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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis zu Ende des Batavischen Krieges.
nem Feldzuge zuzurüsten. Die Anstalten waren sehr ungereimt, und höreten mit
einmahl auf, als Briefe vom Rheinstrome einlieffen. Nymphidius Sabinus,
und Sophonius Tigellinus, seine praefecti praetorio, waren die ersten, so ihn
verliessen. Der erste beredete die Haus-Truppen, Nero wolle heimlich nach
Egypten entfliehen, und both ihnen in Galbae Namen ansehnliche Summen1, daß
sie ihm so fort schwuren. Dieses geschahe alles in einer Nacht, und Nero sahe,
als er erwachete, sich mit einmahl so verlassen, daß er die Flucht ergriff, auf wel-
cher er selbst den Tod erwehlete, als er hörete, daß ihn der Rath für einen Feind
des Vaterlandes erklärete, und daß die Reuter, die ihn zu einer schimpfflichen
Todes-Strafe aufsucheten, bereits für der Thüre wären. Nun mochten
wohl viele im Rathe auf Verginium Rufum ihre Gedancken gerichtet haben. Weil
aber die Praetoriani sich für Galbam erkläret, und dessen Anhang indessen stünd-
lich angewachsen war, so, daß kein anderer, ohne Gefahr blutiger Kriege konnte
gewehlet werden, ernennete ihn der Rath zum Käiser, und überschickete ihm diesen
Schluß, durch eine ansehnliche Gesandtschafft, mit Bitte, seine Reise nach Rom
zu beschleunigen. Verginius wuste sich seines Orts so wohl zu fassen, daß er seine
Legionen numehro dem neuen Käiser huldigen ließ.

XXXIX. Galba trauete aber doch nicht zu viel, sondern nahm VerginiumDie Rheini-
schen Armeen
fallen von
Galba ab. Vi-
tellius
wird
zu Cöln zum
Käiser ausge-
ruffen.

mit sich nach Rom: die Armeen am Rhein wurden aber bald schwürig, und das
Misvergnügen schlug zu einer öffentlichen Empörung aus. Die 4te u. 18de Legion,
so nicht weit von Maintz zusammen in Winter-Quartieren lagen, machten den 1
Ianuarii + den Anfang, rissen Galbae Bildnisse von ihren Heer-Zeichen, und
schwuren dem Römischen Rathe und Volcke. So bald das Gerüchte nach Bonn
kam, allwo die erste Legion die Winter-Quartier hatte, ging der Legatus, Fabi-
us Valens, Galbae
heimlicher Feind, der schon vorhin Vitellio eyfrig angele-
gen hatte, sich zum Käiser aufzuwerffen, nach Cöln, allwo sich Vitellius aufhielte.
Er fand ihn halb truncken, und der Wein machte ihm Muth, eine Sache gleich einzu-
gehen, über die er sich nüchtern vielleicht lange bedacht hätte. Er wurde noch den-
selben Abend zum Käiser ausgeruffen. Man überreichete ihm I. Caesaris
Schwerdt, so zu Cöln, im Tempel Martis, aufgehoben ward, gleichsam zum Zei-
chen der Regierung, und trug ihn durch die fürnehmsten Strassen der Stadt.
Die übrigen Legionen in Nieder-Germanien fielen häuffig zu, sowohl als die am
Ober-Rheine, die ihr S. P. Q. R. so hurtig wieder abnahmen, als sie es aufgeste-
cket hatten. Es wurde ihm der Beyname Germanicus zugeleget, welchen die vo-
rigen Käiser von Tiberio an, bis auf Neronem, geführet, den er begierig annahm,
den Titel Augustus aber noch ausschlug. Die Ubii, Treviri,1 Lingones,
*

und
[Beginn Spaltensatz] plvtarchvs in Galba p. 1055. D. Ver-
ginii & Vindicis legiones, ui quodammodo duces, si-
cur aurigas, habenarum impotentes, concitauere,
atque atroci colliscre proelio, ac Vindex caesis XX.
millibus Gallorum, sibi ipsi manus intulit.
1 §. XXXIIX. 1. tacitvs L. c. Trigesies
[Spaltenumbruch] mille sestertium in singulos, & quinquies in exteros.
+ §. XXXIX. + A. C. 69. V. C. 822. s. svlpi-
cio galba avg.
II., t. vinio rvfino,
coss.
1 Die Treviri werden noch immer nicht
als Unterthanen, sondern als Bundesgenossen
[Ende Spaltensatz]
der
* §. XXXVII. * tacitvs l. c.
P 3

bis zu Ende des Bataviſchen Krieges.
nem Feldzuge zuzuruͤſten. Die Anſtalten waren ſehr ungereimt, und hoͤreten mit
einmahl auf, als Briefe vom Rheinſtrome einlieffen. Nymphidius Sabinus,
und Sophonius Tigellinus, ſeine praefecti praetorio, waren die erſten, ſo ihn
verlieſſen. Der erſte beredete die Haus-Truppen, Nero wolle heimlich nach
Egypten entfliehen, und both ihnen in Galbae Namen anſehnliche Summen1, daß
ſie ihm ſo fort ſchwuren. Dieſes geſchahe alles in einer Nacht, und Nero ſahe,
als er erwachete, ſich mit einmahl ſo verlaſſen, daß er die Flucht ergriff, auf wel-
cher er ſelbſt den Tod erwehlete, als er hoͤrete, daß ihn der Rath fuͤr einen Feind
des Vaterlandes erklaͤrete, und daß die Reuter, die ihn zu einer ſchimpfflichen
Todes-Strafe aufſucheten, bereits fuͤr der Thuͤre waͤren. Nun mochten
wohl viele im Rathe auf Verginium Rufum ihre Gedancken gerichtet haben. Weil
aber die Praetoriani ſich fuͤr Galbam erklaͤret, und deſſen Anhang indeſſen ſtuͤnd-
lich angewachſen war, ſo, daß kein anderer, ohne Gefahr blutiger Kriege konnte
gewehlet werden, ernennete ihn der Rath zum Kaͤiſer, und uͤberſchickete ihm dieſen
Schluß, durch eine anſehnliche Geſandtſchafft, mit Bitte, ſeine Reiſe nach Rom
zu beſchleunigen. Verginius wuſte ſich ſeines Orts ſo wohl zu faſſen, daß er ſeine
Legionen numehro dem neuen Kaͤiſer huldigen ließ.

XXXIX. Galba trauete aber doch nicht zu viel, ſondern nahm VerginiumDie Rheini-
ſchen Armeen
fallen von
Galba ab. Vi-
tellius
wird
zu Coͤln zum
Kaͤiſer ausge-
ruffen.

mit ſich nach Rom: die Armeen am Rhein wurden aber bald ſchwuͤrig, und das
Misvergnuͤgen ſchlug zu einer oͤffentlichen Empoͤrung aus. Die 4te u. 18de Legion,
ſo nicht weit von Maintz zuſammen in Winter-Quartieren lagen, machten den 1
Ianuarii den Anfang, riſſen Galbae Bildniſſe von ihren Heer-Zeichen, und
ſchwuren dem Roͤmiſchen Rathe und Volcke. So bald das Geruͤchte nach Bonn
kam, allwo die erſte Legion die Winter-Quartier hatte, ging der Legatus, Fabi-
us Valens, Galbae
heimlicher Feind, der ſchon vorhin Vitellio eyfrig angele-
gen hatte, ſich zum Kaͤiſer aufzuwerffen, nach Coͤln, allwo ſich Vitellius aufhielte.
Er fand ihn halb truncken, und der Wein machte ihm Muth, eine Sache gleich einzu-
gehen, uͤber die er ſich nuͤchtern vielleicht lange bedacht haͤtte. Er wurde noch den-
ſelben Abend zum Kaͤiſer ausgeruffen. Man uͤberreichete ihm I. Caeſaris
Schwerdt, ſo zu Coͤln, im Tempel Martis, aufgehoben ward, gleichſam zum Zei-
chen der Regierung, und trug ihn durch die fuͤrnehmſten Straſſen der Stadt.
Die uͤbrigen Legionen in Nieder-Germanien fielen haͤuffig zu, ſowohl als die am
Ober-Rheine, die ihr S. P. Q. R. ſo hurtig wieder abnahmen, als ſie es aufgeſte-
cket hatten. Es wurde ihm der Beyname Germanicus zugeleget, welchen die vo-
rigen Kaͤiſer von Tiberio an, bis auf Neronem, gefuͤhret, den er begierig annahm,
den Titel Auguſtus aber noch ausſchlug. Die Ubii, Treviri,1 Lingones,
*

und
[Beginn Spaltensatz] plvtarchvs in Galba p. 1055. D. Ver-
ginii & Vindicis legiones, ui quodammodo duces, ſi-
cur aurigas, habenarum impotentes, concitauere,
atque atroci colliſcre proelio, ac Vindex caeſis XX.
millibus Gallorum, ſibi ipſi manus intulit.
1 §. XXXIIX. 1. tacitvs L. c. Trigeſies
[Spaltenumbruch] mille ſeſtertium in ſingulos, & quinquies in exteros.
§. XXXIX. † A. C. 69. V. C. 822. s. svlpi-
cio galba avg.
II., t. vinio rvfino,
coss.
1 Die Treviri werden noch immer nicht
als Unterthanen, ſondern als Bundesgenoſſen
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der
* §. XXXVII. * tacitvs l. c.
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[117/0151] bis zu Ende des Bataviſchen Krieges. nem Feldzuge zuzuruͤſten. Die Anſtalten waren ſehr ungereimt, und hoͤreten mit einmahl auf, als Briefe vom Rheinſtrome einlieffen. Nymphidius Sabinus, und Sophonius Tigellinus, ſeine praefecti praetorio, waren die erſten, ſo ihn verlieſſen. Der erſte beredete die Haus-Truppen, Nero wolle heimlich nach Egypten entfliehen, und both ihnen in Galbae Namen anſehnliche Summen 1, daß ſie ihm ſo fort ſchwuren. Dieſes geſchahe alles in einer Nacht, und Nero ſahe, als er erwachete, ſich mit einmahl ſo verlaſſen, daß er die Flucht ergriff, auf wel- cher er ſelbſt den Tod erwehlete, als er hoͤrete, daß ihn der Rath fuͤr einen Feind des Vaterlandes erklaͤrete, und daß die Reuter, die ihn zu einer ſchimpfflichen Todes-Strafe aufſucheten, bereits fuͤr der Thuͤre waͤren. Nun mochten wohl viele im Rathe auf Verginium Rufum ihre Gedancken gerichtet haben. Weil aber die Praetoriani ſich fuͤr Galbam erklaͤret, und deſſen Anhang indeſſen ſtuͤnd- lich angewachſen war, ſo, daß kein anderer, ohne Gefahr blutiger Kriege konnte gewehlet werden, ernennete ihn der Rath zum Kaͤiſer, und uͤberſchickete ihm dieſen Schluß, durch eine anſehnliche Geſandtſchafft, mit Bitte, ſeine Reiſe nach Rom zu beſchleunigen. Verginius wuſte ſich ſeines Orts ſo wohl zu faſſen, daß er ſeine Legionen numehro dem neuen Kaͤiſer huldigen ließ. XXXIX. Galba trauete aber doch nicht zu viel, ſondern nahm Verginium mit ſich nach Rom: die Armeen am Rhein wurden aber bald ſchwuͤrig, und das Misvergnuͤgen ſchlug zu einer oͤffentlichen Empoͤrung aus. Die 4te u. 18de Legion, ſo nicht weit von Maintz zuſammen in Winter-Quartieren lagen, machten den 1 Ianuarii † den Anfang, riſſen Galbae Bildniſſe von ihren Heer-Zeichen, und ſchwuren dem Roͤmiſchen Rathe und Volcke. So bald das Geruͤchte nach Bonn kam, allwo die erſte Legion die Winter-Quartier hatte, ging der Legatus, Fabi- us Valens, Galbae heimlicher Feind, der ſchon vorhin Vitellio eyfrig angele- gen hatte, ſich zum Kaͤiſer aufzuwerffen, nach Coͤln, allwo ſich Vitellius aufhielte. Er fand ihn halb truncken, und der Wein machte ihm Muth, eine Sache gleich einzu- gehen, uͤber die er ſich nuͤchtern vielleicht lange bedacht haͤtte. Er wurde noch den- ſelben Abend zum Kaͤiſer ausgeruffen. Man uͤberreichete ihm I. Caeſaris Schwerdt, ſo zu Coͤln, im Tempel Martis, aufgehoben ward, gleichſam zum Zei- chen der Regierung, und trug ihn durch die fuͤrnehmſten Straſſen der Stadt. Die uͤbrigen Legionen in Nieder-Germanien fielen haͤuffig zu, ſowohl als die am Ober-Rheine, die ihr S. P. Q. R. ſo hurtig wieder abnahmen, als ſie es aufgeſte- cket hatten. Es wurde ihm der Beyname Germanicus zugeleget, welchen die vo- rigen Kaͤiſer von Tiberio an, bis auf Neronem, gefuͤhret, den er begierig annahm, den Titel Auguſtus aber noch ausſchlug. Die Ubii, Treviri, 1 Lingones, und 5 * Die Rheini- ſchen Armeen fallen von Galba ab. Vi- tellius wird zu Coͤln zum Kaͤiſer ausge- ruffen. 1 §. XXXIIX. 1. tacitvs L. c. Trigeſies mille ſeſtertium in ſingulos, & quinquies in exteros. † §. XXXIX. † A. C. 69. V. C. 822. s. svlpi- cio galba avg. II., t. vinio rvfino, coss. 1 Die Treviri werden noch immer nicht als Unterthanen, ſondern als Bundesgenoſſen der 5 plvtarchvs in Galba p. 1055. D. Ver- ginii & Vindicis legiones, ui quodammodo duces, ſi- cur aurigas, habenarum impotentes, concitauere, atque atroci colliſcre proelio, ac Vindex caeſis XX. millibus Gallorum, ſibi ipſi manus intulit. * §. XXXVII. * tacitvs l. c. P 3

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/151>, abgerufen am 22.11.2024.