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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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bei allgemeinen Missernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es
der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.

Es kommt aber nun zu diesem kommerciellen Kredit der eigent-
liche Geldkredit hinzu. Das Vorschiessen der Industriellen und
Kaufleute unter einander verquickt sich mit dem Vorschiessen des
Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. Beim Dis-
kontiren der Wechsel ist der Vorschuss nur nominell. Ein Fabrikant
verkauft sein Produkt gegen Wechsel, und er diskontirt diesen
Wechsel bei einem billbroker. In der That schiesst dieser nur
den Kredit seines Bankiers vor, der ihm wieder das Geldkapital
seiner Depositoren vorschiesst, die gebildet werden von den Indu-
striellen und Kaufleuten selbst, aber auch von Arbeitern (ver-
mittelst Sparbanken), von Grundrentnern und den sonstigen unpro-
duktiven Klassen. So wird für jeden individuellen Fabrikanten
oder Kaufmann sowohl die Nothwendigkeit eines starken Reserve-
kapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen
Rückflüssen. Andrerseits aber komplicirt sich theils durch einfache
Wechselreiterei, theils durch Waarengeschäfte zum Zweck der
blossen Wechselfabrikation der ganze Process so sehr, dass der
Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch
ruhig fortexistiren kann, nachdem die Rückflüsse in der That schon
längst nur noch auf Kosten theils geprellter Geldverleiher, theils
geprellter Producenten gemacht worden sind. Daher scheint immer
das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem
Krach. Den besten Beweis liefern z. B. die Reports on Bank Acts
von 1857 und 58, wo alle Bankdirektoren, Kaufleute, kurz alle
vorgeladnen Sachverständigen, an ihrer Spitze Lord Overstone, sich
wechselseitig Glück wünschten über die Blüte und Gesundheit des
Geschäfts -- genau einen Monat bevor die Krise im August 1857
ausbrach. Und sonderbarer Weise macht Tooke in seiner History
of Prices diese Illusion noch einmal als Geschichtsschreiber jeder
Krise durch. Das Geschäft ist immer kerngesund und die Kam-
pagne im gedeihlichsten Fortgang, bis auf einmal der Zusammen-
bruch erfolgt.



Wir kommen jetzt zurück auf die Akkumulation des Geld-
kapitals.

Nicht jede Vermehrung des leihbaren Geldkapitals zeigt wirk-
liche Kapitalakkumulation oder Erweiterung des Reproduktions-
processes an. Dies tritt am klarsten hervor in der Phase des
industriellen Cyklus unmittelbar nach überstandner Krisis, wo Leih-

bei allgemeinen Missernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es
der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.

Es kommt aber nun zu diesem kommerciellen Kredit der eigent-
liche Geldkredit hinzu. Das Vorschiessen der Industriellen und
Kaufleute unter einander verquickt sich mit dem Vorschiessen des
Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. Beim Dis-
kontiren der Wechsel ist der Vorschuss nur nominell. Ein Fabrikant
verkauft sein Produkt gegen Wechsel, und er diskontirt diesen
Wechsel bei einem billbroker. In der That schiesst dieser nur
den Kredit seines Bankiers vor, der ihm wieder das Geldkapital
seiner Depositoren vorschiesst, die gebildet werden von den Indu-
striellen und Kaufleuten selbst, aber auch von Arbeitern (ver-
mittelst Sparbanken), von Grundrentnern und den sonstigen unpro-
duktiven Klassen. So wird für jeden individuellen Fabrikanten
oder Kaufmann sowohl die Nothwendigkeit eines starken Reserve-
kapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen
Rückflüssen. Andrerseits aber komplicirt sich theils durch einfache
Wechselreiterei, theils durch Waarengeschäfte zum Zweck der
blossen Wechselfabrikation der ganze Process so sehr, dass der
Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch
ruhig fortexistiren kann, nachdem die Rückflüsse in der That schon
längst nur noch auf Kosten theils geprellter Geldverleiher, theils
geprellter Producenten gemacht worden sind. Daher scheint immer
das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem
Krach. Den besten Beweis liefern z. B. die Reports on Bank Acts
von 1857 und 58, wo alle Bankdirektoren, Kaufleute, kurz alle
vorgeladnen Sachverständigen, an ihrer Spitze Lord Overstone, sich
wechselseitig Glück wünschten über die Blüte und Gesundheit des
Geschäfts — genau einen Monat bevor die Krise im August 1857
ausbrach. Und sonderbarer Weise macht Tooke in seiner History
of Prices diese Illusion noch einmal als Geschichtsschreiber jeder
Krise durch. Das Geschäft ist immer kerngesund und die Kam-
pagne im gedeihlichsten Fortgang, bis auf einmal der Zusammen-
bruch erfolgt.



Wir kommen jetzt zurück auf die Akkumulation des Geld-
kapitals.

Nicht jede Vermehrung des leihbaren Geldkapitals zeigt wirk-
liche Kapitalakkumulation oder Erweiterung des Reproduktions-
processes an. Dies tritt am klarsten hervor in der Phase des
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[22/0031] bei allgemeinen Missernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe. Es kommt aber nun zu diesem kommerciellen Kredit der eigent- liche Geldkredit hinzu. Das Vorschiessen der Industriellen und Kaufleute unter einander verquickt sich mit dem Vorschiessen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. Beim Dis- kontiren der Wechsel ist der Vorschuss nur nominell. Ein Fabrikant verkauft sein Produkt gegen Wechsel, und er diskontirt diesen Wechsel bei einem billbroker. In der That schiesst dieser nur den Kredit seines Bankiers vor, der ihm wieder das Geldkapital seiner Depositoren vorschiesst, die gebildet werden von den Indu- striellen und Kaufleuten selbst, aber auch von Arbeitern (ver- mittelst Sparbanken), von Grundrentnern und den sonstigen unpro- duktiven Klassen. So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Nothwendigkeit eines starken Reserve- kapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber komplicirt sich theils durch einfache Wechselreiterei, theils durch Waarengeschäfte zum Zweck der blossen Wechselfabrikation der ganze Process so sehr, dass der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistiren kann, nachdem die Rückflüsse in der That schon längst nur noch auf Kosten theils geprellter Geldverleiher, theils geprellter Producenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach. Den besten Beweis liefern z. B. die Reports on Bank Acts von 1857 und 58, wo alle Bankdirektoren, Kaufleute, kurz alle vorgeladnen Sachverständigen, an ihrer Spitze Lord Overstone, sich wechselseitig Glück wünschten über die Blüte und Gesundheit des Geschäfts — genau einen Monat bevor die Krise im August 1857 ausbrach. Und sonderbarer Weise macht Tooke in seiner History of Prices diese Illusion noch einmal als Geschichtsschreiber jeder Krise durch. Das Geschäft ist immer kerngesund und die Kam- pagne im gedeihlichsten Fortgang, bis auf einmal der Zusammen- bruch erfolgt. Wir kommen jetzt zurück auf die Akkumulation des Geld- kapitals. Nicht jede Vermehrung des leihbaren Geldkapitals zeigt wirk- liche Kapitalakkumulation oder Erweiterung des Reproduktions- processes an. Dies tritt am klarsten hervor in der Phase des industriellen Cyklus unmittelbar nach überstandner Krisis, wo Leih-

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/31>, abgerufen am 25.11.2024.