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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Viertes Buch. Geschichte der Teutschen
ihre Person von allem sichtl. Umgange mit andern Menschen abgesondert, und man
konnte sie nicht anders, als durch iemand von ihren Anverwandten zu Rathe ziehen4.
Sie hatte ietzt um so viel mehr Credit, weil sie den glücklichen Fortgang der Teut-
schen Waffen prophezeyet gehabt5, und es wird sich unten ferner zeigen, wie viel
ihre Aussprüche in diesem gantzen Kriege gegolten*.

XLVIII. Die dreyzehende Legion, so zu Neus lag, und die von Bonn, so
Zerstörung der
Römischen Ve-
sten und Läger
lüngst dem
Rheine.
beyde sich ergeben, wurden von Claudio Sancto nach Trier abgeführet, welches
gleichsam die Haupt-Stadt von dem neuen Imperio Galliarum werden sollte.
Alle Läger, und Quartiere, wo bisher Legiones, Cohortes, alae, ihre Winter-
Quartiere gehabt, wurden in Brand gestecket, und geschleiffet: ausser die zu
Mayntz, und zu Vindonissa, daß also der Rhein mit einmahl fast aller seiner Fes-
seln entlediget wurde*.

XLIX. Civilis hatte sich mit den Galliern weiter nicht, als in Bündnisse
Civilis Ab-
sichten. Die
Ubier treten
in den Teut-
schen Bund.
eingelassen1, und trachtete seinen eigenen Anhang von Tage zu Tage zu verstär-
cken, in Hoffnung, wenn nur einmahl mit Hülffe der Gallier, die Gewalt der
Römer vertilget worden, mit ihnen selbst hernach schon umzuspringen. Es kam
viel auf die Coloniam Vbiorum an. Die Teutschen Völcker, so von dem andern Ufer
des Rheins Civili zu Hülffe ausgezogen waren, hätten lieber gesehen, daß sie ih-
nen wäre preiß gegeben worden. Die Tenchterer, so die nächsten Nachbarn wa-
ren, schicketen eine Gesandtschafft an sie, und verlangeten, daß sie alle Römer, so
in ihrem Gebiethe anzutreffen wären, umbringen, und die Stadt-Mauern ein-
reissen sollten, damit die vorige Gemeinschafft, mit andern Teutschen Völckern,
desto eher hergestellet würde2. Die Cölner stellten die Sache auf der Velleda,
und des Civilis Ausspruch3, durch welche sie dahin gerichtet ward, daß die
Stadt mit in den Teutschen Bund treten, und die Zölle am Rheine aufheben soll-
te, damit Handel und Wandel frey wäre. Civilis ging darauf weiter, und nö-
thigte die Sunicos5, mit in den Bund zu treten. Bey Mastricht hatte Clau-
dius Labeo
in Eil, eine Armee von Tungris, Bethasiis, und Nerviis, zusam-

men
[Beginn Spaltensatz] auf lauter Muthmassungen, wie auch was von dem
Namen Velleda selbst angeführet wird.
4 tacitvs H. L. IV. c. 67. Sed coram adi-
re, alloquique, Velledam, negatum. Arcebantur con-
spectu, quo venerationis plus inesset. Ipsa edita in
turri: delectus e propinquis, consulta responsaque,
ut internuntius numinis, portabat.
5 tacitvs H. L. IV. c. 67. Tuncque Velle-
dae auctoritas adoleuit. Nam prosperas Germanis
res, & excidium legionum, praedixerat.
* tacitvs H. L. IV. c. 59-62.
* §. XLVIII. * tacitvs H. L. IV. c. 61. 62.
1 §. XLIV. 1. tacitvs H. L. IV. c. 61. Neque
se, neque quenquam Batavum, in uerba Galliarum
adegit, fisus Germanorum opibus, &, si certandum
aduersus Gallos de possessione rerum foret, inclitus
fama, & potior.
2 tacitvs leget den Gesandten nachfolgende
[Spaltenumbruch] Rede bey. H. L. IV. c. 64. Rediisse uos in corpus no-
menque Germaniae, communibus Deis, sed praeci-
puo Deorum, Marti, grates agimus: uobisque gratu-
lamur, quod tandem liberi inter liberos eritis. Nam
ad hunc diem flumina ac terras, & coelum quodam-
modo ipsum, clauserant Romani, ut colloquia con-
gressusque nostros arcerent; uel, quod contumelio-
sius est, uiris ad arma natis, inermes ac prope nudi,
sub custode & pretio coiremus. Sed ut amicitia, soci-
etasque nostra, in aeternum rata sint: postulamus a
uobis, muros coloniae, munimenta seruitii, detra-
hatis. Etiam fera animalia, si clausa teneas, uirtutis
obliuiscuntur. Romanos omnes, in finibus uestris,
trucidetis, haud facile libertas, & domini miscentur:
bona interfectorum in medium cedant, ne quis occu-
lere quidquam, aut segregare caussam suam, possit.
Liceat nobis, uobisque utramque ripam colere, ut olim
maioribus nostris, quomodo lucem diemq; omnibus ho-

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Viertes Buch. Geſchichte der Teutſchen
ihre Perſon von allem ſichtl. Umgange mit andern Menſchen abgeſondert, und man
koñte ſie nicht anders, als durch iemand von ihren Anverwandten zu Rathe ziehen4.
Sie hatte ietzt um ſo viel mehr Credit, weil ſie den gluͤcklichen Fortgang der Teut-
ſchen Waffen prophezeyet gehabt5, und es wird ſich unten ferner zeigen, wie viel
ihre Ausſpruͤche in dieſem gantzen Kriege gegolten*.

XLVIII. Die dreyzehende Legion, ſo zu Neus lag, und die von Bonn, ſo
Zerſtoͤrung der
Roͤmiſchẽ Ve-
ſten und Laͤger
luͤngſt dem
Rheine.
beyde ſich ergeben, wurden von Claudio Sancto nach Trier abgefuͤhret, welches
gleichſam die Haupt-Stadt von dem neuen Imperio Galliarum werden ſollte.
Alle Laͤger, und Quartiere, wo bisher Legiones, Cohortes, alae, ihre Winter-
Quartiere gehabt, wurden in Brand geſtecket, und geſchleiffet: auſſer die zu
Mayntz, und zu Vindoniſſa, daß alſo der Rhein mit einmahl faſt aller ſeiner Feſ-
ſeln entlediget wurde*.

XLIX. Civilis hatte ſich mit den Galliern weiter nicht, als in Buͤndniſſe
Civilis Ab-
ſichten. Die
Ubier treten
in den Teut-
ſchen Bund.
eingelaſſen1, und trachtete ſeinen eigenen Anhang von Tage zu Tage zu verſtaͤr-
cken, in Hoffnung, wenn nur einmahl mit Huͤlffe der Gallier, die Gewalt der
Roͤmer vertilget worden, mit ihnen ſelbſt hernach ſchon umzuſpringen. Es kam
viel auf die Coloniam Vbiorum an. Die Teutſchẽ Voͤlcker, ſo von dem andern Ufer
des Rheins Civili zu Huͤlffe ausgezogen waren, haͤtten lieber geſehen, daß ſie ih-
nen waͤre preiß gegeben worden. Die Tenchterer, ſo die naͤchſten Nachbarn wa-
ren, ſchicketen eine Geſandtſchafft an ſie, und verlangeten, daß ſie alle Roͤmer, ſo
in ihrem Gebiethe anzutreffen waͤren, umbringen, und die Stadt-Mauern ein-
reiſſen ſollten, damit die vorige Gemeinſchafft, mit andern Teutſchen Voͤlckern,
deſto eher hergeſtellet wuͤrde2. Die Coͤlner ſtellten die Sache auf der Velleda,
und des Civilis Ausſpruch3, durch welche ſie dahin gerichtet ward, daß die
Stadt mit in den Teutſchen Bund treten, und die Zoͤlle am Rheine aufheben ſoll-
te, damit Handel und Wandel frey waͤre. Civilis ging darauf weiter, und noͤ-
thigte die Sunicos5, mit in den Bund zu treten. Bey Maſtricht hatte Clau-
dius Labeo
in Eil, eine Armee von Tungris, Bethaſiis, und Nerviis, zuſam-

men
[Beginn Spaltensatz] auf lauter Muthmaſſungen, wie auch was von dem
Namen Velleda ſelbſt angefuͤhret wird.
4 tacitvs H. L. IV. c. 67. Sed coram adi-
re, alloquique, Velledam, negatum. Arcebantur con-
ſpectu, quo venerationis plus ineſſet. Ipſa edita in
turri: delectus e propinquis, conſulta reſponſaque,
ut internuntius numinis, portabat.
5 tacitvs H. L. IV. c. 67. Tuncque Velle-
dae auctoritas adoleuit. Nam proſperas Germanis
res, & excidium legionum, praedixerat.
* tacitvs H. L. IV. c. 59-62.
* §. XLVIII. * tacitvs H. L. IV. c. 61. 62.
1 §. XLIV. 1. tacitvs H. L. IV. c. 61. Neque
ſe, neque quenquam Batavum, in uerba Galliarum
adegit, fiſus Germanorum opibus, &, ſi certandum
aduerſus Gallos de poſſeſſione rerum foret, inclitus
fama, & potior.
2 tacitvs leget den Geſandten nachfolgende
[Spaltenumbruch] Rede bey. H. L. IV. c. 64. Rediiſſe uos in corpus no-
menque Germaniae, communibus Deis, ſed praeci-
puo Deorum, Marti, grates agimus: uobisque gratu-
lamur, quod tandem liberi inter liberos eritis. Nam
ad hunc diem flumina ac terras, & coelum quodam-
modo ipſum, clauſerant Romani, ut colloquia con-
greſſusque noſtros arcerent; uel, quod contumelio-
ſius eſt, uiris ad arma natis, inermes ac prope nudi,
ſub cuſtode & pretio coiremus. Sed ut amicitia, ſoci-
etasque noſtra, in aeternum rata ſint: poſtulamus a
uobis, muros coloniae, munimenta ſeruitii, detra-
hatis. Etiam fera animalia, ſi clauſa teneas, uirtutis
obliuiſcuntur. Romanos omnes, in finibus ueſtris,
trucidetis, haud facile libertas, & domini miſcentur:
bona interfectorum in medium cedant, ne quis occu-
lere quidquam, aut ſegregare cauſſam ſuam, poſſit.
Liceat nobis, uobisque utramque ripam colere, ut olim
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[128/0162] Viertes Buch. Geſchichte der Teutſchen ihre Perſon von allem ſichtl. Umgange mit andern Menſchen abgeſondert, und man koñte ſie nicht anders, als durch iemand von ihren Anverwandten zu Rathe ziehen 4. Sie hatte ietzt um ſo viel mehr Credit, weil ſie den gluͤcklichen Fortgang der Teut- ſchen Waffen prophezeyet gehabt 5, und es wird ſich unten ferner zeigen, wie viel ihre Ausſpruͤche in dieſem gantzen Kriege gegolten *. XLVIII. Die dreyzehende Legion, ſo zu Neus lag, und die von Bonn, ſo beyde ſich ergeben, wurden von Claudio Sancto nach Trier abgefuͤhret, welches gleichſam die Haupt-Stadt von dem neuen Imperio Galliarum werden ſollte. Alle Laͤger, und Quartiere, wo bisher Legiones, Cohortes, alae, ihre Winter- Quartiere gehabt, wurden in Brand geſtecket, und geſchleiffet: auſſer die zu Mayntz, und zu Vindoniſſa, daß alſo der Rhein mit einmahl faſt aller ſeiner Feſ- ſeln entlediget wurde *. Zerſtoͤrung der Roͤmiſchẽ Ve- ſten und Laͤger luͤngſt dem Rheine. XLIX. Civilis hatte ſich mit den Galliern weiter nicht, als in Buͤndniſſe eingelaſſen 1, und trachtete ſeinen eigenen Anhang von Tage zu Tage zu verſtaͤr- cken, in Hoffnung, wenn nur einmahl mit Huͤlffe der Gallier, die Gewalt der Roͤmer vertilget worden, mit ihnen ſelbſt hernach ſchon umzuſpringen. Es kam viel auf die Coloniam Vbiorum an. Die Teutſchẽ Voͤlcker, ſo von dem andern Ufer des Rheins Civili zu Huͤlffe ausgezogen waren, haͤtten lieber geſehen, daß ſie ih- nen waͤre preiß gegeben worden. Die Tenchterer, ſo die naͤchſten Nachbarn wa- ren, ſchicketen eine Geſandtſchafft an ſie, und verlangeten, daß ſie alle Roͤmer, ſo in ihrem Gebiethe anzutreffen waͤren, umbringen, und die Stadt-Mauern ein- reiſſen ſollten, damit die vorige Gemeinſchafft, mit andern Teutſchen Voͤlckern, deſto eher hergeſtellet wuͤrde 2. Die Coͤlner ſtellten die Sache auf der Velleda, und des Civilis Ausſpruch 3, durch welche ſie dahin gerichtet ward, daß die Stadt mit in den Teutſchen Bund treten, und die Zoͤlle am Rheine aufheben ſoll- te, damit Handel und Wandel frey waͤre. Civilis ging darauf weiter, und noͤ- thigte die Sunicos 5, mit in den Bund zu treten. Bey Maſtricht hatte Clau- dius Labeo in Eil, eine Armee von Tungris, Bethaſiis, und Nerviis, zuſam- men 3 Civilis Ab- ſichten. Die Ubier treten in den Teut- ſchen Bund. 4 tacitvs H. L. IV. c. 67. Sed coram adi- re, alloquique, Velledam, negatum. Arcebantur con- ſpectu, quo venerationis plus ineſſet. Ipſa edita in turri: delectus e propinquis, conſulta reſponſaque, ut internuntius numinis, portabat. 5 tacitvs H. L. IV. c. 67. Tuncque Velle- dae auctoritas adoleuit. Nam proſperas Germanis res, & excidium legionum, praedixerat. * tacitvs H. L. IV. c. 59-62. * §. XLVIII. * tacitvs H. L. IV. c. 61. 62. 1 §. XLIV. 1. tacitvs H. L. IV. c. 61. Neque ſe, neque quenquam Batavum, in uerba Galliarum adegit, fiſus Germanorum opibus, &, ſi certandum aduerſus Gallos de poſſeſſione rerum foret, inclitus fama, & potior. 2 tacitvs leget den Geſandten nachfolgende Rede bey. H. L. IV. c. 64. Rediiſſe uos in corpus no- menque Germaniae, communibus Deis, ſed praeci- puo Deorum, Marti, grates agimus: uobisque gratu- lamur, quod tandem liberi inter liberos eritis. Nam ad hunc diem flumina ac terras, & coelum quodam- modo ipſum, clauſerant Romani, ut colloquia con- greſſusque noſtros arcerent; uel, quod contumelio- ſius eſt, uiris ad arma natis, inermes ac prope nudi, ſub cuſtode & pretio coiremus. Sed ut amicitia, ſoci- etasque noſtra, in aeternum rata ſint: poſtulamus a uobis, muros coloniae, munimenta ſeruitii, detra- hatis. Etiam fera animalia, ſi clauſa teneas, uirtutis obliuiſcuntur. Romanos omnes, in finibus ueſtris, trucidetis, haud facile libertas, & domini miſcentur: bona interfectorum in medium cedant, ne quis occu- lere quidquam, aut ſegregare cauſſam ſuam, poſſit. Liceat nobis, uobisque utramque ripam colere, ut olim maioribus noſtris, quomodo lucem diemq; omnibus ho- minibus 3 5 3 auf lauter Muthmaſſungen, wie auch was von dem Namen Velleda ſelbſt angefuͤhret wird.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/162>, abgerufen am 25.11.2024.