, welchem man Schuld gab, daß er Orleans den Hun-
nen haͤtte liefern wollen, nicht zu trauen. Weßwegen ſie die Armee dergeſtalt
ſtelleten, daß er mitten unter die andern Truppen, von derer Treue man
genugſam verſichert war, zu ſtehen kam, und demnach tapffer fechten muſte,
wenn er auch den Vorſatz Anfangs nicht gehabt haͤtte. Attila hatte von ſei-
ner Seiten die Schlacht-Ordnung ſo eingerichtet, daß er den Hauptzug ſelbſt
commandirte; die Gothen, Gepiden, und andere in ſeinen Dienſten ſtehen-
de Voͤlcker aber die beyden Fluͤgel machten. Das Treffen hat nicht ſo lange
gewehret, als es blutig geweſen ſeyn muß; wenn anders nur zu begreiffen,
wie in ſo kurtzer Zeit, ſo viel tauſend Menſchen, als man angiebt, ſich unter
einander umbringen koͤnnen2. Theodericus, der Koͤnig der Weſt-Gothen,
blieb bald zu Anfang des Treffens; aber ſeine Leute ſetzten nichts deſto weni-
ger mit ſolcher Wuth in die Hunnen, daß ſie ſelbige in Unordnung brachten.
Die Nacht entſchied den Streit, und Attila zog ſich in ſein Lager zuruͤcke;
der Verluſt war von beyden Theilen faſt gleich: der folgende Tag verſicher-
te aber doch den Roͤmern und Gothen den Preiß des Sieges, weil Attila
ſich nicht aus ſeiner Wagenburg heraus getrauete. Hingegen fiel es den
Bundsgenoſſen auch unmoͤglich, ihn aus ſelbiger mit Gewalt heraus zu trei-
ben3. Der Gothiſche Printz Thorismond, ward an ſeines Vaters Stelle

zum
[Beginn Spaltensatz] riacum campum. Es ſind verſchiedene Meynun-
gen der Gelehrten, wo man dieſe campos Catalau-
nicos,
oder Mauriacos ſuchen ſolle, welche ha-
drianvs valesivs
in notitia gal-
liarvm,
beym Wort Mauriacum, angefuͤhret:
Und iohannes grangierivs hat eine ei-
gene diſſertation hieruͤber geſchrieben, welche le
long
in ſeiner bibliotheque de France n. 52.
anmercket. idativs giebt in ſeinem chronico
ad A. XXVIII. Valentiniani,
die naͤheſte Nach-
richt. Gens Hunnorum, pace rupta depraedatur
prouincias Galliarum: plurimae ciuitates effra-
ctae: in campis Catalaunicis, haud longe de ci-
uitate quam effregerant Mettis, Aëtio duci &
regi Theodori, quibus erat in pace ſocietas, aper-
to Marte confligens, diuino caeſa ſuperatur au-
xilio: bellum nox intempeſta diremit. Rex illic
Theodores proſtratus occubit: CCC ferme millia
hominum, in eo certamine caeſa memorantur &c.
Occiſo Theodore, Thoriſmo filius eius ſuccedit in
regno. Hunni cum rege ſuo Attila relictis Galliis
poſt certamen Italiam petunt.
pagivs ad h. A.
n.
25. und andere Gelehrte verſtehen alſo durch die-
ſe campos Catalaunicos die groſſe Ebene, ſo zwey
Frantzoͤſiſche Meilen von Chalons ſur Marne
angehet.
2 iornandes c. 41. In hoc enim famo-
ſiſſimo, & fortiſſimarum gentium hello ab utrisque
[Spaltenumbruch] partibus CLXII millia caeſa referuntur: exceptis
XC. millibus Gepidarum & Francorum, qui an-
te congreſſionem publicam, noctu ſibi occurrentes,
mutuis concidere uulneribus, Francis pro: Roma-
norum, Gepidis pro Hunnorum parte, pugnanti-
tibus.
Jn einigen Exemplarien ſtehet an ſtatt
XCM nur XVM, und pagivs hat ad h. A. n. 25.
erwieſen, daß die letztere Zahl vorzuziehen ſey. Es
iſt aber faſt vergeblich, die Liſten der Todten, ſo
die Alten angeben, zu unterſuchen. Wer an aben-
theuerlichen Umſtaͤnden Luſt hat, kan beym rode-
rico toletano
de rebus Hiſpan. L. V.
c.
3. nachleſen, wie die Geiſter noch drey Tage nach
dieſer Schlacht gefochten; und wie das Blut der
Todten einen Strom gemacht, der die todten Coͤr-
per weggeſchwemmet. Welches letztere auch ola-
hvs
in Attila c.
7. nachgeſchrieben.
3 iornandes c. 40. Poſtera die luce or-
ta, cum cadaueribus plenos campos aſpicerent,
nec audere Hunnos erumpere, ſuam arbitrantur
autem uictoriam, ſcientesque, Attilam non niſi
magna clade confuſum bello confugiſſe, cum tamen
nihil ageret, uel proſtratus abiectum, ſed ſtrepens
armis, tubis canebat, in concuſſionemque mina-
batur: uelut leo uenabulis preſſus, ſpeluncae adi-
tus obambulans, nec audet inſurgere, nec definit
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[434/0468] Neundtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, erwartete. Aëtius und Theodericus hatten einige Urſache, dem Koͤnig der Alanen Sangibano, welchem man Schuld gab, daß er Orleans den Hun- nen haͤtte liefern wollen, nicht zu trauen. Weßwegen ſie die Armee dergeſtalt ſtelleten, daß er mitten unter die andern Truppen, von derer Treue man genugſam verſichert war, zu ſtehen kam, und demnach tapffer fechten muſte, wenn er auch den Vorſatz Anfangs nicht gehabt haͤtte. Attila hatte von ſei- ner Seiten die Schlacht-Ordnung ſo eingerichtet, daß er den Hauptzug ſelbſt commandirte; die Gothen, Gepiden, und andere in ſeinen Dienſten ſtehen- de Voͤlcker aber die beyden Fluͤgel machten. Das Treffen hat nicht ſo lange gewehret, als es blutig geweſen ſeyn muß; wenn anders nur zu begreiffen, wie in ſo kurtzer Zeit, ſo viel tauſend Menſchen, als man angiebt, ſich unter einander umbringen koͤnnen 2. Theodericus, der Koͤnig der Weſt-Gothen, blieb bald zu Anfang des Treffens; aber ſeine Leute ſetzten nichts deſto weni- ger mit ſolcher Wuth in die Hunnen, daß ſie ſelbige in Unordnung brachten. Die Nacht entſchied den Streit, und Attila zog ſich in ſein Lager zuruͤcke; der Verluſt war von beyden Theilen faſt gleich: der folgende Tag verſicher- te aber doch den Roͤmern und Gothen den Preiß des Sieges, weil Attila ſich nicht aus ſeiner Wagenburg heraus getrauete. Hingegen fiel es den Bundsgenoſſen auch unmoͤglich, ihn aus ſelbiger mit Gewalt heraus zu trei- ben 3. Der Gothiſche Printz Thorismond, ward an ſeines Vaters Stelle zum 1 2 iornandes c. 41. In hoc enim famo- ſiſſimo, & fortiſſimarum gentium hello ab utrisque partibus CLXII millia caeſa referuntur: exceptis XC. millibus Gepidarum & Francorum, qui an- te congreſſionem publicam, noctu ſibi occurrentes, mutuis concidere uulneribus, Francis pro: Roma- norum, Gepidis pro Hunnorum parte, pugnanti- tibus. Jn einigen Exemplarien ſtehet an ſtatt XCM nur XVM, und pagivs hat ad h. A. n. 25. erwieſen, daß die letztere Zahl vorzuziehen ſey. Es iſt aber faſt vergeblich, die Liſten der Todten, ſo die Alten angeben, zu unterſuchen. Wer an aben- theuerlichen Umſtaͤnden Luſt hat, kan beym rode- rico toletano de rebus Hiſpan. L. V. c. 3. nachleſen, wie die Geiſter noch drey Tage nach dieſer Schlacht gefochten; und wie das Blut der Todten einen Strom gemacht, der die todten Coͤr- per weggeſchwemmet. Welches letztere auch ola- hvs in Attila c. 7. nachgeſchrieben. 3 iornandes c. 40. Poſtera die luce or- ta, cum cadaueribus plenos campos aſpicerent, nec audere Hunnos erumpere, ſuam arbitrantur autem uictoriam, ſcientesque, Attilam non niſi magna clade confuſum bello confugiſſe, cum tamen nihil ageret, uel proſtratus abiectum, ſed ſtrepens armis, tubis canebat, in concuſſionemque mina- batur: uelut leo uenabulis preſſus, ſpeluncae adi- tus obambulans, nec audet inſurgere, nec definit fremitibus uicina terrere; ſic bellicoſiſſimus rex nictores ſuos turbabat incluſus. Conueniuns ita- que 1 riacum campum. Es ſind verſchiedene Meynun- gen der Gelehrten, wo man dieſe campos Catalau- nicos, oder Mauriacos ſuchen ſolle, welche ha- drianvs valesivs in notitia gal- liarvm, beym Wort Mauriacum, angefuͤhret: Und iohannes grangierivs hat eine ei- gene diſſertation hieruͤber geſchrieben, welche le long in ſeiner bibliotheque de France n. 52. anmercket. idativs giebt in ſeinem chronico ad A. XXVIII. Valentiniani, die naͤheſte Nach- richt. Gens Hunnorum, pace rupta depraedatur prouincias Galliarum: plurimae ciuitates effra- ctae: in campis Catalaunicis, haud longe de ci- uitate quam effregerant Mettis, Aëtio duci & regi Theodori, quibus erat in pace ſocietas, aper- to Marte confligens, diuino caeſa ſuperatur au- xilio: bellum nox intempeſta diremit. Rex illic Theodores proſtratus occubit: CCC ferme millia hominum, in eo certamine caeſa memorantur &c. Occiſo Theodore, Thoriſmo filius eius ſuccedit in regno. Hunni cum rege ſuo Attila relictis Galliis poſt certamen Italiam petunt. pagivs ad h. A. n. 25. und andere Gelehrte verſtehen alſo durch die- ſe campos Catalaunicos die groſſe Ebene, ſo zwey Frantzoͤſiſche Meilen von Chalons ſur Marne angehet.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/468>, abgerufen am 22.11.2024.