Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Völcker, die Schlachten, Stifftungen und Untergang
der Reiche sind wohl ausser Zweiffel zu setzen, wenn gleich
ein Theil der geheimeren Umstände verborgen bleibt, oder
von den Autoribus nicht auf einerley Art erzehlet wird.
Es ist überhaupt das innere der Sachen selten heraus
zu bringen. Offt begnügt man sich, wenn man weiß, was
zu denen Zeiten, da sie sich zugetragen, davon gesprochen
worden: und keine Historici sind verdächtiger, als die
mit grossem Vertrauen, was in der Fürsten Cabinet für-
gegangen sey, erzehlen. Hierüber habe noch die besondere
Schwierigkeit gefunden, daß ich die Nachrichten von den
Teutschen gröstentheils aus ihren Feinden sammlen müs-
sen; und in der Röm. Historie selbst solche Lücken vorkommen,
da fast aller Zusammenhang aufhöret. Um aber, dem allen
ungeachtet, den möglichen Grad von Gewißheit zu er-
reichen, so habe allenthalben die Autores, so zu den Zeiten,
von welchen gehandelt wird, gelebet, oder ihnen doch am nä-
hesten gewesen, zu Rathe gezogen; auch die Römischen
Müntzen, Jnscriptionen, und andere Denckmahle, die
etwas zur Bestätigung oder Erläuterung beytragen
können, mitgenommen. Vielmals werden Poeten, und
Panegyristen mit angeführet: ihre Zeugnisse aber wer-
den niemals höher, als nach dem Werth, den sie in der
Historie haben können, angegeben. Auf neuere habe

ich

Vorrede.
Voͤlcker, die Schlachten, Stifftungen und Untergang
der Reiche ſind wohl auſſer Zweiffel zu ſetzen, wenn gleich
ein Theil der geheimeren Umſtaͤnde verborgen bleibt, oder
von den Autoribus nicht auf einerley Art erzehlet wird.
Es iſt uͤberhaupt das innere der Sachen ſelten heraus
zu bringen. Offt begnuͤgt man ſich, wenn man weiß, was
zu denen Zeiten, da ſie ſich zugetragen, davon geſprochen
worden: und keine Hiſtorici ſind verdaͤchtiger, als die
mit groſſem Vertrauen, was in der Fuͤrſten Cabinet fuͤr-
gegangen ſey, erzehlen. Hieruͤber habe noch die beſondere
Schwierigkeit gefunden, daß ich die Nachrichten von den
Teutſchen groͤſtentheils aus ihren Feinden ſammlen muͤſ-
ſen; und in der Roͤm. Hiſtorie ſelbſt ſolche Luͤcken vorkom̃en,
da faſt aller Zuſam̃enhang aufhoͤret. Um aber, dem allen
ungeachtet, den moͤglichen Grad von Gewißheit zu er-
reichen, ſo habe allenthalben die Autores, ſo zu den Zeiten,
von welchen gehandelt wird, gelebet, oder ihnen doch am naͤ-
heſten geweſen, zu Rathe gezogen; auch die Roͤmiſchen
Muͤntzen, Jnſcriptionen, und andere Denckmahle, die
etwas zur Beſtaͤtigung oder Erlaͤuterung beytragen
koͤnnen, mitgenommen. Vielmals werden Poeten, und
Panegyriſten mit angefuͤhret: ihre Zeugniſſe aber wer-
den niemals hoͤher, als nach dem Werth, den ſie in der
Hiſtorie haben koͤnnen, angegeben. Auf neuere habe

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0016"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Vo&#x0364;lcker, die Schlachten, Stifftungen und Untergang<lb/>
der Reiche &#x017F;ind wohl au&#x017F;&#x017F;er Zweiffel zu &#x017F;etzen, wenn gleich<lb/>
ein Theil der geheimeren Um&#x017F;ta&#x0364;nde verborgen bleibt, oder<lb/>
von den <hi rendition="#aq">Autoribus</hi> nicht auf einerley Art erzehlet wird.<lb/>
Es i&#x017F;t u&#x0364;berhaupt das innere der Sachen &#x017F;elten heraus<lb/>
zu bringen. Offt begnu&#x0364;gt man &#x017F;ich, wenn man weiß, was<lb/>
zu denen Zeiten, da &#x017F;ie &#x017F;ich zugetragen, davon ge&#x017F;prochen<lb/>
worden: und keine <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;torici</hi> &#x017F;ind verda&#x0364;chtiger, als die<lb/>
mit gro&#x017F;&#x017F;em Vertrauen, was in der Fu&#x0364;r&#x017F;ten Cabinet fu&#x0364;r-<lb/>
gegangen &#x017F;ey, erzehlen. Hieru&#x0364;ber habe noch die be&#x017F;ondere<lb/>
Schwierigkeit gefunden, daß ich die Nachrichten von den<lb/>
Teut&#x017F;chen gro&#x0364;&#x017F;tentheils aus ihren Feinden &#x017F;ammlen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; und in der Ro&#x0364;m. Hi&#x017F;torie &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;olche Lu&#x0364;cken vorkom&#x0303;en,<lb/>
da fa&#x017F;t aller Zu&#x017F;am&#x0303;enhang aufho&#x0364;ret. Um aber, dem allen<lb/>
ungeachtet, den mo&#x0364;glichen Grad von Gewißheit zu er-<lb/>
reichen, &#x017F;o habe allenthalben die <hi rendition="#aq">Autores,</hi> &#x017F;o zu den Zeiten,<lb/>
von welchen gehandelt wird, gelebet, oder ihnen doch am na&#x0364;-<lb/>
he&#x017F;ten gewe&#x017F;en, zu Rathe gezogen; auch die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Mu&#x0364;ntzen, Jn&#x017F;criptionen, und andere Denckmahle, die<lb/>
etwas zur Be&#x017F;ta&#x0364;tigung oder Erla&#x0364;uterung beytragen<lb/>
ko&#x0364;nnen, mitgenommen. Vielmals werden Poeten, und<lb/>
Panegyri&#x017F;ten mit angefu&#x0364;hret: ihre Zeugni&#x017F;&#x017F;e aber wer-<lb/>
den niemals ho&#x0364;her, als nach dem Werth, den &#x017F;ie in der<lb/>
Hi&#x017F;torie haben ko&#x0364;nnen, angegeben. Auf neuere habe<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] Vorrede. Voͤlcker, die Schlachten, Stifftungen und Untergang der Reiche ſind wohl auſſer Zweiffel zu ſetzen, wenn gleich ein Theil der geheimeren Umſtaͤnde verborgen bleibt, oder von den Autoribus nicht auf einerley Art erzehlet wird. Es iſt uͤberhaupt das innere der Sachen ſelten heraus zu bringen. Offt begnuͤgt man ſich, wenn man weiß, was zu denen Zeiten, da ſie ſich zugetragen, davon geſprochen worden: und keine Hiſtorici ſind verdaͤchtiger, als die mit groſſem Vertrauen, was in der Fuͤrſten Cabinet fuͤr- gegangen ſey, erzehlen. Hieruͤber habe noch die beſondere Schwierigkeit gefunden, daß ich die Nachrichten von den Teutſchen groͤſtentheils aus ihren Feinden ſammlen muͤſ- ſen; und in der Roͤm. Hiſtorie ſelbſt ſolche Luͤcken vorkom̃en, da faſt aller Zuſam̃enhang aufhoͤret. Um aber, dem allen ungeachtet, den moͤglichen Grad von Gewißheit zu er- reichen, ſo habe allenthalben die Autores, ſo zu den Zeiten, von welchen gehandelt wird, gelebet, oder ihnen doch am naͤ- heſten geweſen, zu Rathe gezogen; auch die Roͤmiſchen Muͤntzen, Jnſcriptionen, und andere Denckmahle, die etwas zur Beſtaͤtigung oder Erlaͤuterung beytragen koͤnnen, mitgenommen. Vielmals werden Poeten, und Panegyriſten mit angefuͤhret: ihre Zeugniſſe aber wer- den niemals hoͤher, als nach dem Werth, den ſie in der Hiſtorie haben koͤnnen, angegeben. Auf neuere habe ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ergänzungsvorschlag vom DWB [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/16
Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/16>, abgerufen am 21.11.2024.