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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Siebendes Buch. Geschichte der Teutschen

§. V. Valentinianus selbst aber rüstete sich von seiner Seyten, gegen die
Valentinia-
nus
fällt den
Alemannen
ins Land, und
nöthiget sie
über den Ne-
cker zu weichen.
Alemannen auszuziehen. Mitten unter seinen Zurüstungen, überrumpelte ein
Alemannischer Printz gantz unvermuthet die Stadt Mayntz, als wenig oder gar
keine Besatzung darinnen war, an einem hohen Fest-Tage, da die Leute eben in
der Kirche waren, die ihm also ohne Gegenwehr in die Hände fielen, und in die
Dienstbarkeit geschleppet wurden 1. Die Römer fürchteten unter allen Ale-
mannischen Fürsten keinen so sehr, als Vithicabium, einen Sohn des berühm-
ten Vadomarii, der Iuliano so viel zu schaffen gemacht. Dem äuserlichen An-
sehen nach hätte man es ihm nicht zutrauen sollen, indem er weich und kräncklich
aussahe. Aber in dem zärtlichen Leibe wohnete ein desto stärckerer Geist, der
alle Umstände zu übersehen, und zu seinem vorgesetzten Zweck einzurichten, fähig
war; so, daß alles, was die andern feindliches unternahmen, von seinen An-
schlägen herrührete. Die Römer ruheten also nicht eher, als bis sie einen von
seinen vertrautesten Bedienten bestochen, der ihn durch Meuchel-Mord aus dem
Wege räumete. So sehr war die Art des Hofes von der Großmuth der alten
Römer abgewichen, die da gegläubet, es wäre schon Meuchel-Mord und Ver-
rätherey, wenn sie auch nur denen, die sich freywillig darzu anbothen, Gehör
gäben. Durch Vithicabii Tod wurden die Einfälle der Alemannen etwas un-
terbrochen, welche Zeit Valentinianus anwendete, seine Armee zu verstärcken,
und Sebastianum mit denen, unter ihm in Jtalien, und im Illyrico stehenden
Truppen an sich zu ziehen. Worauf er nebst Gratiano, und den beyden Genera-
len Iovino und Severo, zu Anfang des Sommers über den Rhein gieng 2.
Die Römische Armee theilete sich in drey Züge. Nach etlichen Tagen kamen sie
bey Solicinio zusammen 3, in welcher Gegend die Alemannen einen jähen Berg
eingenommen hatten, welchem nirgend, als von der Nord-Seyte beyzukom-
men war. Dem ungeachtet entschloß Valentinianus, sie anzugreiffen, wäre

aber
1 [Beginn Spaltensatz] §. V. 1. marcellinvs L. XXVII. cap. 10.
Sub idem fere tempus, Valentiniano ad expeditionem
caute ut rebatur profecto, Alamannus regalis,
Rando nomine, diu praestruens quod cogitabat,
Moguntiacum praesidiis uacuum cum expeditis ad
latrocinandum latenter irrepsit. Et quoniam casu,
Christiani ritus inuenit celebrari sollemnitatem,
impraepedite cuiusquemodi fortunae, uirile & mu-
liebre sexus, cum suppellectili non parua indefen-
sum abduxit.
2 Von der Zeit dieses Zuges läßt sich aus verschie-
denen Gesetzen urtheilen, die in diesem Jahr in eini-
gen um den Rhein gelegenen Städten datiret sind.
Hieher gehöret aus dem codice Theodosiano L. 18.
de episcopis
so A. 368. um die Mitte, und L. 8. de
medicis & profess.
so zu Ende des Januarii, L. 3. de
reparationibus appellat. L. 1. si vagum manci-
pium. L. 9. de cohortalibus. L. 9 de pistori-
bus,
so im Martio, L. 10. de exactionibus. L. 1.
[Spaltenumbruch] de executoribus. L. 8. de tironibus, so im Aprill,
L. 2. de metatis so im May, L. 2. si vagum peta-
tur mancipium,
so im Junio alle zu Trier, L. 3. de
praediis naviculariorum,
so zu Ende des Julii zu
Worms. L. un. ne damna provincialibus, so zu En-
de des Septembris zu Cölln, und L. 12. de pistori-
bus. L. 29. de cursu publ. L. 3. de relationibus,

so im Dec. wiederum zu Trier gegeben worden. Sie-
he iac. gothofredi chronologiam cod.
Theod. ad h. A.
3 Al. Soliconmo, v. rhenanvs rer.
Germ. L. III.
der da meynet, es werde hier Sultz,
so unter Rothweil am lincken Ufer vom Necker liegt,
verstanden. Zum wenigsten ist es wahrscheinlicher,
als wenn man Solms, so zwischen Mayntz und Trier
liegt, wie etliche nach crvsii Bericht Ann. l. 7.
P. I. cap. 2. p.
159. sich eingebildet, verstehen wolte.
bvcherivs will Lib. XI. c. 9. §. 3. Sultzbach
in der Berg-Straße, über Heydelberg, hier ver-
[Ende Spaltensatz]
standen
Siebendes Buch. Geſchichte der Teutſchen

§. V. Valentinianus ſelbſt aber ruͤſtete ſich von ſeiner Seyten, gegen die
Valentinia-
nus
faͤllt den
Alemannen
ins Land, und
noͤthiget ſie
uͤber den Ne-
cker zu weichẽ.
Alemannen auszuziehen. Mitten unter ſeinen Zuruͤſtungen, uͤberrumpelte ein
Alemanniſcher Printz gantz unvermuthet die Stadt Mayntz, als wenig oder gar
keine Beſatzung darinnen war, an einem hohen Feſt-Tage, da die Leute eben in
der Kirche waren, die ihm alſo ohne Gegenwehr in die Haͤnde fielen, und in die
Dienſtbarkeit geſchleppet wurden 1. Die Roͤmer fuͤrchteten unter allen Ale-
manniſchen Fuͤrſten keinen ſo ſehr, als Vithicabium, einen Sohn des beruͤhm-
ten Vadomarii, der Iuliano ſo viel zu ſchaffen gemacht. Dem aͤuſerlichen An-
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ausſahe. Aber in dem zaͤrtlichen Leibe wohnete ein deſto ſtaͤrckerer Geiſt, der
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war; ſo, daß alles, was die andern feindliches unternahmen, von ſeinen An-
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ſeinen vertrauteſten Bedienten beſtochen, der ihn durch Meuchel-Mord aus dem
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Roͤmer abgewichen, die da geglaͤubet, es waͤre ſchon Meuchel-Mord und Ver-
raͤtherey, wenn ſie auch nur denen, die ſich freywillig darzu anbothen, Gehoͤr
gaͤben. Durch Vithicabii Tod wurden die Einfaͤlle der Alemannen etwas un-
terbrochen, welche Zeit Valentinianus anwendete, ſeine Armee zu verſtaͤrcken,
und Sebaſtianum mit denen, unter ihm in Jtalien, und im Illyrico ſtehenden
Truppen an ſich zu ziehen. Worauf er nebſt Gratiano, und den beyden Genera-
len Iovino und Severo, zu Anfang des Sommers uͤber den Rhein gieng 2.
Die Roͤmiſche Armee theilete ſich in drey Zuͤge. Nach etlichen Tagen kamen ſie
bey Solicinio zuſammen 3, in welcher Gegend die Alemannen einen jaͤhen Berg
eingenommen hatten, welchem nirgend, als von der Nord-Seyte beyzukom-
men war. Dem ungeachtet entſchloß Valentinianus, ſie anzugreiffen, waͤre

aber
1 [Beginn Spaltensatz] §. V. 1. marcellinvs L. XXVII. cap. 10.
Sub idem fere tempus, Valentiniano ad expeditionem
caute ut rebatur profecto, Alamannus regalis,
Rando nomine, diu praeſtruens quod cogitabat,
Moguntiacum praeſidiis uacuum cum expeditis ad
latrocinandum latenter irrepſit. Et quoniam caſu,
Chriſtiani ritus inuenit celebrari ſollemnitatem,
impraepedite cuiusquemodi fortunae, uirile & mu-
liebre ſexus, cum ſuppellectili non parua indefen-
ſum abduxit.
2 Von der Zeit dieſes Zuges laͤßt ſich aus verſchie-
denen Geſetzen urtheilen, die in dieſem Jahr in eini-
gen um den Rhein gelegenen Staͤdten datiret ſind.
Hieher gehoͤret aus dem codice Theodoſiano L. 18.
de epiſcopis
ſo A. 368. um die Mitte, und L. 8. de
medicis & profeſſ.
ſo zu Ende des Januarii, L. 3. de
reparationibus appellat. L. 1. ſi vagum manci-
pium. L. 9. de cohortalibus. L. 9 de piſtori-
bus,
ſo im Martio, L. 10. de exactionibus. L. 1.
[Spaltenumbruch] de executoribus. L. 8. de tironibus, ſo im Aprill,
L. 2. de metatis ſo im May, L. 2. ſi vagum peta-
tur mancipium,
ſo im Junio alle zu Trier, L. 3. de
prædiis naviculariorum,
ſo zu Ende des Julii zu
Worms. L. un. ne damna provincialibus, ſo zu En-
de des Septembris zu Coͤlln, und L. 12. de piſtori-
bus. L. 29. de curſu publ. L. 3. de relationibus,

ſo im Dec. wiederum zu Trier gegeben worden. Sie-
he iac. gothofredi chronologiam cod.
Theod. ad h. A.
3 Al. Soliconmo, v. rhenanvs rer.
Germ. L. III.
der da meynet, es werde hier Sultz,
ſo unter Rothweil am lincken Ufer vom Necker liegt,
verſtanden. Zum wenigſten iſt es wahrſcheinlicher,
als wenn man Solms, ſo zwiſchen Mayntz und Trier
liegt, wie etliche nach crvsii Bericht Ann. l. 7.
P. I. cap. 2. p.
159. ſich eingebildet, verſtehen wolte.
bvcherivs will Lib. XI. c. 9. §. 3. Sultzbach
in der Berg-Straße, uͤber Heydelberg, hier ver-
[Ende Spaltensatz]
ſtanden
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[272/0306] Siebendes Buch. Geſchichte der Teutſchen §. V. Valentinianus ſelbſt aber ruͤſtete ſich von ſeiner Seyten, gegen die Alemannen auszuziehen. Mitten unter ſeinen Zuruͤſtungen, uͤberrumpelte ein Alemanniſcher Printz gantz unvermuthet die Stadt Mayntz, als wenig oder gar keine Beſatzung darinnen war, an einem hohen Feſt-Tage, da die Leute eben in der Kirche waren, die ihm alſo ohne Gegenwehr in die Haͤnde fielen, und in die Dienſtbarkeit geſchleppet wurden 1. Die Roͤmer fuͤrchteten unter allen Ale- manniſchen Fuͤrſten keinen ſo ſehr, als Vithicabium, einen Sohn des beruͤhm- ten Vadomarii, der Iuliano ſo viel zu ſchaffen gemacht. Dem aͤuſerlichen An- ſehen nach haͤtte man es ihm nicht zutrauen ſollen, indem er weich und kraͤncklich ausſahe. Aber in dem zaͤrtlichen Leibe wohnete ein deſto ſtaͤrckerer Geiſt, der alle Umſtaͤnde zu uͤberſehen, und zu ſeinem vorgeſetzten Zweck einzurichten, faͤhig war; ſo, daß alles, was die andern feindliches unternahmen, von ſeinen An- ſchlaͤgen herruͤhrete. Die Roͤmer ruheten alſo nicht eher, als bis ſie einen von ſeinen vertrauteſten Bedienten beſtochen, der ihn durch Meuchel-Mord aus dem Wege raͤumete. So ſehr war die Art des Hofes von der Großmuth der alten Roͤmer abgewichen, die da geglaͤubet, es waͤre ſchon Meuchel-Mord und Ver- raͤtherey, wenn ſie auch nur denen, die ſich freywillig darzu anbothen, Gehoͤr gaͤben. Durch Vithicabii Tod wurden die Einfaͤlle der Alemannen etwas un- terbrochen, welche Zeit Valentinianus anwendete, ſeine Armee zu verſtaͤrcken, und Sebaſtianum mit denen, unter ihm in Jtalien, und im Illyrico ſtehenden Truppen an ſich zu ziehen. Worauf er nebſt Gratiano, und den beyden Genera- len Iovino und Severo, zu Anfang des Sommers uͤber den Rhein gieng 2. Die Roͤmiſche Armee theilete ſich in drey Zuͤge. Nach etlichen Tagen kamen ſie bey Solicinio zuſammen 3, in welcher Gegend die Alemannen einen jaͤhen Berg eingenommen hatten, welchem nirgend, als von der Nord-Seyte beyzukom- men war. Dem ungeachtet entſchloß Valentinianus, ſie anzugreiffen, waͤre aber Valentinia- nus faͤllt den Alemannen ins Land, und noͤthiget ſie uͤber den Ne- cker zu weichẽ. 1 §. V. 1. marcellinvs L. XXVII. cap. 10. Sub idem fere tempus, Valentiniano ad expeditionem caute ut rebatur profecto, Alamannus regalis, Rando nomine, diu praeſtruens quod cogitabat, Moguntiacum praeſidiis uacuum cum expeditis ad latrocinandum latenter irrepſit. Et quoniam caſu, Chriſtiani ritus inuenit celebrari ſollemnitatem, impraepedite cuiusquemodi fortunae, uirile & mu- liebre ſexus, cum ſuppellectili non parua indefen- ſum abduxit. 2 Von der Zeit dieſes Zuges laͤßt ſich aus verſchie- denen Geſetzen urtheilen, die in dieſem Jahr in eini- gen um den Rhein gelegenen Staͤdten datiret ſind. Hieher gehoͤret aus dem codice Theodoſiano L. 18. de epiſcopis ſo A. 368. um die Mitte, und L. 8. de medicis & profeſſ. ſo zu Ende des Januarii, L. 3. de reparationibus appellat. L. 1. ſi vagum manci- pium. L. 9. de cohortalibus. L. 9 de piſtori- bus, ſo im Martio, L. 10. de exactionibus. L. 1. de executoribus. L. 8. de tironibus, ſo im Aprill, L. 2. de metatis ſo im May, L. 2. ſi vagum peta- tur mancipium, ſo im Junio alle zu Trier, L. 3. de prædiis naviculariorum, ſo zu Ende des Julii zu Worms. L. un. ne damna provincialibus, ſo zu En- de des Septembris zu Coͤlln, und L. 12. de piſtori- bus. L. 29. de curſu publ. L. 3. de relationibus, ſo im Dec. wiederum zu Trier gegeben worden. Sie- he iac. gothofredi chronologiam cod. Theod. ad h. A. 3 Al. Soliconmo, v. rhenanvs rer. Germ. L. III. der da meynet, es werde hier Sultz, ſo unter Rothweil am lincken Ufer vom Necker liegt, verſtanden. Zum wenigſten iſt es wahrſcheinlicher, als wenn man Solms, ſo zwiſchen Mayntz und Trier liegt, wie etliche nach crvsii Bericht Ann. l. 7. P. I. cap. 2. p. 159. ſich eingebildet, verſtehen wolte. bvcherivs will Lib. XI. c. 9. §. 3. Sultzbach in der Berg-Straße, uͤber Heydelberg, hier ver- ſtanden

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/306>, abgerufen am 22.11.2024.