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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Viertes Buch. Geschichte der Teutschen
Ebene2, die mit Büschen und Hügeln eingeschlossen war, dergestalt, daß die übri-
gen Teutschen Völcker das platte Feld hielten, die Cheruscer aber, auf der
Höhe, in den Büschen, zum Hinterhalte blieben, um die Römer, wenn
sie vorne beschäfftiget seyn würden, von der Seiten, und von hinten, anzugreiffen3.
Germanicus hoffete seines Theils, durch diesen einigen Sieg, das gantze Land bis
an die Elbe, sich unterwürffig zu machen, welches ihm um so viel vortrefflicher für-
kam, weil es seinem Vater, Druso, und seinem Vetter, Tiberio, so viel Ehre ge-
bracht, da sie nur einen Zug bis dahin gewaget. Er wendete alles an, was den Solda-
ten etwan Muth machen konnte, erzehlete ihnen so gar den guten Traum, den er die
Nacht gehabt, oder doch gehabt zu haben fürgab, u. gedachte zugleich derguten An-
zeigungen, so die geheiligten Hüner von sich gegeben hätten4, derer Bewegungen, u.
Appetit, er auslegen konte, wie er selber wollte, indem er, als Imperator, auch die
Auspicia hatte. Der Zug war so eingerichtet, daß er, auf erforderenden Fall, gleich
schlagen konnte. Vorne zogen die Gallischen, und Teutschen Hülffs-Völcker:
auf selbige folgeten die Schützen zu Fuße, hernach vier Legionen, und Germanicus
selbst mit dem Kerne der Reuterey: alsdenn kamen wiederum vier Legionen, die von
der leichten Reuterey, nebst den berittenen Schützen, bedecket wurden, und zuletzt die
übrigen Bundes-Genossen. Die Hitze der Cheruscer war ihr Unglück: sie konn-
ten sich nicht halten, u. brachen herfür, ehe es Zeit war. So bald man ihrer ansichtig
ward, beorderte Germanicus einige auserlesene Schwadronen, von der Seiten
anzufallen, Stertinium aber mit den übrigen, einen Umweg zu nehmen, und ihnen
in den Rücken zu gehen. Zu gleicher Zeit ward man acht Adler ansichtig, die
gleichsam vor den Römern her, in denselbigen Wald flogen, und dem Feldherren
einen herrlichen Grund gaben, die Tapfferkeit seiner Soldaten anzufeuern5. Es
geriethen also diejenigen, so zum Succurs seyn sollten, zuerst in Unordnung, und
als indessen die Römer auch die Teutsche Jnfanterie übern Hauffen geworffen,
flohen die vom Felde, ins Holtz, und die aus dem Holtze, denen Stertinius auf dem
Halse war, ins Feld, einander entgegen. Arminius that, ungeachtet er bereits
verwundet, sein äusserstes, sie wieder zu Stande zu bringen, und die Römischen
Schützen fiengen schon an, vor ihm zn weichen. Aber einige Schwadronen, die
aus Rätiern, Vindeliciern, und Galliern bestunden, kamen ihnen zu rechter Zeit zu
Hülffe: und Arminius muste sich noch glücklich schätzen, daß er für seine Person

davon
2 [Beginn Spaltensatz] tacitvs C. L. c. 16. In campum, cui Idi-
stauiso nomen.
lipsivs,
der selbige Gegend, in
der Absicht, den tacitvm besser zu verstehen,
durchreiset, muthmasset ad h. l. es werde hier die Ebe-
ne bey Wegesack, zwey Meilen unterhalb Bremen,
verstanden. clvverivs hingegen meynet, es
sey viel weiter, nehmlich bey Eystorp, zwischen Min-
den, und Oldendorp, gewesen.
3 tacitvs c. l. Campum, & prima silua-
rum, barbara acies tenuit; soli Cherusci iuga inse-
dere, ut procliantibus Romanis desuper incurrerent.
4 ibid. c. 14. Nox eadem laetam Germanico
quietem tulit, uiditque se operatum, & sanguine sa-
[Spaltenumbruch] cro respersa praetexta, pulchriorem aliam, mani-
bus auiae Augustae accepisse. Auctus omine, addi-
centibus auspiciis, uocat concionem, & quae sapi-
entia praeuisa, aptaque imminenti pugnae, disse-
rit &c.
5 idem c. 17. Interea pulcherrimum auguri-
um, octo aquilae petere siluas, & intrare uisae,
Imperatorem aduertere. Exclamat, irent, seque-
rentur Romanas aues, propria legionum numina.

Die Gelehrten sind nicht einig, was dieses für Adler
können gewesen seyn. colervs meinet, es wä-
ren rechte Adler gewesen, deren es zu der Zeit
in den Hereynischen Wäldern gegeben hätte.
[Ende Spaltensatz]
avre-

Viertes Buch. Geſchichte der Teutſchen
Ebene2, die mit Buͤſchen und Huͤgeln eingeſchloſſen war, dergeſtalt, daß die uͤbri-
gen Teutſchen Voͤlcker das platte Feld hielten, die Cheruſcer aber, auf der
Hoͤhe, in den Buͤſchen, zum Hinterhalte blieben, um die Roͤmer, wenn
ſie vorne beſchaͤfftiget ſeyn wuͤrden, von der Seiten, und von hinten, anzugreiffen3.
Germanicus hoffete ſeines Theils, durch dieſen einigen Sieg, das gantze Land bis
an die Elbe, ſich unterwuͤrffig zu machen, welches ihm um ſo viel vortrefflicher fuͤr-
kam, weil es ſeinem Vater, Druſo, und ſeinem Vetter, Tiberio, ſo viel Ehre ge-
bracht, da ſie nur einen Zug bis dahin gewaget. Er wendete alles an, was den Solda-
ten etwan Muth machen konnte, erzehlete ihnen ſo gar den guten Traum, den er die
Nacht gehabt, oder doch gehabt zu haben fuͤrgab, u. gedachte zugleich derguten An-
zeigungen, ſo die geheiligten Huͤner von ſich gegeben haͤtten4, derer Bewegungen, u.
Appetit, er auslegen konte, wie er ſelber wollte, indem er, als Imperator, auch die
Auſpicia hatte. Der Zug war ſo eingerichtet, daß er, auf erforderenden Fall, gleich
ſchlagen konnte. Vorne zogen die Galliſchen, und Teutſchen Huͤlffs-Voͤlcker:
auf ſelbige folgeten die Schuͤtzen zu Fuße, hernach vier Legionen, und Germanicus
ſelbſt mit dem Kerne der Reuterey: alsdenn kamen wiederum vier Legionen, die von
der leichten Reuterey, nebſt den berittenen Schuͤtzen, bedecket wurden, und zuletzt die
uͤbrigen Bundes-Genoſſen. Die Hitze der Cheruſcer war ihr Ungluͤck: ſie konn-
ten ſich nicht halten, u. brachen herfuͤr, ehe es Zeit war. So bald man ihrer anſichtig
ward, beorderte Germanicus einige auserleſene Schwadronen, von der Seiten
anzufallen, Stertinium aber mit den uͤbrigen, einen Umweg zu nehmen, und ihnen
in den Ruͤcken zu gehen. Zu gleicher Zeit ward man acht Adler anſichtig, die
gleichſam vor den Roͤmern her, in denſelbigen Wald flogen, und dem Feldherren
einen herrlichen Grund gaben, die Tapfferkeit ſeiner Soldaten anzufeuern5. Es
geriethen alſo diejenigen, ſo zum Succurs ſeyn ſollten, zuerſt in Unordnung, und
als indeſſen die Roͤmer auch die Teutſche Jnfanterie uͤbern Hauffen geworffen,
flohen die vom Felde, ins Holtz, und die aus dem Holtze, denen Stertinius auf dem
Halſe war, ins Feld, einander entgegen. Arminius that, ungeachtet er bereits
verwundet, ſein aͤuſſerſtes, ſie wieder zu Stande zu bringen, und die Roͤmiſchen
Schuͤtzen fiengen ſchon an, vor ihm zn weichen. Aber einige Schwadronen, die
aus Raͤtiern, Vindeliciern, und Galliern beſtunden, kamen ihnen zu rechter Zeit zu
Huͤlffe: und Arminius muſte ſich noch gluͤcklich ſchaͤtzen, daß er fuͤr ſeine Perſon

davon
2 [Beginn Spaltensatz] tacitvs C. L. c. 16. In campum, cui Idi-
ſtauiſo nomen.
lipsivs,
der ſelbige Gegend, in
der Abſicht, den tacitvm beſſer zu verſtehen,
durchreiſet, muthmaſſet ad h. l. es werde hier die Ebe-
ne bey Wegeſack, zwey Meilen unterhalb Bremen,
verſtanden. clvverivs hingegen meynet, es
ſey viel weiter, nehmlich bey Eyſtorp, zwiſchen Min-
den, und Oldendorp, geweſen.
3 tacitvs c. l. Campum, & prima ſilua-
rum, barbara acies tenuit; ſoli Cheruſci iuga inſe-
dere, ut procliantibus Romanis deſuper incurrerent.
4 ibid. c. 14. Nox eadem laetam Germanico
quietem tulit, uiditque ſe operatum, & ſanguine ſa-
[Spaltenumbruch] cro reſperſa praetexta, pulchriorem aliam, mani-
bus auiae Auguſtae accepiſſe. Auctus omine, addi-
centibus auſpiciis, uocat concionem, & quae ſapi-
entia praeuiſa, aptaque imminenti pugnae, diſſe-
rit &c.
5 idem c. 17. Interea pulcherrimum auguri-
um, octo aquilae petere ſiluas, & intrare uiſae,
Imperatorem aduertere. Exclamat, irent, ſeque-
rentur Romanas aues, propria legionum numina.

Die Gelehrten ſind nicht einig, was dieſes fuͤr Adler
koͤnnen geweſen ſeyn. colervs meinet, es waͤ-
ren rechte Adler geweſen, deren es zu der Zeit
in den Hereyniſchen Waͤldern gegeben haͤtte.
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[94/0128] Viertes Buch. Geſchichte der Teutſchen Ebene 2, die mit Buͤſchen und Huͤgeln eingeſchloſſen war, dergeſtalt, daß die uͤbri- gen Teutſchen Voͤlcker das platte Feld hielten, die Cheruſcer aber, auf der Hoͤhe, in den Buͤſchen, zum Hinterhalte blieben, um die Roͤmer, wenn ſie vorne beſchaͤfftiget ſeyn wuͤrden, von der Seiten, und von hinten, anzugreiffen 3. Germanicus hoffete ſeines Theils, durch dieſen einigen Sieg, das gantze Land bis an die Elbe, ſich unterwuͤrffig zu machen, welches ihm um ſo viel vortrefflicher fuͤr- kam, weil es ſeinem Vater, Druſo, und ſeinem Vetter, Tiberio, ſo viel Ehre ge- bracht, da ſie nur einen Zug bis dahin gewaget. Er wendete alles an, was den Solda- ten etwan Muth machen konnte, erzehlete ihnen ſo gar den guten Traum, den er die Nacht gehabt, oder doch gehabt zu haben fuͤrgab, u. gedachte zugleich derguten An- zeigungen, ſo die geheiligten Huͤner von ſich gegeben haͤtten 4, derer Bewegungen, u. Appetit, er auslegen konte, wie er ſelber wollte, indem er, als Imperator, auch die Auſpicia hatte. Der Zug war ſo eingerichtet, daß er, auf erforderenden Fall, gleich ſchlagen konnte. Vorne zogen die Galliſchen, und Teutſchen Huͤlffs-Voͤlcker: auf ſelbige folgeten die Schuͤtzen zu Fuße, hernach vier Legionen, und Germanicus ſelbſt mit dem Kerne der Reuterey: alsdenn kamen wiederum vier Legionen, die von der leichten Reuterey, nebſt den berittenen Schuͤtzen, bedecket wurden, und zuletzt die uͤbrigen Bundes-Genoſſen. Die Hitze der Cheruſcer war ihr Ungluͤck: ſie konn- ten ſich nicht halten, u. brachen herfuͤr, ehe es Zeit war. So bald man ihrer anſichtig ward, beorderte Germanicus einige auserleſene Schwadronen, von der Seiten anzufallen, Stertinium aber mit den uͤbrigen, einen Umweg zu nehmen, und ihnen in den Ruͤcken zu gehen. Zu gleicher Zeit ward man acht Adler anſichtig, die gleichſam vor den Roͤmern her, in denſelbigen Wald flogen, und dem Feldherren einen herrlichen Grund gaben, die Tapfferkeit ſeiner Soldaten anzufeuern 5. Es geriethen alſo diejenigen, ſo zum Succurs ſeyn ſollten, zuerſt in Unordnung, und als indeſſen die Roͤmer auch die Teutſche Jnfanterie uͤbern Hauffen geworffen, flohen die vom Felde, ins Holtz, und die aus dem Holtze, denen Stertinius auf dem Halſe war, ins Feld, einander entgegen. Arminius that, ungeachtet er bereits verwundet, ſein aͤuſſerſtes, ſie wieder zu Stande zu bringen, und die Roͤmiſchen Schuͤtzen fiengen ſchon an, vor ihm zn weichen. Aber einige Schwadronen, die aus Raͤtiern, Vindeliciern, und Galliern beſtunden, kamen ihnen zu rechter Zeit zu Huͤlffe: und Arminius muſte ſich noch gluͤcklich ſchaͤtzen, daß er fuͤr ſeine Perſon davon 2 tacitvs C. L. c. 16. In campum, cui Idi- ſtauiſo nomen. lipsivs, der ſelbige Gegend, in der Abſicht, den tacitvm beſſer zu verſtehen, durchreiſet, muthmaſſet ad h. l. es werde hier die Ebe- ne bey Wegeſack, zwey Meilen unterhalb Bremen, verſtanden. clvverivs hingegen meynet, es ſey viel weiter, nehmlich bey Eyſtorp, zwiſchen Min- den, und Oldendorp, geweſen. 3 tacitvs c. l. Campum, & prima ſilua- rum, barbara acies tenuit; ſoli Cheruſci iuga inſe- dere, ut procliantibus Romanis deſuper incurrerent. 4 ibid. c. 14. Nox eadem laetam Germanico quietem tulit, uiditque ſe operatum, & ſanguine ſa- cro reſperſa praetexta, pulchriorem aliam, mani- bus auiae Auguſtae accepiſſe. Auctus omine, addi- centibus auſpiciis, uocat concionem, & quae ſapi- entia praeuiſa, aptaque imminenti pugnae, diſſe- rit &c. 5 idem c. 17. Interea pulcherrimum auguri- um, octo aquilae petere ſiluas, & intrare uiſae, Imperatorem aduertere. Exclamat, irent, ſeque- rentur Romanas aues, propria legionum numina. Die Gelehrten ſind nicht einig, was dieſes fuͤr Adler koͤnnen geweſen ſeyn. colervs meinet, es waͤ- ren rechte Adler geweſen, deren es zu der Zeit in den Hereyniſchen Waͤldern gegeben haͤtte. avre-

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/128>, abgerufen am 23.11.2024.