Zweitens: Der Ausdruck, dass die Nachfrage nach Geldkapital und daher die Zinsrate wächst, weil die Profitrate hoch, ist nicht identisch damit, dass die Nachfrage nach industriellem Kapital wächst, und daher die Zinsrate hoch ist.
In Zeiten der Krise erreicht die Nachfrage nach Leihkapital und damit die Zinsrate ihr Maximum; die Profitrate und mit ihr die Nachfrage nach industriellem Kapital ist sogut wie verschwunden. In solchen Zeiten borgt jeder nur um zu zahlen, um bereits ein- gegangne Verpflichtungen abzuwickeln. Dagegen in Zeiten der Wiederbelebung nach der Krise wird Leihkapital verlangt um zu kaufen, und um das Geldkapital in produktives oder kommercielles Kapital zu verwandeln. Und dann wird es verlangt entweder vom industriellen Kapitalisten oder vom Kaufmann. Der industrielle Kapitalist legt es aus in Produktionsmitteln und in Arbeitskraft.
Die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft kann an sich nie Grund sein für steigenden Zinsfuss, soweit er durch die Profitrate bestimmt wird. Höherer Arbeitslohn ist nie Grund eines höhern Profits, obgleich er, besondre Phasen des industriellen Cyklus be- trachtet, eine seiner Folgen sein kann.
Es kann die Nachfrage nach Arbeitskraft zunehmen, weil die Exploitation der Arbeit unter besonders günstigen Umständen vor sich geht, aber die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft und daher nach variablem Kapital vermehrt an und für sich nicht den Profit, sondern schmälert ihn pro tanto. Dennoch kann aber damit die Nachfrage nach variablem Kapital zunehmen, also auch die Nach- frage nach Geldkapital, und dies den Zinsfuss erhöhen. Der Markt- preis der Arbeitskraft steigt dann über seinen Durchschnitt, es wird eine mehr als die durchschnittliche Zahl von Arbeitern be- schäftigt, und gleichzeitig steigt der Zinsfuss, weil mit jenen Um- ständen die Nachfrage nach Geldkapital die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft vertheuert. Diese Waare wie jede andre steigert ihren Preis, aber nicht den Profit, der hauptsächlich auf der rela- tiven Wohlfeilheit gerade dieser Waare beruht. Sie erhöht aber zugleich -- unter den vorausgesetzten Umständen -- die Zinsrate, weil sie die Nachfrage nach Geldkapital erhöht. Verwandelte sich der Geldkapitalist, statt das Geld auszuleihen, in einen Industriellen, so würde der Umstand, dass er die Arbeit theurer zu zahlen hat, an und für sich seinen Profit nicht erhöhen, sondern pro tanto ver- mindern. Die Konjunktur der Umstände mag so sein, dass trotzdem sein Profit steigt, aber nie weil er die Arbeit theurer zahlt. Der letztre Umstand, soweit er die Nachfrage nach Geldkapital ver-
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Zweitens: Der Ausdruck, dass die Nachfrage nach Geldkapital und daher die Zinsrate wächst, weil die Profitrate hoch, ist nicht identisch damit, dass die Nachfrage nach industriellem Kapital wächst, und daher die Zinsrate hoch ist.
In Zeiten der Krise erreicht die Nachfrage nach Leihkapital und damit die Zinsrate ihr Maximum; die Profitrate und mit ihr die Nachfrage nach industriellem Kapital ist sogut wie verschwunden. In solchen Zeiten borgt jeder nur um zu zahlen, um bereits ein- gegangne Verpflichtungen abzuwickeln. Dagegen in Zeiten der Wiederbelebung nach der Krise wird Leihkapital verlangt um zu kaufen, und um das Geldkapital in produktives oder kommercielles Kapital zu verwandeln. Und dann wird es verlangt entweder vom industriellen Kapitalisten oder vom Kaufmann. Der industrielle Kapitalist legt es aus in Produktionsmitteln und in Arbeitskraft.
Die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft kann an sich nie Grund sein für steigenden Zinsfuss, soweit er durch die Profitrate bestimmt wird. Höherer Arbeitslohn ist nie Grund eines höhern Profits, obgleich er, besondre Phasen des industriellen Cyklus be- trachtet, eine seiner Folgen sein kann.
Es kann die Nachfrage nach Arbeitskraft zunehmen, weil die Exploitation der Arbeit unter besonders günstigen Umständen vor sich geht, aber die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft und daher nach variablem Kapital vermehrt an und für sich nicht den Profit, sondern schmälert ihn pro tanto. Dennoch kann aber damit die Nachfrage nach variablem Kapital zunehmen, also auch die Nach- frage nach Geldkapital, und dies den Zinsfuss erhöhen. Der Markt- preis der Arbeitskraft steigt dann über seinen Durchschnitt, es wird eine mehr als die durchschnittliche Zahl von Arbeitern be- schäftigt, und gleichzeitig steigt der Zinsfuss, weil mit jenen Um- ständen die Nachfrage nach Geldkapital die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft vertheuert. Diese Waare wie jede andre steigert ihren Preis, aber nicht den Profit, der hauptsächlich auf der rela- tiven Wohlfeilheit gerade dieser Waare beruht. Sie erhöht aber zugleich — unter den vorausgesetzten Umständen — die Zinsrate, weil sie die Nachfrage nach Geldkapital erhöht. Verwandelte sich der Geldkapitalist, statt das Geld auszuleihen, in einen Industriellen, so würde der Umstand, dass er die Arbeit theurer zu zahlen hat, an und für sich seinen Profit nicht erhöhen, sondern pro tanto ver- mindern. Die Konjunktur der Umstände mag so sein, dass trotzdem sein Profit steigt, aber nie weil er die Arbeit theurer zahlt. Der letztre Umstand, soweit er die Nachfrage nach Geldkapital ver-
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Zweitens: Der Ausdruck, dass die Nachfrage nach Geldkapital
und daher die Zinsrate wächst, weil die Profitrate hoch, ist nicht
identisch damit, dass die Nachfrage nach industriellem Kapital
wächst, und daher die Zinsrate hoch ist.
In Zeiten der Krise erreicht die Nachfrage nach Leihkapital und
damit die Zinsrate ihr Maximum; die Profitrate und mit ihr die
Nachfrage nach industriellem Kapital ist sogut wie verschwunden.
In solchen Zeiten borgt jeder nur um zu zahlen, um bereits ein-
gegangne Verpflichtungen abzuwickeln. Dagegen in Zeiten der
Wiederbelebung nach der Krise wird Leihkapital verlangt um zu
kaufen, und um das Geldkapital in produktives oder kommercielles
Kapital zu verwandeln. Und dann wird es verlangt entweder vom
industriellen Kapitalisten oder vom Kaufmann. Der industrielle
Kapitalist legt es aus in Produktionsmitteln und in Arbeitskraft.
Die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft kann an sich nie
Grund sein für steigenden Zinsfuss, soweit er durch die Profitrate
bestimmt wird. Höherer Arbeitslohn ist nie Grund eines höhern
Profits, obgleich er, besondre Phasen des industriellen Cyklus be-
trachtet, eine seiner Folgen sein kann.
Es kann die Nachfrage nach Arbeitskraft zunehmen, weil die
Exploitation der Arbeit unter besonders günstigen Umständen vor
sich geht, aber die steigende Nachfrage nach Arbeitskraft und daher
nach variablem Kapital vermehrt an und für sich nicht den Profit,
sondern schmälert ihn pro tanto. Dennoch kann aber damit die
Nachfrage nach variablem Kapital zunehmen, also auch die Nach-
frage nach Geldkapital, und dies den Zinsfuss erhöhen. Der Markt-
preis der Arbeitskraft steigt dann über seinen Durchschnitt, es
wird eine mehr als die durchschnittliche Zahl von Arbeitern be-
schäftigt, und gleichzeitig steigt der Zinsfuss, weil mit jenen Um-
ständen die Nachfrage nach Geldkapital die steigende Nachfrage
nach Arbeitskraft vertheuert. Diese Waare wie jede andre steigert
ihren Preis, aber nicht den Profit, der hauptsächlich auf der rela-
tiven Wohlfeilheit gerade dieser Waare beruht. Sie erhöht aber
zugleich — unter den vorausgesetzten Umständen — die Zinsrate,
weil sie die Nachfrage nach Geldkapital erhöht. Verwandelte sich
der Geldkapitalist, statt das Geld auszuleihen, in einen Industriellen,
so würde der Umstand, dass er die Arbeit theurer zu zahlen hat,
an und für sich seinen Profit nicht erhöhen, sondern pro tanto ver-
mindern. Die Konjunktur der Umstände mag so sein, dass trotzdem
sein Profit steigt, aber nie weil er die Arbeit theurer zahlt. Der
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/60>, abgerufen am 24.11.2024.
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