England und Schottland, mit Ausnahme einiger günstig situirten Grafschaften, allgemein der Fall. Die Arbeiten der parlamenta- rischen Untersuchungsausschüsse über die Höhe des Arbeitslohns, die vor der Einführung der Korngesetze in England eingesetzt wurden -- bis jetzt die werthvollsten und fast ganz unausgebeuteten Beiträge zur Geschichte des Arbeitslohns im 19. Jahrhundert, zu- gleich eine Schandsäule, die sich die englische Aristokratie und Bourgeoisie selbst aufgerichtet hat -- bewiesen zur Evidenz, über allen Zweifel, dass die hohen Rentsätze und die ihnen entspre- chende Steigerung des Bodenpreises während des Anti-Jakobiner- kriegs theilweis nur dem Abzug vom Arbeitslohn und seiner Her- abdrückung selbst unter das physische Minimum geschuldet waren; d. h. dem Wegzahlen eines Theils des normalen Arbeitslohns an den Grundeigenthümer. Verschiedne Umstände, unter andrem die Depreciation des Geldes, die Handhabung der Armengesetze in den Ackerbaubezirken u. s. w. hatten diese Operation ermöglicht, zur selben Zeit wo die Einkünfte der Pächter enorm stiegen und die Grundeigenthümer sich fabelhaft bereicherten. Ja, eins der Haupt- argumente für Einführung der Kornzölle, von Seiten so der Pächter wie der Grundeigenthümer, war der, dass es physisch unmöglich sei, den Arbeitslohn der Ackerbautaglöhner noch tiefer zu senken. Dieser Zustand hat sich im wesentlichen nicht verändert, und in England, wie in allen europäischen Ländern, geht nach wie vor ein Theil des normalen Arbeitslohns in die Grundrente ein. Als Graf Shaftesbury, damals Lord Ashley, einer der philantropischen Aristokraten, so ausserordentlich bewegt wurde durch die Lage der englischen Fabrikarbeiter, und sich in der Zehnstunden-Agitation zu ihren parlamentarischen Wortführer aufwarf, publicirten die Wortführer der Industriellen aus Rache eine Statistik über den Lohn der Ackerbautaglöhner auf den ihm gehörigen Dörfern (s. Buch I, Kap. XXIII, 5, e: das britische Ackerbauproletariat), welche klar zeigte, wie ein Theil der Grundrente dieses Philantropen bloss aus dem Raub besteht, den seine Pächter für ihn an dem Arbeitslohn der Ackerbauarbeiter vollziehn. Diese Veröffentlichung ist auch deswegen interessant, weil die darin enthaltnen Thatsachen dem schlimmsten, was die Ausschüsse 1814 und 15 enthüllten, sich kühn an die Seite stellen dürfen. So oft die Umstände eine momentane Steigerung des Arbeitslohns der Ackerbautaglöhner er- zwingen, erschallt dann auch das Geschrei der Pächter, dass eine Erhöhung des Arbeitslohns auf sein normales Niveau, wie es in andren Industriezweigen gilt, unmöglich sei und sie ruiniren müsse
England und Schottland, mit Ausnahme einiger günstig situirten Grafschaften, allgemein der Fall. Die Arbeiten der parlamenta- rischen Untersuchungsausschüsse über die Höhe des Arbeitslohns, die vor der Einführung der Korngesetze in England eingesetzt wurden — bis jetzt die werthvollsten und fast ganz unausgebeuteten Beiträge zur Geschichte des Arbeitslohns im 19. Jahrhundert, zu- gleich eine Schandsäule, die sich die englische Aristokratie und Bourgeoisie selbst aufgerichtet hat — bewiesen zur Evidenz, über allen Zweifel, dass die hohen Rentsätze und die ihnen entspre- chende Steigerung des Bodenpreises während des Anti-Jakobiner- kriegs theilweis nur dem Abzug vom Arbeitslohn und seiner Her- abdrückung selbst unter das physische Minimum geschuldet waren; d. h. dem Wegzahlen eines Theils des normalen Arbeitslohns an den Grundeigenthümer. Verschiedne Umstände, unter andrem die Depreciation des Geldes, die Handhabung der Armengesetze in den Ackerbaubezirken u. s. w. hatten diese Operation ermöglicht, zur selben Zeit wo die Einkünfte der Pächter enorm stiegen und die Grundeigenthümer sich fabelhaft bereicherten. Ja, eins der Haupt- argumente für Einführung der Kornzölle, von Seiten so der Pächter wie der Grundeigenthümer, war der, dass es physisch unmöglich sei, den Arbeitslohn der Ackerbautaglöhner noch tiefer zu senken. Dieser Zustand hat sich im wesentlichen nicht verändert, und in England, wie in allen europäischen Ländern, geht nach wie vor ein Theil des normalen Arbeitslohns in die Grundrente ein. Als Graf Shaftesbury, damals Lord Ashley, einer der philantropischen Aristokraten, so ausserordentlich bewegt wurde durch die Lage der englischen Fabrikarbeiter, und sich in der Zehnstunden-Agitation zu ihren parlamentarischen Wortführer aufwarf, publicirten die Wortführer der Industriellen aus Rache eine Statistik über den Lohn der Ackerbautaglöhner auf den ihm gehörigen Dörfern (s. Buch I, Kap. XXIII, 5, e: das britische Ackerbauproletariat), welche klar zeigte, wie ein Theil der Grundrente dieses Philantropen bloss aus dem Raub besteht, den seine Pächter für ihn an dem Arbeitslohn der Ackerbauarbeiter vollziehn. Diese Veröffentlichung ist auch deswegen interessant, weil die darin enthaltnen Thatsachen dem schlimmsten, was die Ausschüsse 1814 und 15 enthüllten, sich kühn an die Seite stellen dürfen. So oft die Umstände eine momentane Steigerung des Arbeitslohns der Ackerbautaglöhner er- zwingen, erschallt dann auch das Geschrei der Pächter, dass eine Erhöhung des Arbeitslohns auf sein normales Niveau, wie es in andren Industriezweigen gilt, unmöglich sei und sie ruiniren müsse
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England und Schottland, mit Ausnahme einiger günstig situirten
Grafschaften, allgemein der Fall. Die Arbeiten der parlamenta-
rischen Untersuchungsausschüsse über die Höhe des Arbeitslohns,
die vor der Einführung der Korngesetze in England eingesetzt
wurden — bis jetzt die werthvollsten und fast ganz unausgebeuteten
Beiträge zur Geschichte des Arbeitslohns im 19. Jahrhundert, zu-
gleich eine Schandsäule, die sich die englische Aristokratie und
Bourgeoisie selbst aufgerichtet hat — bewiesen zur Evidenz, über
allen Zweifel, dass die hohen Rentsätze und die ihnen entspre-
chende Steigerung des Bodenpreises während des Anti-Jakobiner-
kriegs theilweis nur dem Abzug vom Arbeitslohn und seiner Her-
abdrückung selbst unter das physische Minimum geschuldet waren;
d. h. dem Wegzahlen eines Theils des normalen Arbeitslohns an
den Grundeigenthümer. Verschiedne Umstände, unter andrem die
Depreciation des Geldes, die Handhabung der Armengesetze in den
Ackerbaubezirken u. s. w. hatten diese Operation ermöglicht, zur
selben Zeit wo die Einkünfte der Pächter enorm stiegen und die
Grundeigenthümer sich fabelhaft bereicherten. Ja, eins der Haupt-
argumente für Einführung der Kornzölle, von Seiten so der Pächter
wie der Grundeigenthümer, war der, dass es physisch unmöglich
sei, den Arbeitslohn der Ackerbautaglöhner noch tiefer zu senken.
Dieser Zustand hat sich im wesentlichen nicht verändert, und in
England, wie in allen europäischen Ländern, geht nach wie vor
ein Theil des normalen Arbeitslohns in die Grundrente ein. Als
Graf Shaftesbury, damals Lord Ashley, einer der philantropischen
Aristokraten, so ausserordentlich bewegt wurde durch die Lage der
englischen Fabrikarbeiter, und sich in der Zehnstunden-Agitation
zu ihren parlamentarischen Wortführer aufwarf, publicirten die
Wortführer der Industriellen aus Rache eine Statistik über den
Lohn der Ackerbautaglöhner auf den ihm gehörigen Dörfern (s. Buch I,
Kap. XXIII, 5, e: das britische Ackerbauproletariat), welche klar
zeigte, wie ein Theil der Grundrente dieses Philantropen bloss aus
dem Raub besteht, den seine Pächter für ihn an dem Arbeitslohn
der Ackerbauarbeiter vollziehn. Diese Veröffentlichung ist auch
deswegen interessant, weil die darin enthaltnen Thatsachen dem
schlimmsten, was die Ausschüsse 1814 und 15 enthüllten, sich
kühn an die Seite stellen dürfen. So oft die Umstände eine
momentane Steigerung des Arbeitslohns der Ackerbautaglöhner er-
zwingen, erschallt dann auch das Geschrei der Pächter, dass eine
Erhöhung des Arbeitslohns auf sein normales Niveau, wie es in
andren Industriezweigen gilt, unmöglich sei und sie ruiniren müsse
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/176>, abgerufen am 29.11.2024.
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