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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Drittes Buch. Geschichte der Teutschen
Elsen hielte sich am längsten, weil die Teutschen sich wenig auf Belagerungen ver-
stunden, und auch, das dazu nöthige Geräthe, und Werckzeug, nicht hatten. Sie
entschlossen also den Ort auszuhungern. Aber der Commendant, L. Caeditius
wagete es, bey einer dunckelen Nacht, und schlug sich, ob gleich mit grossem Ver-
luste, durch. Seine Trompeter musten einen Römischen Marsch blasen, wo-
durch die Teutschen auf die Gedancken geriethen, es käme L. Asprenas den seini-
gen zu Hülffe, welches sie vom Nachsetzen abhielte1. Dieser L. Asprenas, Q.
Vari
Schwester Sohn, war mit zwey Legionen zurücke geblieben, die er, nach er-
haltener Nachricht, von seines Oheims Niederlage, in die Winter-Quartiere,
jenseit des Rheins abführete, und dadurch nicht allein die beyden Legionen rettete,
sondern auch, die bereits zum Aufstand geneigten Gemüther der Gallier, im Zaume
hielte2. Jndessen haben die Teutschen doch wenigstens dieses Arminio zu dan-
cken gehabt, daß, da die Römer bisher ihre Herrschafft bis an die Weser, wo nicht
weiter ausgebreitet, und die Chatten, Tenchterer, Bructerer, Chaucen und
Cheruscer, als eine Provintz tractiret; ihnen, seit dem, der Rhein zur Gräntzen
dienen müssen3.

XXVIII. Den Römern hatte indessen das erste Schrecken den Verlust
Schrecken zu
Rom wegen
Vari Nieder-
lage.
viel grösser vorgestellet, als es in der That war, und Augustus, den ein hohes Al-
ter furchtsam machte, glaubte selber, gantz Teutschland, und Gallien, wäre in
Waffen, und Jtalien selbst stünde dem Uberwinder offen. Aus dem Illyrico
konnte man die Legionen ohne Gefahr nicht heraus ziehen, und in Rom wollte sich
niemand werben lassen, weil eben die ausserordentlichen Anstalten, die man mache-
te, dem Volcke die Gefahr vergrösserten. Denn es ward eine neue Wache in der
Stadt angeleget1, alle Teutschen, so sich etwan in Rom, als Reisende, oder unter
der Leibwache befunden, wurden heraus geschaffet2, und Augustus gelobete dem Iu-
piter
grosse Spiele, welches allein bey äusserster Gefahr zu geschehen pflegte3. Das
4

Unglück
1 [Beginn Spaltensatz] §. XXVII. 1. dio L. LVI. p. 585. A. Quo factum
est, ut robustissimus quisque euaderet, ac Tibicines,
qui cum iis erant, signum cursus incinentes, se ab
Asprena suis auxilio missos, opinionem hostibus inie-
cerunt, quia uideri (iam enim tenebrae se intende-
rant) non poterant. Ea res inhibuit ab insequendo
Germanos, & Asprenas, cognita re, vere auxilium
suis tulit.
2 patercvlvs L. II. c. 120. Qui legatus
sub auunculo suo Varo militans, nava, virilique opera
duarum legionum quibus praeerat, exercitum, im-
munem tanta calamitate seruauit; matureque ad
inferiora hiberna descendendo, uacillantium, etiam
cis Rhenum sitarum gentium, animos confirmauit.
3 florvs L. V. c. Hac clade factum, ut
imperium, quod in litore Oceani non steterat, in
ripa Rheni fluminis staret.
Jn solchem Verstande
nennet auch tacitvs nachmahls Arminium, li-
beratorem Germaniae.
1 §. XXIIX. 1. svetonivs in Augusto. c. 23.
[Spaltenumbruch] Haec nuntiata excubias per urbem indixit, ne quis
tumultus existeret.
2 dio l. c. p. 585. D. Et quia complures Galli,
ac Germani, Romae obuersabantur, partim peregri-
nantes, partim inter stipatores recipiendi; ueritus,
ne quid noui molirentur, in insulas armatos aman-
dauit, inermes urbe exire iussit.
3 Siehe svetonii Worte oben im I. Buche
§. XVII. nota 1.
4 dio L.c.E. Videbatur enim ei tantum hoc, ac
subitum malum, non sine Daemonii cuiusdam ira
accidisse. Suspectamque praeterea Deum volunta-
tem, propter prodigia, quae ante, & post eam cladem
euenerant, magnopere habebat.
Daß um diese Zeit
ein Comete zu sehen gewesen, den man auf das Unglück
dieses Krieges gedeutet, erhellet aus manilii
Beschreibung Astronom. L. I. v. 826. sqq.
Extremas modo per gentes, ut foedere rupto
Cum fera ductorem rapuit Germania Varum,
Infecitque trium Legionum sanguire campos,

[Ende Spaltensatz]
Arserunt

Drittes Buch. Geſchichte der Teutſchen
Elſen hielte ſich am laͤngſten, weil die Teutſchen ſich wenig auf Belagerungen ver-
ſtunden, und auch, das dazu noͤthige Geraͤthe, und Werckzeug, nicht hatten. Sie
entſchloſſen alſo den Ort auszuhungern. Aber der Commendant, L. Caeditius
wagete es, bey einer dunckelen Nacht, und ſchlug ſich, ob gleich mit groſſem Ver-
luſte, durch. Seine Trompeter muſten einen Roͤmiſchen Marſch blaſen, wo-
durch die Teutſchen auf die Gedancken geriethen, es kaͤme L. Asprenas den ſeini-
gen zu Huͤlffe, welches ſie vom Nachſetzen abhielte1. Dieſer L. Asprenas, Q.
Vari
Schweſter Sohn, war mit zwey Legionen zuruͤcke geblieben, die er, nach er-
haltener Nachricht, von ſeines Oheims Niederlage, in die Winter-Quartiere,
jenſeit des Rheins abfuͤhrete, und dadurch nicht allein die beyden Legionen rettete,
ſondern auch, die bereits zum Aufſtand geneigten Gemuͤther der Gallier, im Zaume
hielte2. Jndeſſen haben die Teutſchen doch wenigſtens dieſes Arminio zu dan-
cken gehabt, daß, da die Roͤmer bisher ihre Herrſchafft bis an die Weſer, wo nicht
weiter ausgebreitet, und die Chatten, Tenchterer, Bructerer, Chaucen und
Cheruſcer, als eine Provintz tractiret; ihnen, ſeit dem, der Rhein zur Graͤntzen
dienen muͤſſen3.

XXVIII. Den Roͤmern hatte indeſſen das erſte Schrecken den Verluſt
Schrecken zu
Rom wegen
Vari Nieder-
lage.
viel groͤſſer vorgeſtellet, als es in der That war, und Auguſtus, den ein hohes Al-
ter furchtſam machte, glaubte ſelber, gantz Teutſchland, und Gallien, waͤre in
Waffen, und Jtalien ſelbſt ſtuͤnde dem Uberwinder offen. Aus dem Illyrico
konnte man die Legionen ohne Gefahr nicht heraus ziehen, und in Rom wollte ſich
niemand werben laſſen, weil eben die auſſerordentlichen Anſtalten, die man mache-
te, dem Volcke die Gefahr vergroͤſſerten. Denn es ward eine neue Wache in der
Stadt angeleget1, alle Teutſchen, ſo ſich etwan in Rom, als Reiſende, oder unter
der Leibwache befunden, wurden heraus geſchaffet2, und Auguſtus gelobete dem Iu-
piter
groſſe Spiele, welches allein bey aͤuſſerſter Gefahr zu geſchehen pflegte3. Das
4

Ungluͤck
1 [Beginn Spaltensatz] §. XXVII. 1. dio L. LVI. p. 585. A. Quo factum
eſt, ut robuſtiſſimus quisque euaderet, ac Tibicines,
qui cum iis erant, ſignum curſus incinentes, ſe ab
Aſprena ſuis auxilio miſſos, opinionem hoſtibus inie-
cerunt, quia uideri (iam enim tenebrae ſe intende-
rant) non poterant. Ea res inhibuit ab inſequendo
Germanos, & Aſprenas, cognita re, vere auxilium
ſuis tulit.
2 patercvlvs L. II. c. 120. Qui legatus
ſub auunculo ſuo Varo militans, nava, virilique opera
duarum legionum quibus praeerat, exercitum, im-
munem tanta calamitate ſeruauit; matureque ad
inferiora hiberna deſcendendo, uacillantium, etiam
cis Rhenum ſitarum gentium, animos confirmauit.
3 florvs L. V. c. Hac clade factum, ut
imperium, quod in litore Oceani non ſteterat, in
ripa Rheni fluminis ſtaret.
Jn ſolchem Verſtande
nennet auch tacitvs nachmahls Arminium, li-
beratorem Germaniae.
1 §. XXIIX. 1. svetonivs in Auguſto. c. 23.
[Spaltenumbruch] Haec nuntiata excubias per urbem indixit, ne quis
tumultus exiſteret.
2 dio l. c. p. 585. D. Et quia complures Galli,
ac Germani, Romae obuerſabantur, partim peregri-
nantes, partim inter ſtipatores recipiendi; ueritus,
ne quid noui molirentur, in inſulas armatos aman-
dauit, inermes urbe exire iuſſit.
3 Siehe svetonii Worte oben im I. Buche
§. XVII. nota 1.
4 dio L.c.E. Videbatur enim ei tantum hoc, ac
ſubitum malum, non ſine Daemonii cuiusdam ira
accidiſſe. Suſpectamque praeterea Deum volunta-
tem, propter prodigia, quae ante, & poſt eam cladem
euenerant, magnopere habebat.
Daß um dieſe Zeit
ein Comete zu ſehen geweſen, den man auf das Ungluͤck
dieſes Krieges gedeutet, erhellet aus manilii
Beſchreibung Aſtronom. L. I. v. 826. ſqq.
Extremas modo per gentes, ut foedere rupto
Cum fera ductorem rapuit Germania Varum,
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[80/0114] Drittes Buch. Geſchichte der Teutſchen Elſen hielte ſich am laͤngſten, weil die Teutſchen ſich wenig auf Belagerungen ver- ſtunden, und auch, das dazu noͤthige Geraͤthe, und Werckzeug, nicht hatten. Sie entſchloſſen alſo den Ort auszuhungern. Aber der Commendant, L. Caeditius wagete es, bey einer dunckelen Nacht, und ſchlug ſich, ob gleich mit groſſem Ver- luſte, durch. Seine Trompeter muſten einen Roͤmiſchen Marſch blaſen, wo- durch die Teutſchen auf die Gedancken geriethen, es kaͤme L. Asprenas den ſeini- gen zu Huͤlffe, welches ſie vom Nachſetzen abhielte 1. Dieſer L. Asprenas, Q. Vari Schweſter Sohn, war mit zwey Legionen zuruͤcke geblieben, die er, nach er- haltener Nachricht, von ſeines Oheims Niederlage, in die Winter-Quartiere, jenſeit des Rheins abfuͤhrete, und dadurch nicht allein die beyden Legionen rettete, ſondern auch, die bereits zum Aufſtand geneigten Gemuͤther der Gallier, im Zaume hielte 2. Jndeſſen haben die Teutſchen doch wenigſtens dieſes Arminio zu dan- cken gehabt, daß, da die Roͤmer bisher ihre Herrſchafft bis an die Weſer, wo nicht weiter ausgebreitet, und die Chatten, Tenchterer, Bructerer, Chaucen und Cheruſcer, als eine Provintz tractiret; ihnen, ſeit dem, der Rhein zur Graͤntzen dienen muͤſſen 3. XXVIII. Den Roͤmern hatte indeſſen das erſte Schrecken den Verluſt viel groͤſſer vorgeſtellet, als es in der That war, und Auguſtus, den ein hohes Al- ter furchtſam machte, glaubte ſelber, gantz Teutſchland, und Gallien, waͤre in Waffen, und Jtalien ſelbſt ſtuͤnde dem Uberwinder offen. Aus dem Illyrico konnte man die Legionen ohne Gefahr nicht heraus ziehen, und in Rom wollte ſich niemand werben laſſen, weil eben die auſſerordentlichen Anſtalten, die man mache- te, dem Volcke die Gefahr vergroͤſſerten. Denn es ward eine neue Wache in der Stadt angeleget 1, alle Teutſchen, ſo ſich etwan in Rom, als Reiſende, oder unter der Leibwache befunden, wurden heraus geſchaffet 2, und Auguſtus gelobete dem Iu- piter groſſe Spiele, welches allein bey aͤuſſerſter Gefahr zu geſchehen pflegte 3. Das Ungluͤck 4 Schrecken zu Rom wegen Vari Nieder- lage. 1 §. XXVII. 1. dio L. LVI. p. 585. A. Quo factum eſt, ut robuſtiſſimus quisque euaderet, ac Tibicines, qui cum iis erant, ſignum curſus incinentes, ſe ab Aſprena ſuis auxilio miſſos, opinionem hoſtibus inie- cerunt, quia uideri (iam enim tenebrae ſe intende- rant) non poterant. Ea res inhibuit ab inſequendo Germanos, & Aſprenas, cognita re, vere auxilium ſuis tulit. 2 patercvlvs L. II. c. 120. Qui legatus ſub auunculo ſuo Varo militans, nava, virilique opera duarum legionum quibus praeerat, exercitum, im- munem tanta calamitate ſeruauit; matureque ad inferiora hiberna deſcendendo, uacillantium, etiam cis Rhenum ſitarum gentium, animos confirmauit. 3 florvs L. V. c. Hac clade factum, ut imperium, quod in litore Oceani non ſteterat, in ripa Rheni fluminis ſtaret. Jn ſolchem Verſtande nennet auch tacitvs nachmahls Arminium, li- beratorem Germaniae. 1 §. XXIIX. 1. svetonivs in Auguſto. c. 23. Haec nuntiata excubias per urbem indixit, ne quis tumultus exiſteret. 2 dio l. c. p. 585. D. Et quia complures Galli, ac Germani, Romae obuerſabantur, partim peregri- nantes, partim inter ſtipatores recipiendi; ueritus, ne quid noui molirentur, in inſulas armatos aman- dauit, inermes urbe exire iuſſit. 3 Siehe svetonii Worte oben im I. Buche §. XVII. nota 1. 4 dio L.c.E. Videbatur enim ei tantum hoc, ac ſubitum malum, non ſine Daemonii cuiusdam ira accidiſſe. Suſpectamque praeterea Deum volunta- tem, propter prodigia, quae ante, & poſt eam cladem euenerant, magnopere habebat. Daß um dieſe Zeit ein Comete zu ſehen geweſen, den man auf das Ungluͤck dieſes Krieges gedeutet, erhellet aus manilii Beſchreibung Aſtronom. L. I. v. 826. ſqq. Extremas modo per gentes, ut foedere rupto Cum fera ductorem rapuit Germania Varum, Infecitque trium Legionum ſanguire campos, Arſerunt

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/114>, abgerufen am 25.11.2024.