Arbeitsbedingungen; er betreibt seinen Ackerbau wie die damit ver- knüpfte ländlich-häusliche Industrie selbständig. Diese Selbständig- keit ist nicht dadurch aufgehoben dass, etwa wie in Indien, diese Kleinbauern unter sich ein mehr oder minder naturwüchsiges Produk- tionsgemeinwesen bilden, da es sich hier nur von der Selbständigkeit gegenüber dem nominellen Grundherrn handelt. Unter diesen Be- dingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grund- eigenthümer nur durch ausserökonomischen Zwang abgepresst werden, welche Form dieser auch immer annehme.44) Es unterscheidet sie dies von der Sklaven- oder Plantagenwirthschaft, dass der Sklave hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selb- ständig. Es sind also persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nöthig, persönliche Unfreiheit, in welchem Grad immer, und Gefesseltsein an den Boden als Zubehör desselben, Hörigkeit im eigentlichen Sinn. Sind es nicht Privatgrundeigenthümer, sondern ist es wie in Asien der Staat, der ihnen direkt als Grundeigenthümer und gleichzeitig Souverain gegenübertritt, so fallen Rente und Steuer zusammen, oder es existirt vielmehr dann keine von dieser Form der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht das Abhängigkeitsverhältniss politisch wie ökonomisch keine härtere Form zu besitzen als die ist, welche aller Unterthanenschaft gegen- über diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe kon- centrirte Grundeigenthum. Dafür existirt dann aber auch kein Privatgrundeigenthum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaft- licher Besitz und Nutzniessung des Bodens.
Die specifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Producenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältniss, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst, und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervor- wachsenden Gemeinwesens, und damit zugleich seine specifische politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältniss der Eigenthümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Producenten -- ein Verhältniss, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit, und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft ent- spricht -- worin wir das innerste Geheimniss, die verborgne Grund-
44) Nach Eroberung des Landes war immer das nächste für die Eroberer sich auch die Menschen anzueignen. Vergl. Linguet. Siehe auch Möser.
Arbeitsbedingungen; er betreibt seinen Ackerbau wie die damit ver- knüpfte ländlich-häusliche Industrie selbständig. Diese Selbständig- keit ist nicht dadurch aufgehoben dass, etwa wie in Indien, diese Kleinbauern unter sich ein mehr oder minder naturwüchsiges Produk- tionsgemeinwesen bilden, da es sich hier nur von der Selbständigkeit gegenüber dem nominellen Grundherrn handelt. Unter diesen Be- dingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grund- eigenthümer nur durch ausserökonomischen Zwang abgepresst werden, welche Form dieser auch immer annehme.44) Es unterscheidet sie dies von der Sklaven- oder Plantagenwirthschaft, dass der Sklave hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selb- ständig. Es sind also persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nöthig, persönliche Unfreiheit, in welchem Grad immer, und Gefesseltsein an den Boden als Zubehör desselben, Hörigkeit im eigentlichen Sinn. Sind es nicht Privatgrundeigenthümer, sondern ist es wie in Asien der Staat, der ihnen direkt als Grundeigenthümer und gleichzeitig Souverain gegenübertritt, so fallen Rente und Steuer zusammen, oder es existirt vielmehr dann keine von dieser Form der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht das Abhängigkeitsverhältniss politisch wie ökonomisch keine härtere Form zu besitzen als die ist, welche aller Unterthanenschaft gegen- über diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe kon- centrirte Grundeigenthum. Dafür existirt dann aber auch kein Privatgrundeigenthum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaft- licher Besitz und Nutzniessung des Bodens.
Die specifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Producenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältniss, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst, und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervor- wachsenden Gemeinwesens, und damit zugleich seine specifische politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältniss der Eigenthümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Producenten — ein Verhältniss, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit, und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft ent- spricht — worin wir das innerste Geheimniss, die verborgne Grund-
44) Nach Eroberung des Landes war immer das nächste für die Eroberer sich auch die Menschen anzueignen. Vergl. Linguet. Siehe auch Möser.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0333"n="324"/>
Arbeitsbedingungen; er betreibt seinen Ackerbau wie die damit ver-<lb/>
knüpfte ländlich-häusliche Industrie selbständig. Diese Selbständig-<lb/>
keit ist nicht dadurch aufgehoben dass, etwa wie in Indien, diese<lb/>
Kleinbauern unter sich ein mehr oder minder naturwüchsiges Produk-<lb/>
tionsgemeinwesen bilden, da es sich hier nur von der Selbständigkeit<lb/>
gegenüber dem nominellen Grundherrn handelt. Unter diesen Be-<lb/>
dingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grund-<lb/>
eigenthümer nur durch ausserökonomischen Zwang abgepresst werden,<lb/>
welche Form dieser auch immer annehme.<noteplace="foot"n="44)">Nach Eroberung des Landes war immer das nächste für die Eroberer<lb/>
sich auch die Menschen anzueignen. Vergl. Linguet. Siehe auch Möser.</note> Es unterscheidet sie<lb/>
dies von der Sklaven- oder Plantagenwirthschaft, dass der Sklave<lb/>
hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selb-<lb/>
ständig. Es sind also persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nöthig,<lb/>
persönliche Unfreiheit, in welchem Grad immer, und Gefesseltsein<lb/>
an den Boden als Zubehör desselben, Hörigkeit im eigentlichen<lb/>
Sinn. Sind es nicht Privatgrundeigenthümer, sondern ist es wie<lb/>
in Asien der Staat, der ihnen direkt als Grundeigenthümer und<lb/>
gleichzeitig Souverain gegenübertritt, so fallen Rente und Steuer<lb/>
zusammen, oder es existirt vielmehr dann keine von dieser Form<lb/>
der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht<lb/>
das Abhängigkeitsverhältniss politisch wie ökonomisch keine härtere<lb/>
Form zu besitzen als die ist, welche aller Unterthanenschaft gegen-<lb/>
über diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste<lb/>
Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe kon-<lb/>
centrirte Grundeigenthum. Dafür existirt dann aber auch kein<lb/>
Privatgrundeigenthum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaft-<lb/>
licher Besitz und Nutzniessung des Bodens.</p><lb/><p>Die specifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit<lb/>
aus den unmittelbaren Producenten ausgepumpt wird, bestimmt das<lb/>
Herrschafts- und Knechtschaftsverhältniss, wie es unmittelbar aus<lb/>
der Produktion selbst hervorwächst, und seinerseits bestimmend<lb/>
auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung<lb/>
des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervor-<lb/>
wachsenden Gemeinwesens, und damit zugleich seine specifische<lb/>
politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältniss<lb/>
der Eigenthümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren<lb/>
Producenten — ein Verhältniss, dessen jedesmalige Form stets<lb/>
naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise<lb/>
der Arbeit, und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft ent-<lb/>
spricht — worin wir das innerste Geheimniss, die verborgne Grund-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[324/0333]
Arbeitsbedingungen; er betreibt seinen Ackerbau wie die damit ver-
knüpfte ländlich-häusliche Industrie selbständig. Diese Selbständig-
keit ist nicht dadurch aufgehoben dass, etwa wie in Indien, diese
Kleinbauern unter sich ein mehr oder minder naturwüchsiges Produk-
tionsgemeinwesen bilden, da es sich hier nur von der Selbständigkeit
gegenüber dem nominellen Grundherrn handelt. Unter diesen Be-
dingungen kann ihnen die Mehrarbeit für den nominellen Grund-
eigenthümer nur durch ausserökonomischen Zwang abgepresst werden,
welche Form dieser auch immer annehme. 44) Es unterscheidet sie
dies von der Sklaven- oder Plantagenwirthschaft, dass der Sklave
hier mit fremden Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selb-
ständig. Es sind also persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nöthig,
persönliche Unfreiheit, in welchem Grad immer, und Gefesseltsein
an den Boden als Zubehör desselben, Hörigkeit im eigentlichen
Sinn. Sind es nicht Privatgrundeigenthümer, sondern ist es wie
in Asien der Staat, der ihnen direkt als Grundeigenthümer und
gleichzeitig Souverain gegenübertritt, so fallen Rente und Steuer
zusammen, oder es existirt vielmehr dann keine von dieser Form
der Grundrente verschiedne Steuer. Unter diesen Umständen braucht
das Abhängigkeitsverhältniss politisch wie ökonomisch keine härtere
Form zu besitzen als die ist, welche aller Unterthanenschaft gegen-
über diesem Staat gemeinsam ist. Der Staat ist hier der oberste
Grundherr. Die Souveränität ist hier das auf nationaler Stufe kon-
centrirte Grundeigenthum. Dafür existirt dann aber auch kein
Privatgrundeigenthum, obgleich sowohl Privat- wie gemeinschaft-
licher Besitz und Nutzniessung des Bodens.
Die specifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit
aus den unmittelbaren Producenten ausgepumpt wird, bestimmt das
Herrschafts- und Knechtschaftsverhältniss, wie es unmittelbar aus
der Produktion selbst hervorwächst, und seinerseits bestimmend
auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung
des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervor-
wachsenden Gemeinwesens, und damit zugleich seine specifische
politische Gestalt. Es ist jedesmal das unmittelbare Verhältniss
der Eigenthümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren
Producenten — ein Verhältniss, dessen jedesmalige Form stets
naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise
der Arbeit, und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft ent-
spricht — worin wir das innerste Geheimniss, die verborgne Grund-
44) Nach Eroberung des Landes war immer das nächste für die Eroberer
sich auch die Menschen anzueignen. Vergl. Linguet. Siehe auch Möser.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/333>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.