Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.Mittelalter sowohl wie noch heutzutage in der indischen Gemeinde, Eine unrichtige Auffassung der Natur der Rente basirt auf dem 42) A. Smith hebt hervor, wie zu seiner Zeit (und dies gilt auch für die unsrige mit Bezug auf die Plantagenwirthschaft in tropischen und subtro- pischen Ländern) Rente und Profit sich noch nicht geschieden haben, indem der Grundeigenthümer zugleich der Kapitalist ist, wie Cato es z. B. auf seinen Gütern war. Diese Scheidung ist aber gerade die Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, mit deren Begriff die Basis der Sklaverei zudem überhaupt im Widerspruch steht. 43) Herr Mommsen in seiner römischen Geschichte fasst das Wort Kapitalist
durchaus nicht im Sinn der modernen Oekonomie und der modernen Gesell- schaft, sondern in der Weise der populären Vorstellung, wie sie nicht in England oder Amerika, sondern auf dem Kontinent als alterthümliche Tradition vergangner Zustände noch fortwuchert. Mittelalter sowohl wie noch heutzutage in der indischen Gemeinde, Eine unrichtige Auffassung der Natur der Rente basirt auf dem 42) A. Smith hebt hervor, wie zu seiner Zeit (und dies gilt auch für die unsrige mit Bezug auf die Plantagenwirthschaft in tropischen und subtro- pischen Ländern) Rente und Profit sich noch nicht geschieden haben, indem der Grundeigenthümer zugleich der Kapitalist ist, wie Cato es z. B. auf seinen Gütern war. Diese Scheidung ist aber gerade die Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, mit deren Begriff die Basis der Sklaverei zudem überhaupt im Widerspruch steht. 43) Herr Mommsen in seiner römischen Geschichte fasst das Wort Kapitalist
durchaus nicht im Sinn der modernen Oekonomie und der modernen Gesell- schaft, sondern in der Weise der populären Vorstellung, wie sie nicht in England oder Amerika, sondern auf dem Kontinent als alterthümliche Tradition vergangner Zustände noch fortwuchert. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0329" n="320"/> Mittelalter sowohl wie noch heutzutage in der indischen Gemeinde,<lb/> wo deren traditionelle Organisation noch nicht zerstört ist. Die<lb/> kapitalistische Produktionsweise hebt diesen Zusammenhang völlig<lb/> auf; ein Process den man im grossen namentlich während des<lb/> letzten Drittels des 18. Jahrhunderts in England studiren kann.<lb/> Köpfe die in mehr oder minder halb feudalen Gesellschaften auf-<lb/> gewachsen waren, Herrenschwand z. B., betrachten noch Ende des<lb/> 18. Jahrhunderts diese Trennung von Ackerbau und Manufaktur<lb/> als tollkühnes gesellschaftliches Wagstück, als eine unbegreiflich<lb/> riskirte Existenzweise. Und selbst in den Ackerbauwirthschaften<lb/> des Alterthums, die die meiste Analogie mit der kapitalistischen<lb/> Landwirthschaft zeigen, in Karthago und Rom, ist die Aehnlich-<lb/> keit grösser mit der Plantagenwirthschaft als mit der der wirklich<lb/> kapitalistischen Exploitationsweise entsprechenden Form.<note place="foot" n="42)">A. Smith hebt hervor, wie zu seiner Zeit (und dies gilt auch für die<lb/> unsrige mit Bezug auf die Plantagenwirthschaft in tropischen und subtro-<lb/> pischen Ländern) Rente und Profit sich noch nicht geschieden haben, indem<lb/> der Grundeigenthümer zugleich der Kapitalist ist, wie Cato es z. B. auf<lb/> seinen Gütern war. Diese Scheidung ist aber gerade die Voraussetzung der<lb/> kapitalistischen Produktionsweise, mit deren Begriff die Basis der Sklaverei<lb/> zudem überhaupt im Widerspruch steht.</note> Eine<lb/> formelle Analogie, die aber auch in allen wesentlichen Punkten<lb/> durchaus als Täuschung erscheint für den, der die kapitalistische<lb/> Produktionsweise begriffen hat, und der nicht etwa wie Herr<lb/> Mommsen<note place="foot" n="43)">Herr Mommsen in seiner römischen Geschichte fasst das Wort Kapitalist<lb/> durchaus nicht im Sinn der modernen Oekonomie und der modernen Gesell-<lb/> schaft, sondern in der Weise der populären Vorstellung, wie sie nicht in<lb/> England oder Amerika, sondern auf dem Kontinent als alterthümliche Tradition<lb/> vergangner Zustände noch fortwuchert.</note> in jeder Geldwirthschaft auch schon kapitalistische<lb/> Produktionsweise entdeckt — eine formelle Analogie findet sich im<lb/> Alterthum im kontinentalen Italien überhaupt nicht, sondern nur<lb/> etwa in Sicilien, weil dies als agrikoles Tributland für Rom existirte,<lb/> der Ackerbau daher wesentlich auf den Export gerichtet war.<lb/> Hier finden sich Pächter im modernen Sinn.</p><lb/> <p>Eine unrichtige Auffassung der Natur der Rente basirt auf dem<lb/> Umstand, dass aus der Naturalwirthschaft des Mittelalters her, und<lb/> ganz den Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise wider-<lb/> sprechend, die Rente in Naturalform zum Theil in den Zehnten<lb/> der Kirche, zum Theil als Kuriosität, durch alte Kontrakte ver-<lb/> ewigt, sich in die moderne Zeit herübergeschleppt hat. Es gewinnt<lb/> dadurch den Anschein, dass die Rente nicht aus dem Preis des<lb/> Agrikulturprodukts, sondern aus seiner Masse entspringt, also nicht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0329]
Mittelalter sowohl wie noch heutzutage in der indischen Gemeinde,
wo deren traditionelle Organisation noch nicht zerstört ist. Die
kapitalistische Produktionsweise hebt diesen Zusammenhang völlig
auf; ein Process den man im grossen namentlich während des
letzten Drittels des 18. Jahrhunderts in England studiren kann.
Köpfe die in mehr oder minder halb feudalen Gesellschaften auf-
gewachsen waren, Herrenschwand z. B., betrachten noch Ende des
18. Jahrhunderts diese Trennung von Ackerbau und Manufaktur
als tollkühnes gesellschaftliches Wagstück, als eine unbegreiflich
riskirte Existenzweise. Und selbst in den Ackerbauwirthschaften
des Alterthums, die die meiste Analogie mit der kapitalistischen
Landwirthschaft zeigen, in Karthago und Rom, ist die Aehnlich-
keit grösser mit der Plantagenwirthschaft als mit der der wirklich
kapitalistischen Exploitationsweise entsprechenden Form. 42) Eine
formelle Analogie, die aber auch in allen wesentlichen Punkten
durchaus als Täuschung erscheint für den, der die kapitalistische
Produktionsweise begriffen hat, und der nicht etwa wie Herr
Mommsen 43) in jeder Geldwirthschaft auch schon kapitalistische
Produktionsweise entdeckt — eine formelle Analogie findet sich im
Alterthum im kontinentalen Italien überhaupt nicht, sondern nur
etwa in Sicilien, weil dies als agrikoles Tributland für Rom existirte,
der Ackerbau daher wesentlich auf den Export gerichtet war.
Hier finden sich Pächter im modernen Sinn.
Eine unrichtige Auffassung der Natur der Rente basirt auf dem
Umstand, dass aus der Naturalwirthschaft des Mittelalters her, und
ganz den Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise wider-
sprechend, die Rente in Naturalform zum Theil in den Zehnten
der Kirche, zum Theil als Kuriosität, durch alte Kontrakte ver-
ewigt, sich in die moderne Zeit herübergeschleppt hat. Es gewinnt
dadurch den Anschein, dass die Rente nicht aus dem Preis des
Agrikulturprodukts, sondern aus seiner Masse entspringt, also nicht
42) A. Smith hebt hervor, wie zu seiner Zeit (und dies gilt auch für die
unsrige mit Bezug auf die Plantagenwirthschaft in tropischen und subtro-
pischen Ländern) Rente und Profit sich noch nicht geschieden haben, indem
der Grundeigenthümer zugleich der Kapitalist ist, wie Cato es z. B. auf
seinen Gütern war. Diese Scheidung ist aber gerade die Voraussetzung der
kapitalistischen Produktionsweise, mit deren Begriff die Basis der Sklaverei
zudem überhaupt im Widerspruch steht.
43) Herr Mommsen in seiner römischen Geschichte fasst das Wort Kapitalist
durchaus nicht im Sinn der modernen Oekonomie und der modernen Gesell-
schaft, sondern in der Weise der populären Vorstellung, wie sie nicht in
England oder Amerika, sondern auf dem Kontinent als alterthümliche Tradition
vergangner Zustände noch fortwuchert.
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