sentirt nur den Spinner, der Baumwollmakler den Baumwoll- pflanzer.
Es ist nun bei dem Kreislauf dieses rein kommerciellen Kredits zweierlei zu bemerken:
Erstens: Die Saldirung dieser wechselseitigen Schuldforderungen hängt ab vom Rückfluss des Kapitals; d. h. von W--G, das nur vertagt ist. Wenn der Spinner einen Wechsel vom Kattunfabri- kanten erhalten hat, so kann der Kattunfabrikant zahlen, wenn der Kattun, den er auf dem Markt hat, in der Zwischenzeit verkauft ist. Hat der Kornspekulant einen Wechsel auf seinen Faktor ge- geben, so kann der Faktor das Geld zahlen, wenn unterdess das Korn zum erwarteten Preise verkauft ist. Es hängen also diese Zahlungen ab von der Flüssigkeit der Reproduktion, d. h. des Produktions- und Konsumtionsprocesses. Da die Kredite aber wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich ab von der Zahlungsfähigkeit eines andern; denn beim Ausstellen seines Wechsels kann jener entweder auf den Rückfluss des Ka- pitals in seinem eignen Geschäft, oder auf Rückfluss im Geschäft eines dritten gerechnet haben, der ihm in der Zwischenzeit einen Wechsel zu zahlen hat. Abgesehn von der Aussicht auf Rück- flüsse, kann die Zahlung nur möglich werden durch Reservekapital, worüber der Wechselaussteller verfügt, um seinen Verpflichtungen im Fall verzögerter Rückflüsse nachzukommen.
Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Nothwendig- keit baarer Geldzahlungen. Einmal ist ein grosser Theil der Aus- lagen stets baar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber z. B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhalten, ehe dieser Wechsel fällig, selbst einen fälligen Wechsel an D zu zahlen, und dafür muss er baares Geld haben. Ein so vollständiger Kreislauf der Reproduktion, wie er oben vom Baumwollpflanzer bis Baumwollspinner und umgekehrt vorausgesetzt worden, kann nur eine Ausnahme bilden, und muss stets an vielen Stellen durch- brochen werden. Wir haben beim Reproduktionsprocess (Buch II, Abschn. III.) gesehn, dass die Producenten des konstanten Ka- pitals zum Theil konstantes Kapital mit einander austauschen. Dafür können sich die Wechsel mehr oder weniger ausgleichen. Ebenso in aufsteigender Linie der Produktion, wo der Baumwoll- makler auf den Spinner, der Spinner auf den Kattun-Fabrikanten, dieser auf den Exporteur, dieser auf den Importeur (vielleicht wieder von Baumwolle) zu ziehen hat. Aber es findet nicht zu- gleich Kreislauf der Transaktionen und daher Umbiegung der For-
Marx, Kapital III. 2. 2
sentirt nur den Spinner, der Baumwollmakler den Baumwoll- pflanzer.
Es ist nun bei dem Kreislauf dieses rein kommerciellen Kredits zweierlei zu bemerken:
Erstens: Die Saldirung dieser wechselseitigen Schuldforderungen hängt ab vom Rückfluss des Kapitals; d. h. von W—G, das nur vertagt ist. Wenn der Spinner einen Wechsel vom Kattunfabri- kanten erhalten hat, so kann der Kattunfabrikant zahlen, wenn der Kattun, den er auf dem Markt hat, in der Zwischenzeit verkauft ist. Hat der Kornspekulant einen Wechsel auf seinen Faktor ge- geben, so kann der Faktor das Geld zahlen, wenn unterdess das Korn zum erwarteten Preise verkauft ist. Es hängen also diese Zahlungen ab von der Flüssigkeit der Reproduktion, d. h. des Produktions- und Konsumtionsprocesses. Da die Kredite aber wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich ab von der Zahlungsfähigkeit eines andern; denn beim Ausstellen seines Wechsels kann jener entweder auf den Rückfluss des Ka- pitals in seinem eignen Geschäft, oder auf Rückfluss im Geschäft eines dritten gerechnet haben, der ihm in der Zwischenzeit einen Wechsel zu zahlen hat. Abgesehn von der Aussicht auf Rück- flüsse, kann die Zahlung nur möglich werden durch Reservekapital, worüber der Wechselaussteller verfügt, um seinen Verpflichtungen im Fall verzögerter Rückflüsse nachzukommen.
Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Nothwendig- keit baarer Geldzahlungen. Einmal ist ein grosser Theil der Aus- lagen stets baar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber z. B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhaltén, ehe dieser Wechsel fällig, selbst einen fälligen Wechsel an D zu zahlen, und dafür muss er baares Geld haben. Ein so vollständiger Kreislauf der Reproduktion, wie er oben vom Baumwollpflanzer bis Baumwollspinner und umgekehrt vorausgesetzt worden, kann nur eine Ausnahme bilden, und muss stets an vielen Stellen durch- brochen werden. Wir haben beim Reproduktionsprocess (Buch II, Abschn. III.) gesehn, dass die Producenten des konstanten Ka- pitals zum Theil konstantes Kapital mit einander austauschen. Dafür können sich die Wechsel mehr oder weniger ausgleichen. Ebenso in aufsteigender Linie der Produktion, wo der Baumwoll- makler auf den Spinner, der Spinner auf den Kattun-Fabrikanten, dieser auf den Exporteur, dieser auf den Importeur (vielleicht wieder von Baumwolle) zu ziehen hat. Aber es findet nicht zu- gleich Kreislauf der Transaktionen und daher Umbiegung der For-
Marx, Kapital III. 2. 2
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sentirt nur den Spinner, der Baumwollmakler den Baumwoll-
pflanzer.
Es ist nun bei dem Kreislauf dieses rein kommerciellen Kredits
zweierlei zu bemerken:
Erstens: Die Saldirung dieser wechselseitigen Schuldforderungen
hängt ab vom Rückfluss des Kapitals; d. h. von W—G, das nur
vertagt ist. Wenn der Spinner einen Wechsel vom Kattunfabri-
kanten erhalten hat, so kann der Kattunfabrikant zahlen, wenn der
Kattun, den er auf dem Markt hat, in der Zwischenzeit verkauft
ist. Hat der Kornspekulant einen Wechsel auf seinen Faktor ge-
geben, so kann der Faktor das Geld zahlen, wenn unterdess das
Korn zum erwarteten Preise verkauft ist. Es hängen also diese
Zahlungen ab von der Flüssigkeit der Reproduktion, d. h. des
Produktions- und Konsumtionsprocesses. Da die Kredite aber
wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich
ab von der Zahlungsfähigkeit eines andern; denn beim Ausstellen
seines Wechsels kann jener entweder auf den Rückfluss des Ka-
pitals in seinem eignen Geschäft, oder auf Rückfluss im Geschäft
eines dritten gerechnet haben, der ihm in der Zwischenzeit einen
Wechsel zu zahlen hat. Abgesehn von der Aussicht auf Rück-
flüsse, kann die Zahlung nur möglich werden durch Reservekapital,
worüber der Wechselaussteller verfügt, um seinen Verpflichtungen
im Fall verzögerter Rückflüsse nachzukommen.
Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Nothwendig-
keit baarer Geldzahlungen. Einmal ist ein grosser Theil der Aus-
lagen stets baar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber
z. B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhaltén,
ehe dieser Wechsel fällig, selbst einen fälligen Wechsel an D zu
zahlen, und dafür muss er baares Geld haben. Ein so vollständiger
Kreislauf der Reproduktion, wie er oben vom Baumwollpflanzer
bis Baumwollspinner und umgekehrt vorausgesetzt worden, kann
nur eine Ausnahme bilden, und muss stets an vielen Stellen durch-
brochen werden. Wir haben beim Reproduktionsprocess (Buch II,
Abschn. III.) gesehn, dass die Producenten des konstanten Ka-
pitals zum Theil konstantes Kapital mit einander austauschen.
Dafür können sich die Wechsel mehr oder weniger ausgleichen.
Ebenso in aufsteigender Linie der Produktion, wo der Baumwoll-
makler auf den Spinner, der Spinner auf den Kattun-Fabrikanten,
dieser auf den Exporteur, dieser auf den Importeur (vielleicht
wieder von Baumwolle) zu ziehen hat. Aber es findet nicht zu-
gleich Kreislauf der Transaktionen und daher Umbiegung der For-
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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