Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

in ihrer Reinheit, obgleich sie trümmerweise sich in weiter ent-
wickelte Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse fort-
schleppen kann, setzt nach wie vor Naturalwirthschaft voraus, d. h.
dass die Wirthschaftsbedingungen ganz oder doch zum allergrössten
Theil auf der Wirthschaft selbst erzeugt, aus dem Bruttoprodukt
derselben unmittelbar ersetzt und reproducirt werden. Sie setzt
ferner voraus die Vereinigung ländlicher Hausindustrie mit dem
Ackerbau; das Mehrprodukt, welches die Rente bildet, ist das Pro-
dukt dieser vereinigten agrikol-industriellen Familienarbeit, ob nun,
wie dies häufig im Mittelalter der Fall, die Produktenrente mehr
oder minder industrielle Produkte einschliesst, oder nur in der Form
von eigentlichem Bodenprodukt geleistet wird. Bei dieser Form der
Rente braucht die Produktenrente, worin sich die Mehrarbeit dar-
stellt, keineswegs die ganze überschüssige Arbeit der ländlichen
Familie zu erschöpfen. Dem Producenten ist vielmehr, verglichen
mit der Arbeitsrente, ein grössrer Spielraum gegeben, um Zeit für
überschüssige Arbeit zu gewinnen, deren Produkt ihm selbst gehört,
so gut wie das Produkt seiner Arbeit, das seine unentbehrlichsten
Bedürfnisse befriedigt. Ebenso werden mit dieser Form grössere
Unterschiede in der ökonomischen Lage der einzelnen unmittelbaren
Producenten eintreten. Wenigstens ist die Möglichkeit dazu da,
und die Möglichkeit, dass dieser unmittelbare Producent die Mittel
erworben hat, selbst wieder fremde Arbeit unmittelbar auszubeuten.
Doch geht uns dies hier nichts an, wo wir es mit der reinen Form
der Produktenrente zu thun haben; wie wir überhaupt nicht eingehn
können auf die endlos verschiednen Kombinationen, worin sich die
verschiednen Formen der Rente verbinden, verfälschen und ver-
quicken können. Durch die, an bestimmte Art des Produkts und
der Produktion selbst gebundne Form der Produktenrente, durch
die ihr unentbehrliche Verbindung von Landwirthschaft und Haus-
industrie, durch die fast völlige Selbstgenügsamkeit, die die Bauern-
familie hierdurch erhält, durch ihre Unabhängigkeit vom Markt
und von der Produktions- und Geschichtsbewegung des ausserhalb
ihrer stehenden Theils der Gesellschaft, kurz dureh den Charakter
der Naturalwirthschaft überhaupt ist diese Form ganz geeignet,
die Basis stationärer Gesellschaftszustände abzugeben, wie wir dies
z. B. in Asien sehn. Hier, wie in der frühern Form der Arbeits-
rente, ist die Grundrente die normale Form des Mehrwerths, und
daher der Mehrarbeit, d. h. der ganzen überschüssigen Arbeit, die
der unmittelbare Producent umsonst, in der That also zwangsweise
-- obgleich dieser Zwang ihm nicht mehr in der alten brutalen

in ihrer Reinheit, obgleich sie trümmerweise sich in weiter ent-
wickelte Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse fort-
schleppen kann, setzt nach wie vor Naturalwirthschaft voraus, d. h.
dass die Wirthschaftsbedingungen ganz oder doch zum allergrössten
Theil auf der Wirthschaft selbst erzeugt, aus dem Bruttoprodukt
derselben unmittelbar ersetzt und reproducirt werden. Sie setzt
ferner voraus die Vereinigung ländlicher Hausindustrie mit dem
Ackerbau; das Mehrprodukt, welches die Rente bildet, ist das Pro-
dukt dieser vereinigten agrikol-industriellen Familienarbeit, ob nun,
wie dies häufig im Mittelalter der Fall, die Produktenrente mehr
oder minder industrielle Produkte einschliesst, oder nur in der Form
von eigentlichem Bodenprodukt geleistet wird. Bei dieser Form der
Rente braucht die Produktenrente, worin sich die Mehrarbeit dar-
stellt, keineswegs die ganze überschüssige Arbeit der ländlichen
Familie zu erschöpfen. Dem Producenten ist vielmehr, verglichen
mit der Arbeitsrente, ein grössrer Spielraum gegeben, um Zeit für
überschüssige Arbeit zu gewinnen, deren Produkt ihm selbst gehört,
so gut wie das Produkt seiner Arbeit, das seine unentbehrlichsten
Bedürfnisse befriedigt. Ebenso werden mit dieser Form grössere
Unterschiede in der ökonomischen Lage der einzelnen unmittelbaren
Producenten eintreten. Wenigstens ist die Möglichkeit dazu da,
und die Möglichkeit, dass dieser unmittelbare Producent die Mittel
erworben hat, selbst wieder fremde Arbeit unmittelbar auszubeuten.
Doch geht uns dies hier nichts an, wo wir es mit der reinen Form
der Produktenrente zu thun haben; wie wir überhaupt nicht eingehn
können auf die endlos verschiednen Kombinationen, worin sich die
verschiednen Formen der Rente verbinden, verfälschen und ver-
quicken können. Durch die, an bestimmte Art des Produkts und
der Produktion selbst gebundne Form der Produktenrente, durch
die ihr unentbehrliche Verbindung von Landwirthschaft und Haus-
industrie, durch die fast völlige Selbstgenügsamkeit, die die Bauern-
familie hierdurch erhält, durch ihre Unabhängigkeit vom Markt
und von der Produktions- und Geschichtsbewegung des ausserhalb
ihrer stehenden Theils der Gesellschaft, kurz dureh den Charakter
der Naturalwirthschaft überhaupt ist diese Form ganz geeignet,
die Basis stationärer Gesellschaftszustände abzugeben, wie wir dies
z. B. in Asien sehn. Hier, wie in der frühern Form der Arbeits-
rente, ist die Grundrente die normale Form des Mehrwerths, und
daher der Mehrarbeit, d. h. der ganzen überschüssigen Arbeit, die
der unmittelbare Producent umsonst, in der That also zwangsweise
— obgleich dieser Zwang ihm nicht mehr in der alten brutalen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0338" n="329"/>
in ihrer Reinheit, obgleich sie trümmerweise sich in weiter ent-<lb/>
wickelte Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse fort-<lb/>
schleppen kann, setzt nach wie vor Naturalwirthschaft voraus, d. h.<lb/>
dass die Wirthschaftsbedingungen ganz oder doch zum allergrössten<lb/>
Theil auf der Wirthschaft selbst erzeugt, aus dem Bruttoprodukt<lb/>
derselben unmittelbar ersetzt und reproducirt werden. Sie setzt<lb/>
ferner voraus die Vereinigung ländlicher Hausindustrie mit dem<lb/>
Ackerbau; das Mehrprodukt, welches die Rente bildet, ist das Pro-<lb/>
dukt dieser vereinigten agrikol-industriellen Familienarbeit, ob nun,<lb/>
wie dies häufig im Mittelalter der Fall, die Produktenrente mehr<lb/>
oder minder industrielle Produkte einschliesst, oder nur in der Form<lb/>
von eigentlichem Bodenprodukt geleistet wird. Bei dieser Form der<lb/>
Rente braucht die Produktenrente, worin sich die Mehrarbeit dar-<lb/>
stellt, keineswegs die ganze überschüssige Arbeit der ländlichen<lb/>
Familie zu erschöpfen. Dem Producenten ist vielmehr, verglichen<lb/>
mit der Arbeitsrente, ein grössrer Spielraum gegeben, um Zeit für<lb/>
überschüssige Arbeit zu gewinnen, deren Produkt ihm selbst gehört,<lb/>
so gut wie das Produkt seiner Arbeit, das seine unentbehrlichsten<lb/>
Bedürfnisse befriedigt. Ebenso werden mit dieser Form grössere<lb/>
Unterschiede in der ökonomischen Lage der einzelnen unmittelbaren<lb/>
Producenten eintreten. Wenigstens ist die Möglichkeit dazu da,<lb/>
und die Möglichkeit, dass dieser unmittelbare Producent die Mittel<lb/>
erworben hat, selbst wieder fremde Arbeit unmittelbar auszubeuten.<lb/>
Doch geht uns dies hier nichts an, wo wir es mit der reinen Form<lb/>
der Produktenrente zu thun haben; wie wir überhaupt nicht eingehn<lb/>
können auf die endlos verschiednen Kombinationen, worin sich die<lb/>
verschiednen Formen der Rente verbinden, verfälschen und ver-<lb/>
quicken können. Durch die, an bestimmte Art des Produkts und<lb/>
der Produktion selbst gebundne Form der Produktenrente, durch<lb/>
die ihr unentbehrliche Verbindung von Landwirthschaft und Haus-<lb/>
industrie, durch die fast völlige Selbstgenügsamkeit, die die Bauern-<lb/>
familie hierdurch erhält, durch ihre Unabhängigkeit vom Markt<lb/>
und von der Produktions- und Geschichtsbewegung des ausserhalb<lb/>
ihrer stehenden Theils der Gesellschaft, kurz dureh den Charakter<lb/>
der Naturalwirthschaft überhaupt ist diese Form ganz geeignet,<lb/>
die Basis stationärer Gesellschaftszustände abzugeben, wie wir dies<lb/>
z. B. in Asien sehn. Hier, wie in der frühern Form der Arbeits-<lb/>
rente, ist die Grundrente die normale Form des Mehrwerths, und<lb/>
daher der Mehrarbeit, d. h. der ganzen überschüssigen Arbeit, die<lb/>
der unmittelbare Producent umsonst, in der That also zwangsweise<lb/>
&#x2014; obgleich dieser Zwang ihm nicht mehr in der alten brutalen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0338] in ihrer Reinheit, obgleich sie trümmerweise sich in weiter ent- wickelte Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse fort- schleppen kann, setzt nach wie vor Naturalwirthschaft voraus, d. h. dass die Wirthschaftsbedingungen ganz oder doch zum allergrössten Theil auf der Wirthschaft selbst erzeugt, aus dem Bruttoprodukt derselben unmittelbar ersetzt und reproducirt werden. Sie setzt ferner voraus die Vereinigung ländlicher Hausindustrie mit dem Ackerbau; das Mehrprodukt, welches die Rente bildet, ist das Pro- dukt dieser vereinigten agrikol-industriellen Familienarbeit, ob nun, wie dies häufig im Mittelalter der Fall, die Produktenrente mehr oder minder industrielle Produkte einschliesst, oder nur in der Form von eigentlichem Bodenprodukt geleistet wird. Bei dieser Form der Rente braucht die Produktenrente, worin sich die Mehrarbeit dar- stellt, keineswegs die ganze überschüssige Arbeit der ländlichen Familie zu erschöpfen. Dem Producenten ist vielmehr, verglichen mit der Arbeitsrente, ein grössrer Spielraum gegeben, um Zeit für überschüssige Arbeit zu gewinnen, deren Produkt ihm selbst gehört, so gut wie das Produkt seiner Arbeit, das seine unentbehrlichsten Bedürfnisse befriedigt. Ebenso werden mit dieser Form grössere Unterschiede in der ökonomischen Lage der einzelnen unmittelbaren Producenten eintreten. Wenigstens ist die Möglichkeit dazu da, und die Möglichkeit, dass dieser unmittelbare Producent die Mittel erworben hat, selbst wieder fremde Arbeit unmittelbar auszubeuten. Doch geht uns dies hier nichts an, wo wir es mit der reinen Form der Produktenrente zu thun haben; wie wir überhaupt nicht eingehn können auf die endlos verschiednen Kombinationen, worin sich die verschiednen Formen der Rente verbinden, verfälschen und ver- quicken können. Durch die, an bestimmte Art des Produkts und der Produktion selbst gebundne Form der Produktenrente, durch die ihr unentbehrliche Verbindung von Landwirthschaft und Haus- industrie, durch die fast völlige Selbstgenügsamkeit, die die Bauern- familie hierdurch erhält, durch ihre Unabhängigkeit vom Markt und von der Produktions- und Geschichtsbewegung des ausserhalb ihrer stehenden Theils der Gesellschaft, kurz dureh den Charakter der Naturalwirthschaft überhaupt ist diese Form ganz geeignet, die Basis stationärer Gesellschaftszustände abzugeben, wie wir dies z. B. in Asien sehn. Hier, wie in der frühern Form der Arbeits- rente, ist die Grundrente die normale Form des Mehrwerths, und daher der Mehrarbeit, d. h. der ganzen überschüssigen Arbeit, die der unmittelbare Producent umsonst, in der That also zwangsweise — obgleich dieser Zwang ihm nicht mehr in der alten brutalen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/338
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/338>, abgerufen am 23.11.2024.