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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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oder depreciirt werden, je nachdem ihre Gesammtquantität, aus den
vorher entwickelten Gründen, über oder unter das Niveau steigt
oder fällt, das durch den Tauschwerth der cirkulirenden Waaren
und den Metallwerth des Goldes bestimmt ist ... Diese Depre-
ciation, nicht des Papiers gegen Gold, sondern des Goldes und
Papiers zusammengenommen, oder der gesammten Masse der Cir-
kulationsmittel eines Landes, ist eine der Haupterfindungen Ricardo's,
die Lord Overstone & Co. in ihren Dienst pressten und zu einem
Fundamentalprincip von Sir Robert Peel's Bankgesetzgebung von
1844 und 1845 machten." (l. c. p. 155.)

Den an derselben Stelle geführten Nachweis von der Verkehrt-
heit dieser Ricardoschen Theorie brauchen wir hier nicht zu wieder-
holen. Uns interessirt nur die Art und Weise, wie Ricardo's Lehr-
sätze verarbeitet wurden von der Schule von Banktheoretikern, die
die obigen Peelschen Bankakte diktirte.

"Die Handelskrisen während des 19. Jahrhunderts, namentlich
die grossen Krisen von 1825 und 1836, riefen keine Fortentwick-
lung, wohl aber neue Nutzanwendung der Ricardoschen Geldtheorie
hervor. Es waren nicht mehr einzelne ökonomische Phänomene,
wie bei Hume die Depreciation der edlen Metalle im 16. und 17.
Jahrhundert, oder wie bei Ricardo die Depreciation des Papier-
gelds während des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts,
sondern die grossen Weltmarktsungewitter, worin der Widerstreit
aller Elemente des bürgerlichen Produktionsprocesses sich entladet,
deren Ursprung und Abwehr innerhalb der oberflächlichsten und
abstraktesten Sphäre dieses Processes, der Sphäre der Geldcirku-
lation, gesucht wurden. Die eigentlich theoretische Voraussetzung,
wovon die Schule der ökonomischen Wetterkünstler ausgeht, be-
steht in der That in nichts andrem als dem Dogma, dass Ricardo
die Gesetze der rein metallischen Cirkulation entdeckt hat. Was
ihnen zu thun übrig blieb, war die Unterwerfung der Kredit- oder
Banknotencirkulation unter diese Gesetze.

"Das allgemeinste und sinnfälligste Phänomen der Handelskrisen
ist plötzlicher, allgemeiner Fall der Waarenpreise, folgend auf ein
längeres, allgemeines Steigen derselben. Allgemeiner Fall der
Waarenpreise kann ausgedrückt werden als Steigen im relativen
Werth des Geldes, verglichen mit allen Waaren, und allgemeines
Steigen der Preise umgekehrt als Fallen des relativen Werths des
Geldes. In beiden Ausdrucksweisen ist das Phänomen ausgesprochen,
nicht erklärt. ... Die verschiedene Phraseologie lässt die Aufgabe

currency consisting of metal and of convertible notes) appreciirt
oder depreciirt werden, je nachdem ihre Gesammtquantität, aus den
vorher entwickelten Gründen, über oder unter das Niveau steigt
oder fällt, das durch den Tauschwerth der cirkulirenden Waaren
und den Metallwerth des Goldes bestimmt ist … Diese Depre-
ciation, nicht des Papiers gegen Gold, sondern des Goldes und
Papiers zusammengenommen, oder der gesammten Masse der Cir-
kulationsmittel eines Landes, ist eine der Haupterfindungen Ricardo’s,
die Lord Overstone & Co. in ihren Dienst pressten und zu einem
Fundamentalprincip von Sir Robert Peel’s Bankgesetzgebung von
1844 und 1845 machten.“ (l. c. p. 155.)

Den an derselben Stelle geführten Nachweis von der Verkehrt-
heit dieser Ricardoschen Theorie brauchen wir hier nicht zu wieder-
holen. Uns interessirt nur die Art und Weise, wie Ricardo’s Lehr-
sätze verarbeitet wurden von der Schule von Banktheoretikern, die
die obigen Peelschen Bankakte diktirte.

„Die Handelskrisen während des 19. Jahrhunderts, namentlich
die grossen Krisen von 1825 und 1836, riefen keine Fortentwick-
lung, wohl aber neue Nutzanwendung der Ricardoschen Geldtheorie
hervor. Es waren nicht mehr einzelne ökonomische Phänomene,
wie bei Hume die Depreciation der edlen Metalle im 16. und 17.
Jahrhundert, oder wie bei Ricardo die Depreciation des Papier-
gelds während des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts,
sondern die grossen Weltmarktsungewitter, worin der Widerstreit
aller Elemente des bürgerlichen Produktionsprocesses sich entladet,
deren Ursprung und Abwehr innerhalb der oberflächlichsten und
abstraktesten Sphäre dieses Processes, der Sphäre der Geldcirku-
lation, gesucht wurden. Die eigentlich theoretische Voraussetzung,
wovon die Schule der ökonomischen Wetterkünstler ausgeht, be-
steht in der That in nichts andrem als dem Dogma, dass Ricardo
die Gesetze der rein metallischen Cirkulation entdeckt hat. Was
ihnen zu thun übrig blieb, war die Unterwerfung der Kredit- oder
Banknotencirkulation unter diese Gesetze.

„Das allgemeinste und sinnfälligste Phänomen der Handelskrisen
ist plötzlicher, allgemeiner Fall der Waarenpreise, folgend auf ein
längeres, allgemeines Steigen derselben. Allgemeiner Fall der
Waarenpreise kann ausgedrückt werden als Steigen im relativen
Werth des Geldes, verglichen mit allen Waaren, und allgemeines
Steigen der Preise umgekehrt als Fallen des relativen Werths des
Geldes. In beiden Ausdrucksweisen ist das Phänomen ausgesprochen,
nicht erklärt. … Die verschiedene Phraseologie lässt die Aufgabe

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[86/0095] currency consisting of metal and of convertible notes) appreciirt oder depreciirt werden, je nachdem ihre Gesammtquantität, aus den vorher entwickelten Gründen, über oder unter das Niveau steigt oder fällt, das durch den Tauschwerth der cirkulirenden Waaren und den Metallwerth des Goldes bestimmt ist … Diese Depre- ciation, nicht des Papiers gegen Gold, sondern des Goldes und Papiers zusammengenommen, oder der gesammten Masse der Cir- kulationsmittel eines Landes, ist eine der Haupterfindungen Ricardo’s, die Lord Overstone & Co. in ihren Dienst pressten und zu einem Fundamentalprincip von Sir Robert Peel’s Bankgesetzgebung von 1844 und 1845 machten.“ (l. c. p. 155.) Den an derselben Stelle geführten Nachweis von der Verkehrt- heit dieser Ricardoschen Theorie brauchen wir hier nicht zu wieder- holen. Uns interessirt nur die Art und Weise, wie Ricardo’s Lehr- sätze verarbeitet wurden von der Schule von Banktheoretikern, die die obigen Peelschen Bankakte diktirte. „Die Handelskrisen während des 19. Jahrhunderts, namentlich die grossen Krisen von 1825 und 1836, riefen keine Fortentwick- lung, wohl aber neue Nutzanwendung der Ricardoschen Geldtheorie hervor. Es waren nicht mehr einzelne ökonomische Phänomene, wie bei Hume die Depreciation der edlen Metalle im 16. und 17. Jahrhundert, oder wie bei Ricardo die Depreciation des Papier- gelds während des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts, sondern die grossen Weltmarktsungewitter, worin der Widerstreit aller Elemente des bürgerlichen Produktionsprocesses sich entladet, deren Ursprung und Abwehr innerhalb der oberflächlichsten und abstraktesten Sphäre dieses Processes, der Sphäre der Geldcirku- lation, gesucht wurden. Die eigentlich theoretische Voraussetzung, wovon die Schule der ökonomischen Wetterkünstler ausgeht, be- steht in der That in nichts andrem als dem Dogma, dass Ricardo die Gesetze der rein metallischen Cirkulation entdeckt hat. Was ihnen zu thun übrig blieb, war die Unterwerfung der Kredit- oder Banknotencirkulation unter diese Gesetze. „Das allgemeinste und sinnfälligste Phänomen der Handelskrisen ist plötzlicher, allgemeiner Fall der Waarenpreise, folgend auf ein längeres, allgemeines Steigen derselben. Allgemeiner Fall der Waarenpreise kann ausgedrückt werden als Steigen im relativen Werth des Geldes, verglichen mit allen Waaren, und allgemeines Steigen der Preise umgekehrt als Fallen des relativen Werths des Geldes. In beiden Ausdrucksweisen ist das Phänomen ausgesprochen, nicht erklärt. … Die verschiedene Phraseologie lässt die Aufgabe

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/95>, abgerufen am 28.11.2024.