kapital massenhaft brach liegt. In solchen Momenten, wo der Produktionsprocess eingeschränkt ist (die Produktion in den eng- lischen Industriebezirken war nach der Krise von 1847 um ein- drittel verringert), wo die Preise der Waaren auf ihrem niedrigsten Punkt stehn, wo der Unternehmungsgeist gelähmt ist, herrscht niedriger Stand des Zinsfusses, der hier nichts anzeigt als Ver- mehrung des leihbaren Kapitals grade durch Kontraktion und Lähmung des industriellen Kapitals. Dass weniger Cirkulations- mittel erheischt sind mit gefallnen Waarenpreisen, verminderten Umsätzen, und der Kontraktion des in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals; dass andrerseits, nach Liquidation der Schulden ans Aus- land theils durch Goldabfluss und theils durch Bankrotte, kein zu- schüssiges Geld für die Funktion als Weltgeld erheischt ist; dass endlich der Umfang des Geschäfts des Wechseldiskontirens mit der Zahl und den Beträgen dieser Wechsel selbst abnimmt, -- alles dies ist augenscheinlich. Die Nachfrage nach leihbarem Geld- kapital, sei es für Cirkulationsmittel, sei es für Zahlungsmittel, (von neuer Kapitalanlage ist noch keine Rede) nimmt daher ab, und es wird damit relativ reichlich. Aber auch das Angebot des leihbaren Geldkapitals nimmt unter solchen Umständen positiv zu, wie sich später zeigen wird.
So herrschte nach der Krise von 1847 "eine Einschränkung der Umsätze und ein grosser Ueberfluss an Geld." (Comm. Distress, 1847--48, Evid. No. 1664. Der Zinsfuss war sehr niedrig wegen "fast vollständiger Vernichtung des Handels und fast gänzlicher Abwesenheit der Möglichkeit Geld anzulegen." (l. c., p. 45. Aus- sage von Hodgson, Direktor der Royal Bank of Liverpool.) Welchen Unsinn diese Herren (und Hodgson ist noch einer der besten) zu- sammenfabeln, um sich dies zu erklären, kann man aus folgender Phrase sehn: "Die Klemme (1847) entsprang aus einer wirklichen Verminderung des Geldkapitals im Lande, verursacht theils durch die Nothwendigkeit, die Einfuhren aus allen Weltgegenden in Gold zu bezahlen, und theils durch die Verwandlung von Cirkulations- kapital (floating capital) in fixes." Wie die Verwandlung von Cirkulationskapital in fixes das Geldkapital des Landes vermindern soll, ist nicht abzusehn, da z. B. bei Eisenbahnen, worin haupt- sächlich damals Kapital festgelegt worden, kein Gold oder Papier zu Viadukten und Schienen verbraucht wird, und das Geld für die Eisenbahnaktien, soweit es bloss für Einzahlungen deponirt, ganz wie alles andre bei den Banken deponirte Geld fungirte, und selbst, wie schon oben gezeigt, momentan das leihbare Geldkapital ver-
kapital massenhaft brach liegt. In solchen Momenten, wo der Produktionsprocess eingeschränkt ist (die Produktion in den eng- lischen Industriebezirken war nach der Krise von 1847 um ein- drittel verringert), wo die Preise der Waaren auf ihrem niedrigsten Punkt stehn, wo der Unternehmungsgeist gelähmt ist, herrscht niedriger Stand des Zinsfusses, der hier nichts anzeigt als Ver- mehrung des leihbaren Kapitals grade durch Kontraktion und Lähmung des industriellen Kapitals. Dass weniger Cirkulations- mittel erheischt sind mit gefallnen Waarenpreisen, verminderten Umsätzen, und der Kontraktion des in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals; dass andrerseits, nach Liquidation der Schulden ans Aus- land theils durch Goldabfluss und theils durch Bankrotte, kein zu- schüssiges Geld für die Funktion als Weltgeld erheischt ist; dass endlich der Umfang des Geschäfts des Wechseldiskontirens mit der Zahl und den Beträgen dieser Wechsel selbst abnimmt, — alles dies ist augenscheinlich. Die Nachfrage nach leihbarem Geld- kapital, sei es für Cirkulationsmittel, sei es für Zahlungsmittel, (von neuer Kapitalanlage ist noch keine Rede) nimmt daher ab, und es wird damit relativ reichlich. Aber auch das Angebot des leihbaren Geldkapitals nimmt unter solchen Umständen positiv zu, wie sich später zeigen wird.
So herrschte nach der Krise von 1847 „eine Einschränkung der Umsätze und ein grosser Ueberfluss an Geld.“ (Comm. Distress, 1847—48, Evid. No. 1664. Der Zinsfuss war sehr niedrig wegen „fast vollständiger Vernichtung des Handels und fast gänzlicher Abwesenheit der Möglichkeit Geld anzulegen.“ (l. c., p. 45. Aus- sage von Hodgson, Direktor der Royal Bank of Liverpool.) Welchen Unsinn diese Herren (und Hodgson ist noch einer der besten) zu- sammenfabeln, um sich dies zu erklären, kann man aus folgender Phrase sehn: „Die Klemme (1847) entsprang aus einer wirklichen Verminderung des Geldkapitals im Lande, verursacht theils durch die Nothwendigkeit, die Einfuhren aus allen Weltgegenden in Gold zu bezahlen, und theils durch die Verwandlung von Cirkulations- kapital (floating capital) in fixes.“ Wie die Verwandlung von Cirkulationskapital in fixes das Geldkapital des Landes vermindern soll, ist nicht abzusehn, da z. B. bei Eisenbahnen, worin haupt- sächlich damals Kapital festgelegt worden, kein Gold oder Papier zu Viadukten und Schienen verbraucht wird, und das Geld für die Eisenbahnaktien, soweit es bloss für Einzahlungen deponirt, ganz wie alles andre bei den Banken deponirte Geld fungirte, und selbst, wie schon oben gezeigt, momentan das leihbare Geldkapital ver-
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kapital massenhaft brach liegt. In solchen Momenten, wo der
Produktionsprocess eingeschränkt ist (die Produktion in den eng-
lischen Industriebezirken war nach der Krise von 1847 um ein-
drittel verringert), wo die Preise der Waaren auf ihrem niedrigsten
Punkt stehn, wo der Unternehmungsgeist gelähmt ist, herrscht
niedriger Stand des Zinsfusses, der hier nichts anzeigt als Ver-
mehrung des leihbaren Kapitals grade durch Kontraktion und
Lähmung des industriellen Kapitals. Dass weniger Cirkulations-
mittel erheischt sind mit gefallnen Waarenpreisen, verminderten
Umsätzen, und der Kontraktion des in Arbeitslohn ausgelegten
Kapitals; dass andrerseits, nach Liquidation der Schulden ans Aus-
land theils durch Goldabfluss und theils durch Bankrotte, kein zu-
schüssiges Geld für die Funktion als Weltgeld erheischt ist; dass
endlich der Umfang des Geschäfts des Wechseldiskontirens mit
der Zahl und den Beträgen dieser Wechsel selbst abnimmt, —
alles dies ist augenscheinlich. Die Nachfrage nach leihbarem Geld-
kapital, sei es für Cirkulationsmittel, sei es für Zahlungsmittel,
(von neuer Kapitalanlage ist noch keine Rede) nimmt daher ab,
und es wird damit relativ reichlich. Aber auch das Angebot des
leihbaren Geldkapitals nimmt unter solchen Umständen positiv zu,
wie sich später zeigen wird.
So herrschte nach der Krise von 1847 „eine Einschränkung der
Umsätze und ein grosser Ueberfluss an Geld.“ (Comm. Distress,
1847—48, Evid. No. 1664. Der Zinsfuss war sehr niedrig wegen
„fast vollständiger Vernichtung des Handels und fast gänzlicher
Abwesenheit der Möglichkeit Geld anzulegen.“ (l. c., p. 45. Aus-
sage von Hodgson, Direktor der Royal Bank of Liverpool.) Welchen
Unsinn diese Herren (und Hodgson ist noch einer der besten) zu-
sammenfabeln, um sich dies zu erklären, kann man aus folgender
Phrase sehn: „Die Klemme (1847) entsprang aus einer wirklichen
Verminderung des Geldkapitals im Lande, verursacht theils durch
die Nothwendigkeit, die Einfuhren aus allen Weltgegenden in Gold
zu bezahlen, und theils durch die Verwandlung von Cirkulations-
kapital (floating capital) in fixes.“ Wie die Verwandlung von
Cirkulationskapital in fixes das Geldkapital des Landes vermindern
soll, ist nicht abzusehn, da z. B. bei Eisenbahnen, worin haupt-
sächlich damals Kapital festgelegt worden, kein Gold oder Papier
zu Viadukten und Schienen verbraucht wird, und das Geld für die
Eisenbahnaktien, soweit es bloss für Einzahlungen deponirt, ganz
wie alles andre bei den Banken deponirte Geld fungirte, und selbst,
wie schon oben gezeigt, momentan das leihbare Geldkapital ver-
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/32>, abgerufen am 25.11.2024.
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